(LWI) - Allan Calma, Koordinator für die humanitäre Hilfe des LWB, besuchte gerade ein anderes LWB-Länderprogramm, als der jüngste Notfall eintrat. Wenige Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine befand er sich bereits im Flugzeug nach Warschau. In den vergangenen fünf Monaten richtete Calma zusammen mit der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, einer LWB-Mitgliedskirche, ein neues Länderprogramm für humanitäre Hilfe in Polen ein.
Anlässlich des Welttags der humanitären Hilfe spricht er über seine Motivation, darüber, was die durch den Krieg in der Ukraine verursachte Flüchtlingskrise so einzigartig macht und über die stillen Heldinnen und Helden in vielen Katastrophenfällen.
Wie viel Zeit hatten Sie, um sich auf die aktuelle Mission in Polen vorzubereiten?
Ich wurde von einer Mission im Südsudan abgezogen, als das russische Militär in die Ukraine einfiel. Also kam ich im Grunde genommen morgens zurück nach Genf, um einen frischen Satz Kleidung zu holen, und am Nachmittag flog ich schon nach Warschau. Das war ein Wechsel von 48 Grad auf -3 Grad an einem Tag.
Unterscheidet sich diese Notsituation von anderen, mit denen Sie es in der Vergangenheit zu tun hatten?
Ja, sehr sogar. Ich denke, diese Notsituation stellt die humanitären Helferinnen und Helfer immer wieder vor neue Herausforderungen und zwingt sie, sich ständig etwas Neues einfallen zu lassen, wie man den vertriebenen Menschen effizient helfen kann. Vor allem haben die Regierungen einiger Aufnahmestaaten, wie hier in Polen und in vielen anderen europäischen Ländern, den Flüchtlingen das Recht eingeräumt, einer Arbeit nachzugehen und sie sogar in ihre Sozialleistungen integriert.
Wir in der Nothilfe haben schon immer betont, dass diese beiden Punkte die größte Schwierigkeit für eine erfolgreiche Flüchtlingshilfe darstellen. Jetzt können wir endlich zeigen, wie viel wir tun können, wenn wir von den Regierungen der Aufnahmestaaten in dieser Form unterstützt werden.
Was ist leicht, was ist schwierig?
Man verliebt sich leicht in Polen und die polnische Bevölkerung. Was mir am meisten gefällt ist das Zusammentreffen mit den Menschen, denen wir helfen möchten – es ist hart, ihre Geschichten zu hören, wie sie geflohen sind, wie sie ihr ganzes Leben zurückgelassen haben, doch es tut auch gut, von ihrer Widerstandskraft zu hören. Bei dieser Aufgabe schätze ich vor allem, dass die Notfallhilfe von den Einheimischen ausging. Und wie das Notfallhilfeorgan des LWB, der Weltdienst, Hand in Hand mit unserer Mitgliedskirche (EAKP) und deren Pfarrgemeinden in ganz Polen zusammengearbeitet hat.
Die Herausforderung besteht darin, einen Weg durch die miteinander konkurrierenden und manchmal auch widersprüchlichen Strategien und Herangehensweisen der Notfallhelferinnen und -helfer zu finden. Auf der einen Seite brauchen wir neue Mittel und Wege, um die Dinge anzupacken, da der Kontext hier ein gänzlich anderer ist als in Notsituationen, mit denen wir es früher zu tun hatten, aber auf der anderen Seite müssen wir auch in der Lage sein, das anzuwenden, was wir aus früheren Notsituationen gelernt haben.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Die Flüchtlinge aus der Ukraine sind sehr mobil, und sie dürfen sich innerhalb von Europa frei bewegen. Zudem ist Polen ein krisenfestes Land mit einer stabilen Wirtschaft. Normalerweise ist das erste, was wir in einer Flüchtlingskrise brauchen, die Versorgung mit Lebensmitteln und Grundhilfsgütern, doch in diesem Kontext war das nicht unbedingt notwendig. Natürlich hatten wir Stellen, wo wir Essen und Wasser hinlieferten, wie zum Beispiel Grenzübergänge, Bahnstationen und Transitbereiche, doch die Flüchtlinge nahmen sich immer nur, was sie gerade brauchten und zogen weiter. Eine vielseitige finanzielle Unterstützung ist in dieser Situation definitiv das zweckmäßigste Mittel, um zu helfen. Wir haben bereits eine Menge Erfahrung mit dieser Art von Hilfe, müssen aber darauf achten, dass wir uns mit anderen Hilfsorganisationen abstimmen, damit wir doppelte Arbeit vermeiden.