Brasilien: Unterwegs für Generationengerechtigkeit in der Kirche

23. Jun. 2023

In diesem Interview erzählt Natan Schumann, der Koordinator für den Nationalen Ausschuss der Evangelischen Jugend in Brasilien, von seinen Hoffnungen für die bevorstehende Vollversammlung des LWB in Krakau, an der er als Jugenddelegierter für seine Kirche teilnehmen wird. 

Natan Schumann, coordinator of the National Council of Evangelical Youth in Brazil. Photo: LWF

Natan Schumann, Koordinator des Nationalen Rates der Evangelischen Jugend in Brasilien. Foto: LWB/E. Albrecht

Interview mit Natan Schumann, brasilianischer Jugenddelegierter zur Vollversammlung

(LWI) – Als begeisterter Unterstützer des Netzwerks der Evangelischen Jugend in seinem Heimatland Brasilien wird Natan Schumann als Jugenddelegierter seiner Kirche an der 13. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) im September in Krakau, Polen, teilnehmen.  

Er wurde in Sapiranga im Süden Brasilien geboren, wo seine Familie seit mehreren Generationen lebt, und mit der Taufe in die Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (EKLBB) aufgenommen. Seine Eltern, die nicht regelmäßig den Sonntagsgottesdienst besuchten, waren zunächst überrascht von seinem Interesse und Engagement im kirchlichen Leben, die durch seine Teilnahme am Konfirmandenunterricht als Teenager geweckt wurden.  

Aber nach und nach machten sich sein Enthusiasmus und sein Einsatz für die Bewegung der Evangelischen Jugend auch beim Rest der Familie positiv bemerkbar, und sie fingen an, ihn zu Gottesdiensten und anderen Aktivitäten zu begleiten. Auch nachdem er nach Porto Alegre gezogen war, um Internationale Beziehungen zu studieren, unterstützten sie weiterhin sein Engagement und ermutigten ihn, seiner Begeisterung und seinen akademischen Zielen zu folgen. 

Während er sich auf die Vollversammlung in Krakau vorbereitet, ist Natan als Koordinator des Nationalen Ausschusses der Evangelischen Jugend (National Council of Evangelical Youth, CONAJE) mit der Planung des nächsten nationalen Kongresses beschäftigt, der im nächsten Juli in Domingos Martins, einer Stadt im Bundesstaat Espirito Santo, stattfinden wird. Er freut sich darüber, dass bei dieser alle zwei Jahre stattfindenden Veranstaltung die Jugend aus dem ganzen Land stärkere Bindungen aufbauen und ihr Zeugnis des christlichen Glaubens in einer zunehmend säkularen Gesellschaft stärken kann.   

Neben deiner Aufgabe innerhalb der Kirche in Brasilien warst du auch Mitglied der LWB-Delegation beim Weltklimagipfel in Glasgow 2021 – was motiviert dich am meisten bei deiner Tätigkeit sowohl auf nationaler als auch auf globaler Ebene?  

Es gibt mir Hoffnung zu sehen, wie junge Menschen willkommen geheißen und für ihre Arbeit neben Menschen aus anderen Generationen anerkannt werden. Es gibt mir Mut, wenn ich sehe, dass junge Menschen mit wichtigen und repräsentativen Aufgaben betraut werden, nicht nur weil sie Quoten erfüllen, sondern weil die Gemeinschaft an ihre Gaben und ihr Potenzial glaubt, Gott mit der Übernahme von Aufgaben mit Leitungsverantwortung zu dienen. Ich arbeite gerne mit Menschen aus allen Generationen zusammen, und ich lerne aus ihren Erfahrungen. Ich träume von einer Kirche, in der Beziehungen zwischen verschiedenen Generationen auf gegenseitigem Respekt und einer umfassenderen Zusammenarbeit beruhen.    

Was erwartest du von der Dreizehnten Vollversammlung des LWB?  

Ich freue mich, die EKLBB bei dieser Vollversammlung zu vertreten. In unseren Gemeinden spielen junge Menschen eine bedeutende Rolle im täglichen Aufbau der Kirche. Wir möchten vermitteln, dass junge Menschen nicht nur die Zukunft, sondern auch die Gegenwart der Kirche sind. Ich hoffe, dass diese Vollversammlung ein Raum sein wird, in dem die größere Anerkennung der Leitungsverantwortung junger Menschen bei der Entscheidungsfindung des LWB reflektiert und gefördert wird. 

Die Förderung der Teilhabe junger Menschen ist für den LWB seit der Vollversammlung 1984 bereits seit Jahrzehnten ein vorrangiges Anliegen – wo liegen aktuell die Herausforderungen?

Trotz des erzielten Fortschritts sehen wir uns immer noch Herausforderungen bei der Teilhabe junger Menschen gegenüber, auch innerhalb der evangelischen Kirchen in Südamerika und der Karibik. Es erfordert mehr Arbeit, um die Teilhabe junger Menschen zu steigern und zu gewährleisten, dass ihre Stimmen auf allen Ebenen des LWB gehört werden.

Bei der Vorversammlung der Länder des amerikanischen Kontinents hat man sich darauf geeinigt, den Vorschlag einzubringen, LWB-Richtlinien für eine Generationengerechtigkeit auf der Grundlage biblisch-theologischer Grundsätze zu formulieren. Mit diesem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass in die Entscheidungsfindungsprozesse alle Generationen gerecht einbezogen werden und dass Dialog, Zusammenarbeit und gegenseitiges Lernen gefördert werden. Wir hoffen, dass dieser Vorschlag berücksichtigt wird und dass konkrete Maßnahmen mit dem Ziel, im LWB mehr Generationengerechtigkeit zu erreichen, umgesetzt werden. 

Was kann die Vollversammlung im Hinblick auf die Förderung der Stärkung der Leitungsverantwortung junger Menschen bewirken?  

Der LWB erfüllt für die Vollversammlung in Krakau bereits die Quoten für junge Menschen im Hinblick auf die angemeldeten Teilnehmer aus aller Welt, was ermutigend ist. Es ist entscheidend sicherzustellen, dass die Stimmen junger Menschen bei dieser weltweiten Veranstaltung gehört werden. Generationengerechtigkeit und Leitungsverantwortung junger Menschen sind ein wichtiger Teil der Diskussionen, und wir freuen uns darauf, ein stärkeres Engagement und eine stärkere Teilhabe junger Menschen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung zu fördern. Mit dieser Vollversammlung bekräftigt der LWB seine Verpflichtung, einen einheitlichen Leib aufzubauen, gestärkt durch einen Geist der Hoffnung, in dem alle Generationen eine Stimme haben und sich in der weltweiten lutherischen Gemeinschaft vertreten fühlen.   

Was bedeutet es für dich und deine Kirche, Teil der weltweiten Gemeinschaft der Kirchen zu sein?  

Ich möchte betonen, wie wichtig die Zusammenarbeit von Kirche und Jugend ist, um eine einbeziehende Leitungsverantwortung und eine umfassendere Generationengerechtigkeit zu fördern. Wir müssen Räume schaffen, an denen sich die Generationen treffen, zuhören und voneinander lernen. Die Vielfalt der Erfahrungen und Perspektiven bereichert die Kirche und hilft uns dabei, die täglichen Herausforderungen zu meistern. Ich hoffe, diese Vollversammlung wird der Ausgangspunkt für eine stärkere Teilhabe junger Menschen im LWB und für mehr Aufmerksamkeit für die Generationengerechtigkeit in unserer weltweiten lutherischen Gemeinschaft. 

LWB/E. Albrecht