Asien: Verwundete Leiber und Zeichen der Hoffnung

19. Jun. 2023

Bei der vorbereitenden Konsultation für Asien stellte die LWB-Generalsekretärin das Thema der bevorstehenden Dreizehnten Vollversammlung vor und betonte seine Bedeutung in der Region. 

Die Generalsekretärin des LWB, Anne Burghardt

Die Generalsekretärin des LWB, Anne Burghardt, stellt das Thema der Vollversammlung während der
vorbereitenden Konsultation für Asien vor. Foto: LWB/Jotham Lee

Die Generalsekretärin reflektiert über „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung“ an der Vorversammlung in Asien

(LWB) – Die Wurzeln aller Systeme der Unterdrückung, Spaltung, Ausgrenzung und Entmenschlichung liegen in der fundamentalen Weigerung, das Bild Gottes in einem Gegenüber zu erkennen, dessen Körper anders ist, ihm zu vertrauen und ihn zu respektieren, sagte die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB), Anne Burghardt. Sie stellte das Thema der Vollversammlung „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung“ bei der vorbereitenden Konsultation für Asien in Kuala Lumpur, Malaysia, vor. 

„Das Konzept ‚Ein Leib‘ im Zusammenhang mit der Vollversammlung enthält viele Bedeutungsebenen. Auf der ekklesialen Ebene bezieht es sich auf den einen Leib Christi durch die Taufe“, so Burghardt. Dieser Leib sollte „in Bezug auf Kultur, Ethnizität, Gender, Staatsbürgerschaft oder wirtschaftlichen Status keinerlei Unterschiede“ haben. 

Doch gebe es viele verwundete Leiber in der Welt, fügte sie hinzu. Bei der Vollversammlung stehe ein Besuch der Gedenkstätte von Auschwitz-Birkenau auf dem Programm, einem früheren Konzentrations- und Vernichtungslager. „Wenn wir uns dort versammeln, werden wir anderen Genoziden und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an anderen Orten gedenken,“ so Burghardt, „unter anderem denjenigen, die während des Genozids in Kambodscha in den frühen 1970er-Jahren gestorben sind oder leiden mussten.“ Fast zwei Millionen Kambodschanerinnen und Kambodschaner, oder ein Drittel der Bevölkerung, starben unter den Händen der von Pol Pot angeführten Kommunisten, „nur weil die Regierung Konformität wollte und sich weigerte, diejenigen zu akzeptieren, die anders dachten oder lebten.“ 

„Wenn menschliche Leiber nach Kaste, Farbe, Religion, Kultur, Ethnizität oder Gender unterteilt werden, können sie abgelehnt oder sogar zerstückelt werden, wenn sie nicht mit dem dominanten ‚Idealbild‘ übereinstimmen. Das führt dazu, dass sich die Menschen nicht mehr als Geschwister sehen, die als Gottes Ebenbild geschaffen wurden.“ 

Bezugnehmend auf die Kolonialisierung von asiatischen Ländern im 16. Jahrhundert wies Burghardt darauf hin, dass viele Ländern, unter anderem Indonesien, Indien und Malaysia, jahrhundertelang von ausländischen Kräften beherrscht worden waren. „Menschen, die so etwas erlebt haben, wissen, was es bedeutet, aufgrund ihrer Ethnizität, Klasse oder Religion anders behandelt zu werden“, sagte sie. „Es ist äußerst wichtig, aus der Geschichte zu lernen.“ 

Einer der Geister unserer Zeit, der am meisten destabilisiert und die Gesellschaft spaltet „ist ein wiederauflebender Ethno-Nationalismus“, sagte sie. „Ethno-Nationalisten nutzen häufig Religion oder Glauben auf politische Art, um unterdrückende oder ausschließende Arten der gesetzlichen Diskriminierung einzuführen. Religion wird benutzt, um weltliche Ziele zu erreichen.“ 

Unter diesen Umständen werde „Religion statisch und es entwickelt sich religiöser Fundamentalismus“, der „starke Wellen des Ethno-Nationalismus auf der ganzen Welt anschiebt.“ Zu unterscheiden zwischen irreführenden Theologien und einer Theologie, die auf der Botschaft der Rechtfertigung basiert, „ist eine Hauptaufgabe der gesamten Kirche“, sagte die Generalsekretärin. 

Zeichen der Hoffnung 

Die Generalsekretärin wies auch auf mehrere Zeichen der Hoffnung in der globalen Gemeinschaft und in Asien hin. 

Es seien große Fortschritte bei der vollständigen Einbeziehung von Frauen in ordinierte Ämter gemacht worden. Zu Beginn dieses Jahres feierte die Gemeinschaft „die erste Ordination einer Pfarrerin in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land“. Auch wurde Pastorin Selma Chen zur Präsidentin der Lutherischen Kirche von Taiwan gewählt. Momentan sei sie das einzige weibliche Kirchenoberhaupt in Asien. In Indien wurde von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Indien (UELCI) 2022 der 30. Jahrestag der Ordination von Frauen begangen. Darüber hinaus freue sich die Gemeinschaft über die Ordination der ersten Pfarrerinnen in der Gastkirche der Vollversammlung, der Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen, im Jahr 2022. „Das Evangelium bleibt immer wahr, unabhängig vom Geschlecht der Person, die es verkündet“, betonte Burghardt. 

In Asien „gibt es gute Beispiele für Zusammenarbeit zwischen lokalen Mitgliedskirchen und dem Länderprogramm des Weltdienstes.“ Ein Beispiel sei die gute Zusammenarbeit zwischen dem Programm des LWB Jerusalem und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und dem Heiligen Land sowie die stabile Zusammenarbeit zwischen den LWB-Mitgliedskirchen und den Länderprogrammen des LWB-Weltdienstes in Myanmar und Nepal. Sie bezog sich auf die LWB-Leitlinien für die „Zusammenarbeit zwischen Mitgliedskirchen und Weltdienst“, die 2021 verabschiedet wurden. „Es ist auch ermutigend zu wissen, dass unsere Mitgliedskirchen in Asien ihren Gemeinschaften selbst aktiv dienen“, sagte Burghardt und fügte hinzu, dass sich während der COVID-19-Pandemie „das LWB-Gemeinschaftsbüro mit vielen unserer Mitgliedskirchen in Asien zusammengeschlossen hat und Hilfe für die Betroffenen der COVID-19-Pandemie angeboten hat.“ 

Frieden sei eine zentrale Berufung des LWB und seiner Mitgliedskirchen, sagte die LWB-Generalsekretärin. Und „auch wenn die Arbeit für Frieden, Hoffnung und Versöhnung nicht von uns alleine erledigt werden kann, haben wir nicht die Freiheit, sie aufzugeben. Der LWB und die Mitgliedskirchen haben immer dafür gearbeitet und müssen weiterhin in Worten und Taten eine Botschaft der Hoffnung bringen.“ 

Ein weiteres Zeichen der Hoffnung sei das ständige Wachstum der globalen Gemeinschaft. Bei der letzten Ratstagung genehmigte der LWB erstmals Mitgliedsanträge von zwei Kirchen in Asien, der Lutherischen Kirche in Kambodscha und der Protestantischen Kirche Geraja Niha Keriso in Indonesien. Er lud beide Kirchen dazu ein, den LWB durch die Teilnahme an LWB-Aktivitäten, -Programmen und -Treffen besser kennenzulernen, bevor sie nach zwei Jahren als Vollmitglieder aufgenommen werden.

Die vorbereitende Konsultation für Asien findet vom 14. bis 18. Juni 2023 in Kuala Lumpur, Malaysia, statt.

Die Dreizehnte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes findet vom 13. bis 19. September 2023 in Krakau, Polen, statt. Ihr Thema lautet „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung“. Sie wird von der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen ausgerichtet.

 

LWF/A. Weyermüller