Fast 2 Millionen Glaubende fordern Klimaschutz

2. Dez. 2015
Christiana Figueres, Exekutivsekretärin für das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, und der südafrikanische Erzbischof Thabo Makgoba vollführen einen Freudentanz angesichts der von etwa 1,8 Millionen Menschen untergestützten interreligiösen Petitionen für Klimagerechtigkeit, die anlässlich des COP 21-Klimagipfels in Paris (Frankreich) überreicht wurden. Foto: LWB/R. Rodrick Beiler

Christiana Figueres, Exekutivsekretärin für das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, und der südafrikanische Erzbischof Thabo Makgoba vollführen einen Freudentanz angesichts der von etwa 1,8 Millionen Menschen untergestützten interreligiösen Petitionen für Klimagerechtigkeit, die anlässlich des COP 21-Klimagipfels in Paris (Frankreich) überreicht wurden. Foto: LWB/R. Rodrick Beiler

Paris (Frankreich)/Genf, 2. Dezember 2015 (LWI) – Am Samstag, 28. November, stiegen VertreterInnen christlicher Organisationen und anderer Weltreligionen in die gemeinsame Advocacy-Arbeit anlässlich der COP 21 in Paris ein. Vier von fast 1,8 Millionen Menschen unterzeichnete Klima-Petitionen der Organisationen „Act Now for Climate Justice“/„Jetzt handeln für Klimagerechtigkeit“ (eine Kampagne der ACT Alliance), Weltweite katholische Klimabewegung, Religions for Peace - Religionen für den Frieden und Our Voices waren in Paris Anlass zu Freudentränen und Freudentänzen.

Freudentränen weinte Christiana Figueres, die für das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) verantwortliche Exekutivsekretärin. Wenig später gab sie ihrer Freude über das Erreichte auch bei einem Tanz Hand in Hand mit Religionsverantwortlichen Ausdruck.

Buddhistische, christliche, hinduistische und muslimische ReligionsvertreterInnen hatten gemeinsam die Unterschriftenlisten an Figueres und den französischen Sondergesandten für den Schutz des Planeten, Nicolas Hulot, übergeben.

„Es war sehr emotional“, befand der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, Pfr. Dr. Martin Junge, der die sieben LWB-Delegierten zur 21. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP 21) des UNFCCC begleitet. „Für diese politischen Führungspersönlichkeiten, die Verantwortung übernehmen, war es ein ganz besonderer Augenblick, als sie den von 1,8 Millionen Unterschriften untermauerten Willen der Menschen an der Basis greifen konnten“, so Junge.

„Wir stehen seit 2013 mit Christiana Figueres im Gespräch und sie hat uns dazu ermutigt, an diesen Bemühungen mitzuwirken“, erläuterte er. „Es sind dann auch unterschiedliche religiöse Traditionen eingestiegen, denn wir haben so viele Gemeinsamkeiten und können einander so viel geben.“

„Trotz der Unterschiede können wir als Menschen dieser Herausforderung alle vereint begegnen“, betonte Figueres.

Verschiedene Beteiligte aus den religiösen Organisationen überreichten die Petitionen auf einer Bühne, bekräftigten Figueres‘ Position und tanzten schliesslich mit ihr.

Eine Menschheitsfamilie

„Dieses Ereignis gewinnt dadurch besondere Bedeutung, dass jetzt anerkannt wird, dass die Stimme der im religiösen Bereich verwurzelten Organisationen grosses Gewicht hat“, stellte Schwester Jayanti von der in Indien beheimateten spirituellen Bewegung Brahma Kumaris fest. „Deswegen kamen auch fast 2 Millionen Unterschriften zusammen. Ich glaube nicht, dass irgendeine einzelne Organisation das hätte schaffen können, dafür mussten allen Glaubenstraditionen zusammenarbeiten.“

„Im religiösen Bereich beheimatete Organisationen können die Herzen der Menschen berühren und sie daran erinnern, dass wir alle zu einer Menschheitsfamilie gehören“, führte Jayanti weiter aus. „Dass ein Teil der Welt behauptet, das Problem hätte mit ihm nichts zu tun, und gleichzeitig leidet die übrige Welt – so können wir nicht weitermachen. Dieses Unrecht muss geändert werden. Und wenn die Herzen der Menschen berührt und bewegt werden, dann kann Wandel geschehen.“

Unter den 400 ReligionsvertreterInnen, die der Übergabe der Petitionen beiwohnten, waren zahlreiche „KlimapilgerInnen“, die aus allen Kontinenten zu Fuss oder per Fahrrad angereist sind. „Sie und viele tausend andere haben 270.000 Kilometer zurückgelegt – das entspricht sieben Weltumrundungen“, stellte Figueres fest.

Am Morgen hatten sich hunderte interreligiöse PilgerInnen zu einem „spirituellen Moment“ in der Kathedrale Saint-Denis versammelt. „Der spirituelle Moment hat mich sehr berührt“, stellte Junge fest. „Mir wurde ganz deutlich bewusst, welch umfassendes Wissen wir als unterschiedliche Glaubenstraditionen eigentlich über die Bewahrung der Schöpfung haben.“

Die interreligiösen Veranstaltungen fanden nicht direkt in der französischen Hauptstadt statt, sondern im benachbarten Département Seine-Saint-Denis, wo vom 30. November bis 11. Dezember auch die COP 21 ausgerichtet wird und das eines der multikulturellsten und religiös vielfältigsten Gebiete der Region Paris ist.

Besondere Relevanz gewann der gewählte Ort zudem in der Folge der am 13. November verübten extremistischen Anschläge in Paris, da Saint-Denis Schauplatz von Polizeirazzien war, bei denen nach Terrorverdächtigen gefahndet wurde.

Jeder Mensch hat eigenes Gerechtigkeitsempfinden

Yeb Saño, ehemaliger Chefunterhändler der Philippinen bei den Klimakonferenzen, gehört zu einer PilgerInnengruppe, die von Rom aus 1.500 Kilometer nach Paris zurückgelegt hat.

„Wir appellieren an die hier in Paris versammelten Regierungen und weltweit politische Verantwortung Tragenden: Schauen Sie in Ihr Herz, hören Sie auf den Schrei nach Veränderung und Wandel und helfen Sie mit beim Aufbau einer Welt, in der die ganze Menschheit sicher, in Frieden und nachhaltig leben kann“, forderte Saño.

„Jeder Mensch, egal welcher spirituellen Tradition, hat je eigene Prinzipien und ein je eigenes Gerechtigkeitsempfinden“, stellte Saño fest. „Ich teile mit allen Pilgerinnen und Pilgern, mit denen ich die Ehre hatte, unterwegs zu sein, die Begeisterung und Ermutigung – dieses Jahr wird es anders. Wir werden Seite an Seite stehen, wir werden den nötigen Mut finden und wir werden diesen Weg gemeinsam gehen – nicht nur bis nach Paris, sondern über Paris hinaus. Gemeinsam werden wir etwas bewirken und die Welt verändern.“

Ein Beitrag von LWI-Korrespondent Ryan Rodrick Beiler in Paris.)

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LWF/OCS