Kinderrechte: Schlüsselfaktor im Kampf gegen Armut

23. Mai 2016
Frauen und Kinder sind meist diejenigen, die am schwersten unter Armut zu leiden haben. Das Projekt der ELKM in Matsimbe vermittelt ihnen Kenntnisse, z. B. in Geflügelzucht, mit denen sie ein Einkommen erwirtschaften können. Foto: Allison Westerhoff

Frauen und Kinder sind meist diejenigen, die am schwersten unter Armut zu leiden haben. Das Projekt der ELKM in Matsimbe vermittelt ihnen Kenntnisse, z. B. in Geflügelzucht, mit denen sie ein Einkommen erwirtschaften können. Foto: Allison Westerhoff

Theologie hilft bei der Überwindung von Unrecht und Gewalt

Lilongwe (Malawi)/Genf, 23. Mai 2016 – Die Rechte der Kinder müssen bei der Bekämpfung von Armut und der Förderung wirtschaftlicher Teilhabe im Mittelpunkt stehen, hat Mabel Madinga, Generalsekretärin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Malawi (ELKM), im Rahmen eines regionalen Workshops gefordert, der die Zusammenhänge zwischen Theologie, Gender und Kinderrechten mit Armut und anderem Unrecht beleuchtete.

„Wenn ein Vater die Mutter seines Kindes verlässt und dafür nicht in die Verantwortung genommen wird, bedeutet das für das Kind eine gewaltige Benachteiligung. Hier liegt die Schnittstelle von Gender und Kinderrechten“, führte Madinga bei dem Workshop vom 16. bis 20. Mai aus, an dem 40 Diakoniefachleute und KommunikatorInnen aus afrikanischen Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) teilnahmen.

Die malawische Kirche fördert Kinderrechte durch ihre Arbeit mit bedürftigen Menschen in ländlichen Gebieten, die sie bei der Schaffung von Existenzgrundlagen und durch die Vermittlung neuer Fertigkeiten unterstützt. Madinga erläuterte anhand eines Beispiels aus der benachteiligten ländlichen Region Matsimbe, wie eine Initiative zur Armutsbekämpfung das Leben der von ihr erreichten Kinder verändert hat.

„Ich habe die Gesichter dieser Kinder gesehen und Gott allein weiss, was ohne die Hilfe dieses Projektes aus ihnen geworden wäre“, erinnerte sie sich.

Das Projekt zur Förderung wirtschaftlicher Teilhabe startete 2014 in Matsimbe mit einem neuen Brunnen, der über 1.000 Haushalte in 13 Dörfern mit Wasser versorgt. Mittlerweile haben sich die Ernährungssicherheit, die Gesundheitssituation und die hygienischen Bedingungen verbessert, ein höherer Anteil an Kindern und insbesondere Mädchen besucht heute die Primarschule. In neu eingerichteten Gruppen diskutieren die Menschen in den Ortschaften Themen, die sie gemeinsam betreffen. Ein Ergebnis der Diskussionen: die häusliche Gewalt ist zurückgegangen.

Madinga berichtete, die ELKM biete Ausbildungsmöglichkeiten für junge Schulabbrechende, die lieber ein Handwerk erlernen wollen, als die Schule abzuschliessen. Langfristig möchte die Kirche damit zu einer Verringerung der Arbeitslosigkeit und zur Schaffung nachhaltiger Alternativen wirtschaftlicher Teilhabe beitragen. Grosse Teile der ländlichen Bevölkerung Malawis leben von der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, deren Erträge gering sind bzw. stark schwanken.

„Die Vermittlung von Fertigkeiten ist der Weg, wie wir der Armut die Stirn bieten können“, so Madingas Einschätzung.

Gender und Männlichkeit

„Wir können heute nicht mehr über Gender und Theologie reden, ohne auch das Thema Männlichkeit anzusprechen“, betonte Dr. Lilian Siwila von der University of KwaZulu-Natal (Südafrika).

Männlichkeit sei ein „veränderliches soziales Konstrukt dessen, was einen Mann zu einem ‚echten Mann‘ macht“, und könne sich positiv oder negativ manifestieren.

„Ich habe die Gesichter dieser Kinder gesehen und Gott allein weiss, was ohne die Hilfe dieses Projektes aus ihnen geworden wäre.“ – Mabel Madinga, Generalsekretärin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Malawi

Siwila erläuterte, Männer wie Frauen könnten negative Wahrnehmungen von Männlichkeit verstärken aufgrund kultureller Vorstellungen davon, wie ein Mann zu sein oder sich zu verhalten habe. Die Angst vor Machtverlust führe bisweilen zu Gewalt, die sich gegen Frauen richte. Es gehöre zu den Aufgaben der Kirchen, Männer und Frauen zu einer Reformierung ihrer Wahrnehmung von Gendernormen zu ermutigen.

Kirchenleitende könnten auf vielerlei Weise eine positive Männlichkeit stärken. „Männer in Leitungspositionen könnten sich dafür einsetzen, dass Frauen Einfluss erhalten und in Leitungsfunktionen in Kirchenräten sowie in Leitungsämter gewählt werden“, stellte Pfr. Ernest Kadiva von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania fest.

Die LWB-Afrikareferentin Pfarrerin Dr. Elieshi Mungure betonte die Verantwortung der Kirche für eine Veränderung von Traditionen und Kulturen, die Frauen und Kinder unterjochen. „Damit Probleme im Blick auf Genderfragen und Kinderrechte in der afrikanischen Kirche und Gesellschaft bewältigt werden können, muss überprüft werden, wie die Gesellschaft die Schrift liest und für den Alltag der Menschen auslegt.“

Kommunikation

Mungure begrüsste die Teilnahme von Mitgliedern des afrikanischen lutherischen Informations- und Kommunikationsnetzwerks ALCINET und betonte, sie leisteten einen wichtigen Beitrag dazu, dass Kirchen Zugang erhielten zu Ressourcen, die zur Eindämmung von Unrecht etwa in Form von Armut und Gewalt gegen Frauen beitragen, und solche Ressourcen auch austauschen könnten.

„Die von ALCINET getragene website für die afrikanische Region der lutherischen Kirchengemeinschaft, die diese Woche online gegangen ist, wird den Mitgliedskirchen dabei helfen, sich darüber auszutauschen, wie sie das Evangelium in ihrem jeweiligen Kontext leben“, ergänzte Mungure.

 

Ein Beitrag von ALCINET-Mitglied Allison Westerhoff.