Ruanda: Schulen, Krankenhäuser und Tagungszentren aus eigener Kraft

11. Aug. 2014
Baumpflanzung in der Gemeinde Matimba der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ruandas. Foto: LWB/J. Brummer

Baumpflanzung in der Gemeinde Matimba der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ruandas. Foto: LWB/J. Brummer

AME-Projekt bieten Schulungen für einkommensschaffende Spar- und Kreditprogramme

(LWI) – Ein Projekt der Mitgliedskirche des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Ruanda, das mit Unterstützung der LWB-Abteilung für Mission und Entwicklung (AME) durchgeführt wird, hat Kirchenleitenden und Gemeindemitgliedern ermöglicht, Schulen, Gesundheitszentren und Kirchengebäude zu bauen. Durch besondere Sparprogramme hat die LKR dies komplett mit Hilfe eigener Ressourcen geschafft.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche Ruandas (LKR) wurde offiziell am 25. Dezember 1994 von ruandischen Flüchtlingen gegründet, die nach dem Völkermord aus Tansania in ihre Heimat zurückgekehrt waren. Durch den Genozid wurden etwa eine Million Menschen getötet und weitere  800 000 vertrieben. Die Kirche begann damals mit nur sechs Pfarrerinnen und Pfarrern und 2 000 Mitgliedern. Heute hat sich die Zahl der Mitglieder auf über 5 000 Menschen mehr als verdoppelt und die LKR ist in fast allen Landesteilen aktiv.

Örtliche Ressourcen mobilisieren

Das Projekt mit dem Titel „Kapazitätsaufbau für zukunftsfähige Gemeinden“ wurde 2009 ins Leben gerufen und vermittelt Kirchenleitenden, Pfarrerinnen und Pfarrern in allen 17 Gemeinden der Kirche Ruandas Kenntnisse und Fähigkeiten zur Entwicklung von Spar- und Kreditprogrammen, für die Projektplanung und für die Beschaffung von Finanzmitteln. Daraus sind von Frauen, jungen Menschen und anderen Gemeindemitgliedern geleitete gemeinsame Sparvereine für kleine einkommensschaffende Projekte, aber auch für grössere Bauvorhaben entstanden, für die die Regierung im Normalfall das Land zur Verfügung stellt und die Betriebskosten übernimmt.

„Unsere Gemeinden anzuleiten, wie sie örtliche Ressourcen mobilisieren und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können, ist von grösster Bedeutung und hat in unserer Kirche eine positive Veränderung bewirkt“, erzählt LKR-Präsident Bischof Evariste Mugabo. „Wenn ich auf unsere Anfänge zurückschaue und die Situation von damals mit der von heute vergleiche, begeistern mich die Energie und das Engagement, mit denen die Gemeindemitglieder Infrastruktureinrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser und Kapellen in Eigeninitiative gebaut haben. Für das Wachstum unserer Kirche ist das von grosser Bedeutung.“

In Nyagatare im Distrikt Umutura in Ruanda bauen ausserdem sechs Gemeinden zusammen mit den vor Ort vorhandenen Mitteln und Arbeitskräften ein Tagungszentrum. Hier sollen Konferenzen und andere Veranstaltungen stattfinden und der LKR zusätzliche Einnahmen bringen.

Die Würde wiedererlangt

Das Projekt richtet sich insbesondere an hilfsbedürftige und mittellose Frauen und Jugendliche und unterweist sie darin, ihre wirtschaftliche und soziale Lage durch sinnvolle Nutzung von Spar- und Kreditangeboten zu verbessern. Zwischen fünf und zehn Spar- und Kreditvereine wurden von Frauen und Jugendverantwortlichen in 17 Gemeinden gegründet. Nach drei Jahren und durch das Halten von  Kleinvieh wie Schweine, Hühner, Kaninchen und Ziegen hatten die Mitglieder der Spargemeinschaft 30 Prozent ihres Jahreseinkommens gespart.

„Ich möchte meiner Gemeindeleitung dafür danken, dass sie mir die Vorteile einer Mitgliedschaft in diesen Spar- und Kreditvereinen erklärt hat, denn auf diese Weise habe ich meine Würde als Frau wiedererlangt“, erzählte Sarafina Niyonsaba, Mitglied der Frauengruppe der Gemeinde Kibungo. „Ich gebe mein Geld nicht mehr für Bier aus, sondern lege es zurück. Ich habe einen Kredit beantragt, damit ich mir vier Ziegen kaufen konnte. Heute respektiert mich die Nachbarschaft.“

„Die Lutherische Kirche Ruandas ist ein gutes Beispiel für eine Kirche, die sich wirklich für Selbstversorgung einsetzt. Das Beispiel zeigt auch, dass es nicht so sehr auf die Infrastruktur oder die finanziellen Mittel ankommt, sondern vielmehr auf die Einstellung der Menschen und ihr Engagement, damit eine Kirche in ihrem örtlichen Umfeld wächst und an Bedeutung gewinnt“, erklärte Julia Brümmer, AME-Programmassistentin im Programm für die Umsetzung und Überwachung (Monitoring) von Projekten, nachdem sie sich im Juni bei einem Besuch der Kirche selbst von Erfolg des Projekts überzeugen konnte.

Eigeninitiative fördern

„In Ruanda haben das Engagement und die Entschlossenheit der Kirchenleitenden die Gemeindemitglieder motiviert und ihnen die Fähigkeiten vermittelt, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen“, ergänzte sie.

Das von der AME unterstützte Projekt hat innerhalb der Gemeinschaft auch das Bewusstsein für Umweltfragen geschärft und die ELKR zu einem Partner im Kampf gegen Bodenerosion und Bodenverunreinigungen gemacht. In sechs Gemeinden wurden Baumschulen gegründet, die entlang der Kirchengrundstücke und der Häuser der Gemeindemitglieder einen grünen Gürtel bilden und eine zusätzliche Einnahmequelle darstellen.

„Als wir vor zwei Jahren mit der Aufklärungsarbeit über die Vorteile der Erschliessung lokaler Ressourcen begonnen haben, habe ich nicht verstanden, wie das funktionieren soll“, erzählte ELKR-Distriktpfarrer Theoneste Ruhinda. „Aber heute freue ich mich über Gemeindemitglieder, die mit eigenen Mitteln und durch eigene Initiativen Schulen und Kirchen bauen können. Viele arme Frauen in den Gemeinden sparen noch das Wenige, das sie verdienen, und leihen sich gegenseitig Geld zum Wohle des Gemeinwesens. Gott ist gross.“