ChristInnen können es sich nicht leisten, in Spaltung zu leben

3. Sep. 2015
Auf dem Podium der Werkstatt Wittenberg: Judith Königsdörfer (ÖRK), Erin Clark (anglikanische Kirche) und Frère Jasper (Taizé) diskutieren über Ökumene. Foto: DNK/LWB/F. Hübner

Auf dem Podium der Werkstatt Wittenberg: Judith Königsdörfer (ÖRK), Erin Clark (anglikanische Kirche) und Frère Jasper (Taizé) diskutieren über Ökumene. Foto: DNK/LWB/F. Hübner

Trotz Unterschieden das Wohl des Gegenübers anstreben

Lutherstadt Wittenberg (Deutschland)/Genf, 2. September 2015 (LWI) – Anlässlich der Tagung junger ReformerInnen aus aller Welt, die derzeit in der Lutherstadt Wittenberg (Deutschland) stattfindet, haben Podiumsteilnehmende verschiedener Konfessionen sich darüber ausgetauscht, wie andere christliche Traditionen das fortwährende Streben nach der Einheit der einen Kirche Jesu Christi gestalten.

„Lutherisch sein heisst ökumenisch sein“, so lautete das Thema des Podiums im Rahmen der von dem Globalen Netzwerk Junger ReformerInnen des LWB veranstalteten Werkstatt Wittenberg. Der LWB verfolgt im Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 einen vom ökumenischen Geist geprägten Ansatz.

Auf dem Podium sassen Erin Clark für die anglikanische Kirche von England, Frère Jasper von der Communauté de Taizé (Frankreich) und Judith Königsdörfer, die den Exekutivausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen vertrat. Die Podiumsteilnehmenden sprachen über das Reformationsjubiläum und darüber, wie ihre jeweilige Gemeinschaft Ökumene praktiziert. Sie alle bewerteten die Ökumene als positive Herausforderung.

Frère Jasper betonte, Christus fordere die ChristInnen auf, miteinander zu beten. „Uns allen ist das Gebet gemeinsam, das ist etwas, was wir fortwährend gemeinsam tun können.“ In Taizé lebten Brüder unterschiedlicher christlicher Traditionen und Kulturen miteinander, „nicht weil es sehr leicht ist, zusammenzuleben, sondern weil wir glauben, dass Gott uns hierher gerufen hat.“

Im Blick auf Möglichkeiten eines ökumenischen Reformationsgedenkens empfahl er den Tagungsteilnehmenden, die gemeinsame lutherisch-katholische Publikation „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ zu lesen, in der erstmals LutheranerInnen und KatholikInnen gemeinsam die Geschichte der Reformation im 16. Jahrhundert darstellen, einschliesslich der ungerechten und verletzenden Aussagen über die jeweils andere Seite und der fortgesetzten Bemühungen auf die Einheit der Kirche hin. Das Dokument formuliert „Fünf ökumenische Imperative“.

Königsdörfer stellte fest: „wir können es uns nach wie vor nicht leisten, als Christinnen und Christen in Spaltung zu leben. Wir müssen den Schritt nach draussen tun und auch mit Menschen anderer Glaubensrichtungen den Dialog suchen.“ Sie sprach von der Solidarität im Gebet als einer der wirkungsvollsten Bekräftigungen des Glaubens. „Wenn jemand, in dessen Land es Probleme gab, auf mich zu kommt und sagt: ‚Danke, dass du für uns, für mein Land betest‘, dann ist das etwas sehr Bewegendes.“

Clark betonte, die christliche Einheit müsse auch in der Art und Weise zum Ausdruck kommen, wie Kirchen mit aktuellen Herausforderungen in der Gesellschaft umgehen.

„Wie Kirchen reagieren, wenn Menschen aufgrund religiöser und anderer Gewalt aus ihrer Heimat fliehen, wird zeigen, was die Kirchen eigentlich sind. Wie wir gegenüber unserem Staat zum Thema Asylsuchende prophetisch reden – oder nicht – ist eine grosse Herausforderung“, so Clark weiter.

Im Blick auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen Angehörigen des Christentums und anderer Religionen führte sie aus, Toleranz sei nicht mehr als „zuhören ohne zu handeln“. Ein sinnvoller Dialog müsse jedoch über die Toleranz hinaus aktiv das Wohl des Gegenübers anstreben, „auch wenn wir vielleicht nicht einer Meinung sind.“ Sie betonte, christliche Traditionen wie die anglikanische, katholische und lutherische „machen uns fähig, tolerant zu sein und zu dienen.“

Cap: Auf dem Podium der Werkstatt Wittenberg: Judith Königsdörfer (ÖRK), Erin Clark (anglikanische Kirche) und Frère Jasper (Taizé) diskutieren über Ökumene. Foto: DNK/LWB/F. Hübner

 

Pauline Mumia