Uganda: Arbeit am Parallelbericht zur Überprüfung des Landes durch den Menschenrechtsrat hat begonnen

20. Jan. 2016
Diese jungen Frauen in Rwamwanja wurden zu ihren Erfahrungen mit Menschenrechtsverletzungen befragt. Foto: LWB/S. Oftadeh

Diese jungen Frauen in Rwamwanja wurden zu ihren Erfahrungen mit Menschenrechtsverletzungen befragt. Foto: LWB/S. Oftadeh

Rwamwanja (Uganda)/Genf, 20. Januar 2016 (LWI) – Geschlechtsspezifische Gewalt und kaum Zugang zu Bildungsangeboten – das sind nach Ansicht von Flüchtlingen im Südwesten Ugandas die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme in ihrem Lebensumfeld. Dies ergab ein Workshop, bei dem sich einheimische Mitarbeitende und PartnerInnen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in der Region im Vorfeld der sogenannten allgemeinen regelmässigen Überprüfung des Landes durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen mit der Situation vor Ort auseinandersetzten.

Wie funktioniert die allgemeine regelmässige Überprüfung?

Diese Überprüfung ist ein besonderer Mechanismus des UN-Menschenrechtsrates zur Verbesserung der konkreten Menschenrechtssituation in allen 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, der im viereinhalbjährigen Turnus die Lage in jedem Mitgliedsstaat beleuchtet.

Im Rahmen der Überprüfung ist erwünscht, dass nichtstaatliche Organisationen sogenannte Parallelberichte vorlegen, in denen sie ihre unmittelbaren Erfahrungen und eigenen Untersuchungen zur Menschenrechtslage im jeweiligen Land darstellen. Die Mitglieder des Menschenrechtsrates können diese Ergebnisse in die Empfehlungen einfliessen lassen, die sie gegenüber dem überprüften Staat aussprechen. In Uganda gehört der LWB einem landesweiten zivilgesellschaftlichen Forum an, das derzeit einen solchen Parallelbericht zur Vorlage beim Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) erstellt. In diesem Rahmen ist der LWB federführend verantwortlich für eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema „Rechte von Flüchtlingen, MigrantInnen und Bevölkerungsgruppen in Postkonfliktsituationen“ auseinandersetzt.

In einem ersten Schritt wird die lokale Bevölkerung eingebunden. Für diese Aufgabe bildet der LWB einheimische Mitarbeitende in Flüchtlingssiedlungen aus. Im Rahmen eines Workshops für Mitarbeitende in der Flüchtlingssiedlung Rwamwanja (Südwestuganda) wurden die wichtigsten Menschenrechtsprobleme herausgearbeitet, mit denen die Flüchtlinge dort konfrontiert sind, und geprüft, wie ihre Anliegen der Völkergemeinschaft und der ugandischen Regierung im Rahmen der allgemeinen regelmässigen Überprüfung am wirksamsten zur Kenntnis gebracht werden können.

Unzureichende Strafverfolgung bei Sexualdelikten

In Rwamwanja leben über 50.000 Flüchtlinge aus der Demokratischen Republik Kongo. Verschiedene nach Geschlecht und persönlicher Situation zusammengestellte Gruppen von Flüchtlingen und Einheimischen wurden befragt.

Weibliche Flüchtlinge nannten geschlechtsspezifische Gewalt, die in erster Linie von einer starken Bindung an traditionelle Normen und Gewohnheiten herrührt, sowie den eingeschränkten Zugang zu Bildungsmöglichkeiten als die Hauptprobleme im Zusammenhang mit den Menschenrechten. Das LWB-Ugandaprogramm rüstet Gruppen von Ehrenamtlichen in den Gemeinwesen mit den nötigen Informationen und Kompetenzen aus, um das Bewusstsein für Kinderschutz, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt zu vertiefen.

„Gewalt gegen Frauen und Vergewaltigung sind in der Siedlung nach wie vor häufig und werden nur unzureichend strafrechtlich verfolgt“, erläutert dazu eine Teilnehmerin namens Laetitia. Beweise gehen häufig verloren oder die Opfer haben Angst, einen Übergriff anzuzeigen. Flüchtlinge haben kein Vertrauen in die Polizei und die offiziellen Strukturen in der Siedlung, befindet sie. „Besonders die Mädchen sind gefährdet. Sie werden vergewaltigt/geschändet und sprechen nicht darüber“, ergänzt ihre Nachbarin Roussi. „Wenn sie schwanger werden, versuchen sie, das Kind abzutreiben.“ Die traditionellen Strukturen sind oft ein zusätzlicher Risikofaktor für Frauen, die Gewalt erlitten haben, denn vielfach sucht ihre Familie die Schuld bei den Opfern.

Frauen und Männer nannten gleichermassen das Fehlen von berufsbildenden Angeboten in Rwamwanja und die weiten Schulwege der Kinder als Probleme. Wenn Kinder überhaupt die Möglichkeit haben, zur Schule zu gehen, dann findet der Unterricht mitunter in Klassen von bis zu 200 Kindern statt, was die Qualität der vermittelten Bildung erheblich beeinträchtigt.

Neben geschlechtsspezifischer Gewalt und Bildungsfragen wurde als weiteres gravierendes Problem der Zugang zu Grund und Boden genannt. Wie in vielen Flüchtlingssiedlungen entstehen Spannungen zwischen Flüchtlingen und Einheimischen wegen Streitigkeiten um Grund und Boden und den Zugang zu Ressourcen. Es kommt zu Einschüchterungsversuchen und der Schutz der Schwächeren ist nicht sichergestellt.

Das Advocacy-Referat des LWB in Kampala hat weitere Workshops dieser Art durchgeführt in der Siedlung Adjumani sowie in den Distrikten Pader und Kitgum in Norduganda, wo die gewalttätigen Konflikte der jüngeren Vergangenheit die Situation nach wie vor prägen.

Erstmals wurde Uganda im Oktober 2011 einer allgemeinen regelmässigen Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat unterzogen, die nächste Überprüfung soll im Oktober 2016 stattfinden.

Ein Beitrag von Saname Oftadeh und Moyette Marrett, LWB.