Lutherische Glaubenstradition und Aufgaben von kirchlichen Führungspersonen von heute
(LWI) – Im Rahmen seines Programms zur Entwicklung von Führungskompetenzen lädt der Lutherische Weltbund (LWB) jedes Jahr neu gewählte Kirchenleitende zu einer Klausurtagung (RoNEL) in Genf und Wittenberg, Deutschland, ein. Im November 2023 haben an dieser neuntägigen Veranstaltung 14 bischöfliche Personen und Kirchenpräsidentinnen und Kirchenpräsidenten teilgenommen.
Unter der Überschrift „Führungsverantwortung und das bischöfliche Amt in der LWB-Kirchengemeinschaft“ haben sie sich gegenseitig von ihrem Weg in die neue Führungsposition berichtet, sich über verschiedene Aspekte der Arbeit des LWB informiert und einander durch tägliche Andachten und Gottesdienste bei ihrer spirituellen Erneuerung begleitet.
Während ihres Aufenthalts im LWB-Zentrum Wittenberg hat Bischof Emeritus Frank Otfried July, Evangelische Landeskirche in Württemberg, Deutschland, ihnen von seinen Erkenntnissen und Erfahrungen aus 17 Dienstjahren als Bischof berichtet.
July erklärte, in ein bischöfliches Amt gewählt zu werden, „ist ein Vertrauensbeweis der Wahlgremien oder Synoden; es ist Maßstab für die Erwartungen an die jeweilige bischöfliche Person, es ist eine innere spirituelle und eine theologische Herausforderung für alle, die sich dieser Aufgabe stellen – wie Sie alle jetzt. Die Bitte um Wegweisung durch Gott ist hier ganz besonders wichtig.“
Pfarrerin Cheryl M. Peterson, Studiendekanin am Wartburg Theological Seminary in den USA, sprach über das bischöfliche Amt in der lutherischen Glaubenstradition und erklärte, der griechische Begriff episkopos bedeute „Beschützer“ oder „Aufseher“. Dem Reformator Martin Luther zufolge solle eine bischöfliche Person gewählt werden, um „Diener, Funktionär, Verwalter und Hüter des Evangeliums und der Sakramente“ zu sein.
Im Laufe der Reformation habe Luther verschiedene Schriften über den bischöflichen Dienst und das bischöfliche Amt verfasst. „Es ist hilfreich, die wichtige Unterscheidung im Hinterkopf zu behalten, die die lutherischen Reformatoren zwischen territorialer oder politischer Aufsicht und Kontrolle und spiritueller Aufsicht gemacht haben“, betonte Peterson. „Es gefiel ihnen nicht, dass Bischöfe politische Macht in der weltlichen Sphäre hatten, vielmehr wollten sie Bischöfe, die ihr spirituelles episcopé ernster nehmen würden.“
Sich der Herausforderung der kirchlichen Einheit stellen
July berichtete aus seinem Kontext einer Landeskirche der heutigen Zeit in Südwestdeutschland von fünf Arbeitsbereichen, denen er in seiner Amtszeit als Bischof besondere Aufmerksamkeit geschenkt habe: öffentliche Seelsorge, Außenvertretung der Kirche, Führungsverantwortung und Kirchenverwaltung, ökumenische Zusammenarbeit und das Einheitsamt.