Nepal: Schutz vor dem Monsunregen

16. Jul. 2015
Caption: Provisorische Unterkünfte aus Plastikfolien und Planen sind für viele Menschen der einzige Schutz vor dem Regen. Foto: LWB/Lucia de Vries

Caption: Provisorische Unterkünfte aus Plastikfolien und Planen sind für viele Menschen der einzige Schutz vor dem Regen. Foto: LWB/Lucia de Vries

Katastrophe droht

Kathmandu (Nepal)/Genf, 16. Juli 2015 (LWI) – In Dunche, dem Hauptort des Distrikts Rasuwa, ist der Unterricht zu Ende und 190 obdachlose Kinder warten in einem provisorischen Klassenzimmer darauf, dass der Regen aufhört. Die Schule besteht aus einer Ansammlung von Zelten, Schaumstoffmatratzen sind das einzige Mobiliar. Der Boden hat sich mittlerweile in Matsch verwandelt, man sieht den Kindern und ihrer Kleidung das nasse Wetter an. Der Regen hört nicht auf, so rennen die SchülerInnen eine halbe Stunde später los in Richtung ihrer Notunterkünfte unterhalb des Marktes, wo sie nass bis auf die Haut ankommen.

Früher war der Beginn der Monsunzeit in Nepal ein Anlass zu feiern, weil nun die Reispflanzung auf den überfluteten Feldern und Terrassen anfangen konnte. Nach dem Erdbeben, das das Land am 25. April heimsuchte, bringt die Regenzeit aber hauptsächlich Angst und Beschwerlichkeiten, da noch immer geschätzte 2,5 Millionen Menschen in provisorischen Behausungen leben.

Tiere suchen Zuflucht in den Unterkünften

„Letzte Nacht wurde meine Unterkunft überschwemmt. Streunende Hunde und Frösche flüchteten sich unter das Bett. Meine Füsse sind geschwollen, ich kann nicht arbeiten“, berichtet Goma Paryar (40) aus Indreni. Goma lebt mit sechs Verwandten in einer Notbehausung – einer Art grossem Zelt, das nur einen Raum hat. Auch ihre Tochter und deren kleiner Sohn, der einen Monat vor dem Erdbeben geboren ist, sind darunter.

Seit Beginn des Monsuns fühlt sich Goma nicht mehr wohl noch sicher. Trotzdem geht es ihr noch besser als anderen in ihrer Umgebung. Die meisten BewohnerInnen von Indreni sind Dalits oder Angehörige der Handwerkskaste und leben unter Planen, die das ACT-Bündnis, ein Netzwerk humanitärer Hilfsorganisationen, dem der LWB angehört, bereitgestellt hat. Goma konnte einen Kredit über USD 218 aufnehmen und Zinkblech kaufen, für ein stabileres Dach auf ihrer Unterkunft, deren Wände aus schützenden Planen bestehen.

LWB-Nepal liefert Material für provisorische Unterkünfte nach Indreni, aber es fehlt am Nachschub. „Die nepalesische Industrie kann den Bedarf nicht decken. Wir bestellen Zinkblech aus Indien, aber da beträgt die Lieferzeit mindestens drei Wochen“, berichtet Dr. Prabin Manandhar, LWB-Ländervertreter in Nepal.

Die Blechplatten zu verteilen ist ebenfalls problematisch. „Strassen sind unpassierbar und es besteht ständig die Gefahr von Erdrutschen. LKW mit Hilfsgütern bleiben stecken, wodurch noch mehr Zeit verloren geht“, erklärt Manandhar. „Es ist ein Rennen gegen die Zeit, die Menschen mit Zinkblech und anderen Hilfsgütern zu versorgen, die sie brauchen, damit sie die Monsunzeit sicher und gesund überstehen.“

Drohende Katastrophe

Der Monsun 2015 wird von der nepalesischen Regierung wie auch von Hilfsorganisationen als drohende Katastrophe bezeichnet. Nach Angaben des Internationalen Zentrums für Integrierte Entwicklung in Bergregionen (ICIMOD) hat das Erdbeben über 3.000 Erdrutsche ausgelöst. Das Zentrum beobachtet auch grössere Erdbewegungen in der Folge der weiterhin auftretenden Nachbeben. Zahllose Ansiedlungen sind gefährdet.

„Die Regierung ist dabei, einen Umsiedlungsplan für die gefährdete Bevölkerung zu erstellen, aber für Hilfsorganisationen wie uns ist es keine leichte Aufgabe, weit verstreute Gruppen von Obdachlosen zu erreichen.“

In den überfüllten provisorischen Ansiedlungen ist das Risiko hoch, dass sich durch das Wasser übertragene Infektionskrankheiten wie Cholera epidemieartig ausbreiten. Neben der Aufstellung von Wassertanks sowie provisorischen Toiletten und Duschen verteilen Mitarbeitende des LWB gemeinsam mit dem Nepal-Forum des ACT-Bündnisses Hygienepakete mit Wasserreinigungstabletten, Seife und Damenbinden.

Stillende und schwangere Frauen sind im Monsun am schwersten gefährdet, bestätigt Prabin Manandhar. „Frauen und Kinder haben generell wenig Zugang zu nahrhaften Lebensmitteln und medizinischer Versorgung.“

Radhika ist mit ihrem Baby gerade wieder in Gomas provisorischer Behausung eingetroffen. Über den schlammigen Weg im Dorf hat sie die Krankenstation aufgesucht, wo die monatliche Säuglingsuntersuchung anstand. Der kleine Junge wirkt gesund und lacht die Menschen um ihn herum fröhlich an. Mit Unterstützung von LWB-Nepal haben Familien wie die von Goma deutlich bessere Chancen, sicher und gesund durch die Regenzeit zu kommen.

Unmittelbar nach dem Erdbeben leistete LWB-Nepal mit Unterstützung von Mitgliedern des ACT-Bündnisses Nothilfe für über 110.000 Familien. Die Organisation will Familien in fünf betroffenen Distrikten dabei helfen, ein neues Leben aufzubauen. Dazu dienen Massnahmen zur Ernährungssicherung, zum Bau von Unterkünften, zur Wiederherstellung von Wasserversorgung und sanitären Anlagen sowie die psychologische Betreuung. Für alle diese Bereiche gilt die Perspektive einer langfristigen Entwicklung.
 

Ein Beitrag von Lucia de Vries (Nepal), bearbeitet durch das LWB-Kommunikationsbüro.

 

 

 

Lucia de Vries