Verfolgung von Menschen mit Albinismus verurteilt

28. Mär. 2017
Patrick Tambure ist mit seiner Familie aus der Demokratischen Republik Kongo geflohen, weil sie dort nicht mehr sicher leben konnten. Er und vier seiner acht Geschwister leiden an Albinismus. Foto: LWB/M. Renaux (2015)

Patrick Tambure ist mit seiner Familie aus der Demokratischen Republik Kongo geflohen, weil sie dort nicht mehr sicher leben konnten. Er und vier seiner acht Geschwister leiden an Albinismus. Foto: LWB/M. Renaux (2015)

LWB fordert UN-Menschenrechtsrat nachdrücklich zur Zusammenarbeit auf

ARUSHA, Tansania/Genf (LWI) – Die Mitglieder einer lutherischen Diözese in Tansania tolerieren keine Verfolgung oder Ausgrenzung von Menschen mit Albinismus – einer Stoffwechselerkrankung, die in allen Teilen Afrikas vorkommen kann.

Bischof Dr. Emanuel Makalla von der East of Lake Victoria Diocese der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania verurteilt aufs Schärfste die Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen mit Albinismus. Die Diözese hat einen neuen kirchlichen Dienst gegen die Verfolgung von Menschen mit Albinismus eingerichtet.

„Die Verfolgung von Menschen mit Albinismus verstößt gegen die Menschenrechte. Diese Haltung gründet in Ignoranz, Korruption und fehlendes Gottvertrauen", sagte Bischof Makalla in einem Gespräch mit der Lutherischen Welt-Information.

„Man kann diese Einstellung nicht einfach verbieten, sondern muss auf die Kraft des Evangeliums vertrauen, das zu den Herzen der Menschen vordringt und die Früchte der Liebe und der Fürsorge hervorbringt."

Albinismus ist ein Defekt, der durch einen Mangel an Melanin in der Haut, in den Haaren und in den Augen verursacht wird. Der Krankheit liegt ein vererbter Gendefekt zugrunde, der Menschen weltweit betrifft. Beide Eltern müssen das entsprechende Gen in sich tragen.  Nach Angaben der UN ist in einigen Gebieten 1 von 70 Menschen betroffen, allgemein ist aber mit 1:5.000 bis 1:20.000 Fällen von Albinismus zu rechnen.

In Tansania ist Albinismus recht weit verbreitet. Auch in den Nachbarländern im Osten und im Horn von Afrika kommt Albinismus häufig vor und werden die Menschen mit Albinismus verfolgt.  Aufgrund ihres andersartigen Aussehens sollen sie angeblich Unglück bringen, werden als Gespenster bezeichnet und verfemt. Sie sind der Gefahr von Ritualmorden ausgesetzt, da ihre Körperteile als wirkungsvolle (Zauber-)Medizin gelten und von so genannten „witch doctors“ (Hexendoktoren) begehrt werden. Es hat sich ein illegaler Markt für Körperteile entwickelt, die zu hohen Preisen gehandelt werden. Besonders Kinder laufen Gefahr, angegriffen und verstümmelt zu werden.

In einem Bericht weist die Diözese darauf hin, dass viele Menschen im Gebiet des Victoriasees in Ostafrika nach wie vor ihren traditionellen Glauben praktizieren und dem Animismus anhängen. „Einige Menschen gehen immer noch zu Zauberdoktoren und befolgen ihre Ratschläge. Das führt oft zu Gewalt gegen Frauen und Kinder. So werden zum Beispiel ältere Frauen mit roten Augen als Hexen angesehen und laufen Gefahr, getötet zu werden", heißt es im Bericht.

Bischof Makalla setzt sich für den Schutz älterer Frauen und von Menschen mit Albinismus ein, die von brutalen Menschen umgebracht werden, die an Hexerei glauben. „Die Kirche spricht für alle diejenigen, die ihre Stimme nicht erheben können, weil sie voller Angst in einem lebensgefährlichen Umfeld leben. Die Kirche setzt sich für ihr Recht auf ein Leben mit Albinismus ein, ihr Recht, gehört zu werden, und ihr Recht auf Ausbildung und Liebe.“

Die Kirche hat sich zur Zusammenarbeit mit der Regierung und den Leitungspersonen in den Gemeinschaften sowie anderen Menschenrechtsorganisationen verpflichtet, damit die Opfer des Albinismus zu ihrem Recht kommen. Dies beginnt bereits in den Familien der Betroffenen.

UN zur Zusammenarbeit mit Kirchenleitenden aufgerufen

Im März hat der Lutherische Weltbund (LWB) in Genf die Vereinten Nationen aufgefordert, gemeinsam mit Kirchenleitenden gegen die Verletzung der Menschenrechte von Personen mit Albinismus vorzugehen.

In einer Antwort auf einen Bericht der Vereinten Nationen über Menschen mit Albinismus, der dem Menschenrechtsrat vorgelegt wurde, hat der LWB-Referent für Advocacy-Arbeit im Büro für Internationale Angelegenheiten und Menschenrechte, Dr. Ojot Miru Ojulu, erklärt, dass der Menschenrechtsrat und das gesamte System der Vereinten Nationen mit religiösen Führungspersönlichkeiten zusammenarbeiten müsse, um Mythen zu entzaubern und gegen andere schädliche Praktiken vorzugehen, die die Menschenrechte von Personen mit Albinismus missachten.

„Der aktuelle Bericht über Hexerei und die Menschenrechte von Personen mit Albinismus kommt nicht nur zur rechten Zeit, sondern kann auch als wichtiges Instrument für unsere Arbeit angesehen werden, die eigentlichen Ursachen dieses Problems zu beheben", erklärte Ojulu auf der 34. Sitzung des Menschenrechtsrates. „Wir rufen den Menschenrechtsrat und das UN-System allgemein auf, mit religiösen Führungspersonen zusammenzuarbeiten, Mythen zu entzaubern und gegen andere schädliche Praktiken vorzugehen, die die Menschenrechte von Personen mit Albinismus missachten", sagte er.

Am 3. März hat die erste unabhängige UN-Expertin für Menschenrechte von Personen mit Albinismus, Ikponwosa Ero aus Nigeria, das Thema Albinismus auf die Agenda gesetzt. Sie wies darauf hin, dass tief verwurzelte Überzeugungen wie der Glaube an Hexerei und an die heilenden Kräfte bestimmter Körperteile es erforderten, dass „Initiativen in der öffentlichen Bildung auch dann noch weiter intensiviert werden müssen, wenn die offenkundigsten Folgen dieses Wahnsinns wie körperliche Angriffe langsam nachlassen."