Kenia: Neue Lebensgrundlagen für Geflüchtete und ihre Aufnahmegemeinschaften

20. Jun. 2023

„Hoffnung fern der Heimat“ ist das Thema des Weltflüchtlingstages 2023. Mit dieser Geschichte erzählen wir, wie der LWB Geflüchtete und ihre Aufnahmegemeinschaften beim Aufbau neuer Existenzgrundlagen in Kenia unterstützt. 

Kenya livelihoods - weed pulling

Frauen aus der Turkana-Gemeinschaft in Nakoyo jäten Unkraut bei ihrer Arbeit auf der Nakoyo-Farm arbeiten. Foto: LWB/Albin Hillert

Weltflüchtlingstag 2023 feiert „Hoffnung fern der Heimat“ 

(LWI) – 110 Millionen Menschen sind aufgrund von Konflikten und Naturkatastrophen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Damit hat die Zahl der weltweit vertriebenen Menschen, bekanntgegeben vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Weltflüchtlingstag 2023, einen traurigen Rekord erreicht. Da aus vielen Konflikten langanhaltende Krisen werden, lautet das diesjährige Thema „Hoffnung fern der Heimat.  Eine Welt, in der Geflüchtete immer dabei sind.“ 

Die Livelihood-Projekte des LWB sind ein fester Bestandteil der Arbeit des Lutherischen Weltbundes (LWB) mit Geflüchteten und ihren Aufnahmegemeinschaften in zahlreichen Ländern.  

Der LWB ist der seit längstem aktive und größte operationelle Partner des UNHCR im Kakuma-Flüchtlingslager in Kenia. Kakuma ist heute das Zuhause für mehr als 200.000 Menschen aus unterschiedlichen Ländern. Der LWB sorgt für Bildung, Berufsbildung und Unterstützung bei der Existenzsicherung. 

Kenya livelihoods - measuring

Der 28-jährige Bona Bol nimmt zusammen mit seiner Kommilitonin Anyer Arok - beide aus dem Südsudan - Messungen vor. Foto: LWB/Albin Hillert

Motivierte Geflüchtete wollen Berufsabschlüsse für Existenzgründung 

Bona Bol, ein 28 Jahre alter Geflüchteter aus Südsudan, profitiert unmittelbar davon, wie der LWB die Fähigkeiten von Geflüchteten fördert, für sich selbst zu sorgen.  

Bol nimmt an einem LWB-Berufsbildungsprogramm mit dem Titel Bidii (‚hart arbeiten‘) teil und ist im vierten Ausbildungsmonat seiner Schneiderlehre. Nach Abschluss seiner Ausbildung werden er und die anderen Mitstreiter und Mitstreiterinnen versuchen, ein nationales Zertifikat zu bekommen, mit dem sie ihr eigenes Geschäft gründen können.  

„Hier im Flüchtlingslager gibt es zu wenig Lebensmittel und kaum Möglichkeiten, sich eine Existenz aufzubauen. Ich sehe die Ausbildung deshalb als eine Möglichkeit, mich selbständig zu machen und eine Familie zu ernähren“, sagt Bol.  

Für Bol geht es bei der Berufsausbildung aber um mehr als nur seine Zukunft: „Ich hoffe, hier in Kakuma ein soziales Unternehmen mit Geflüchteten aufbauen zu können. Die Menschen hier wissen nicht, wie sie sich selbständig machen können. Deshalb bin ich hier, um möglichst vielen Geflüchteten zu helfen“, sagt er.  

Aufnahmegemeinschaften erkennen Chancen trotz der Klimakrise und der Zuwanderung von Geflüchteten  

In Nakoyo, in der Nähe des Kakuma-Flüchtlingslagers, liegt eine kleine Farm mit ein paar Hektar Land und einigen Gewächshäusern zum Anbau unterschiedlicher Feldfrüchte.  

Die Farm ist ein Projekt des LWB und dient als Ausbildungsstätte für 83 Mitglieder des Turkana-Stammes, einer traditionell Weidewirtschaft betreibenden Gemeinschaft, die aus dem Gebiet stammt und ebenfalls Aufnahmegemeinschaft für die Menschen im Kakuma-Camp und die naheliegende Flüchtlingssiedlung Kalobeyei ist.  

„Dies ist eine von vier ähnlichen Farmen im Einzugsgebiet des Flüchtlingslagers. Wir helfen der Turkana-Gemeinschaft, kleine Landwirtschaftsbetriebe zu entwickeln, um ihre Einnahmequellen zu diversifizieren, denn der Klimawandel und lange Dürreperioden haben die Viehhaltung erschwert“, erklärt die LWB- Livelihood-Beauftragte Hilda Thuo. „Die Tiere können einfach nicht mehr wie in früheren Zeiten überleben.“ 

Während das Projekt in Nakoyo nur für eine begrenzte Anzahl von Personen gedacht ist, hat es doch das Potenzial, eine größere Bevölkerungsgruppe von mindestens 1.000 Turkana-Haushalten in dem Gebiet zu versorgen. „Heute bauen sie hier Spinat, Kuhbohnen, Erdnüsse, Wassermelonen, Sorghum, Kürbisse und andere Feldfrüchte an“, ergänzt Thuo und schaut über die Felder.  

Eine Frau, die eigenen Aussagen nach schon immer in dieser Gegend und auch vor der ersten Ankunft von Geflüchteten in Kakuma lebt, ist die Turkana-Dorfälteste Lokarach Lomongin.  

Kenya livelihoods - elder

Lokarach Lomongin ist die Gemeinde-Älteste in Nakoyo. Foto: LWB/Albin Hillert

Zwar hat die Ankunft von Hunderttausenden Geflüchteten zu neuen Realitäten hinsichtlich der Verfügbarkeit von Land und Raum geführt, aber nach Aussagen von Lomongin habe das auch eine Menge Vorteile. 

„Die Gründung der Camps hat unseren Gemeinschaften durch eine Verbesserung der Lebensbedingungen und der größeren Auswahl an Nahrungsmitteln und Saatgut geholfen, die jetzt verfügbar ist. Die Farm in Nakoyo hat dazu geführt, dass sich die Versorgung der Gemeinschaft mit Gemüse verbessert hat und die Gefahr von Mangelernährung weitgehend gebannt ist. 

Als sich die Mitglieder der Gemeinschaft gegen Ende des Tages am späten Nachmittag von den Feldern zurück in ihre Häuser begeben, ist es Zeit, zur Ruhe zu kommen und zu Abend zu essen, bevor die Nacht hereinbricht. „Heute Abend gibt es Kuhbohnen, die wir auf dem Feld geerntet haben“, sagt Lomongin.

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Am Ende eines Arbeitstages auf der Farm in Nakoyo, geht eine Gruppe der Turkana zurück zu ihren Häusern, um sich auszuruhen und etwas zu essen, bevor es dunkel wird. Foto: LWB/Albin Hillert

Jedes Jahr am 20. Juni feiert die Welt die Widerstandskraft und den Ideenreichtum von Geflüchteten und Vertriebenen und macht dabei auf die Situation der steigenden Zahl von Zwangsvertriebenen aufmerksam.   Das Thema dieses Jahres bezieht sich auf Lösungen für Geflüchtete und die Macht der Inklusion: „Hoffnung fern der Heimat. Eine Welt, in der Geflüchtete immer dabei sind.“  

Der LWB unterstützt über seine für humanitäre und Entwicklungshilfe zuständige internationale Abteilung für Weltdienst 3,4 Millionen hilfsbedürftige Menschen in 28 Ländern in Afrika, Asien, Europa, Nahost und Lateinamerika. Wir werden in den sozialen Medien weitere Geschichten der Hoffnung für diejenigen Menschen veröffentlichen, die fliehen mussten. 

LWB/Albin Hillert. Redaktion LWB/C. Kästner-Meyer