Schutz für Zivilbevölkerung in Syrien gefordert

10. Apr. 2017
Eine junge Frau im Flüchtlingslager Za‘atari in Jordanien. Foto: LWB/M. de la Guardia

Eine junge Frau im Flüchtlingslager Za‘atari in Jordanien. Foto: LWB/M. de la Guardia

Erklärung an die Brüsseler Konferenz „Die Zukunft Syriens und der Region unterstützen“

ROM, Italien/GENF (LWI) – „Einige der mächtigsten und einflussreichsten Staats- und Regierungschefs haben sich heute getroffen, um über die Zukunft Syriens zu sprechen. Wir begrüßen das internationale Engagement im Syrienkonflikt, möchten aber auch unsere erheblichen Bedenken darüber mitteilen, dass Gespräche über die Rückkehr von Flüchtlingen und den Wiederaufbau verfrüht sein dürften, so lange die Zivilbevölkerung und das, was von ihren Häusern, Krankenhäusern, Schulen und Bäckereien übrig geblieben ist, weiter angegriffen werden", heißt es in einer Erklärung, die vom Lutherischen Weltbund (LWB) und mehreren anderen Hilfeorganisationen, die in der Region und mit syrischen Flüchtlingen arbeiten, unterzeichnet wurde.

Diese Erklärung richtet sich an die Konferenz „Die Zukunft Syriens und der Region unterstützen“, die am 4. und 5. April in Brüssel, Belgien stattfand. Nur einen Tag vorher gab es in Nordsyrien einen Angriff mit Chemiewaffen, der mindestens 58 Todesopfer gefordert hat, darunter auch Kinder.

Aufruf zum Schutz der Zivilbevölkerung und zur Gewährung des Asylrechts

„Der LWB appelliert gemeinsam mit einer zunehmenden Zahl von Organisationen an die laufende Brüsseler Konferenz, die Rechte der aus Syrien fliehenden Zivilbevölkerung zu schützen, ihnen nach dem Grenzübertritt in anderen Ländern Hilfe zukommen zu lassen, die Angehörigen internationaler Hilfeorganisationen zu schützen und medizinische Versorgung und andere Maßnahmen zur Unterstützung von Flüchtlingen und vom Bürgerkrieg betroffener Regionen zur Verfügung zu stellen", sagt Caroline Tveoy, regionale Programmkoordinatorin für den Nahen Osten und Nordafrika.

„In dieser Erklärung fordern der LWB und andere Nichtregierungsorganisationen die an der Brüsseler Konferenz teilnehmenden Regierungen ebenfalls auf, sich noch einmal zu dem Recht auf Asyl zu bekennen und eindeutig zu erklären, dass die derzeitige Situation im Land nicht die Voraussetzungen für eine freiwillige und sichere Rückkehr von Flüchtlingen nach Syrien erfüllt", fügt Tveoy hinzu.  „Die Regierungen sollten ebenfalls für Hilfeangebote nach dem Grenzübertritt sorgen und humanitäre Organisationen unterstützen, die in Syrien wichtige Versorgungsleistungen für die Menschen übernehmen.“

Keine Zwangsrückkehr nach Syrien

Die NGOs weisen darauf hin, wie wichtig die Umsetzung der auf den bisherigen Syrien-Konferenzen in London und Helsinki vereinbarten Maßnahmen ist. Einige wichtige politische Erfolge hätten zwar den Zugang zu Bildung und wirtschaftlichen Chancen für syrische Flüchtlinge verbessert, „aber es bleibt immer noch viel zu tun.“

„Unter keinen Umständen“, so heißt es in der Erklärung, dürfen Flüchtlinge mit Maßnahmen „dazu gezwungen werden, nach Syrien zurückzukehren."

Der LWB beteiligt sich seit mehreren Jahren an Programmen zur Unterstützung von Flüchtlingen aus Syrien, dazu gehören familienorientierte Schutzangebote und psychosoziale Betreuung im Flüchtlingslager Za'atari und in den Gastgebergemeinschaften in Jordanien sowie Bildung, Berufsbildung und Existenzsicherung, Versorgung mit Nahrungsmitteln, Notunterkünfte und psychosoziale Hilfe für syrische Flüchtlinge im Nordirak. Der LWB ruft alle Konfliktparteien auf, die Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen zu beenden, zu denen es in dem seit mehr als fünf Jahren währenden Bürgerkrieg gekommen ist.

In der Erklärung heißt es, dass „die Brüsseler Konferenz auch den Grundstein für eine inklusive und sinnvolle Beteiligung syrischer NGOs und zivilgesellschaftlicher Organisationen einschließlich Jugend- und Frauengruppen als wichtige Partner legen sollte", um „den Interessen und Wünschen des syrischen Volkes zu entsprechen und die örtlichen Gemeinschaften beim Wiederaufbau und bei der Krisenbewältigung zu unterstützen."

Bürokratie verhindert Hilfen

Die Hilfeorganisationen setzen sich auch für erweiterte medizinische und psychologische Unterstützungsprogramme für die Menschen in Syrien ein und fordern die Beendigung der Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen und Schulen.  Viele Gesundheitsfachkräfte sind aus dem Land geflohen, ein Drittel der Schulen in Syrien sind inzwischen „aufgrund konfliktbedingter Schäden geschlossen."

Die Erklärung fordert ebenfalls die Aufnahme einer größeren Zahl von Flüchtlingen in den reichen Ländern und eine Verpflichtung, „die Neuansiedlung von Flüchtlingen in den reichen Nationen bis Ende 2017 auf mindestens 10 Prozent der Flüchtlingsbevölkerung Syriens zu erhöhen."

NGOs, die in der Türkei, Jordanien, dem Irak und dem Libanon mit Flüchtlingen arbeiten, haben mit „bürokratischen Hindernissen“ bei der Registrierung sowie mit Visavorschriften zu kämpfen, die die humanitäre Arbeit und die Fähigkeit behindern, Hilfsgüter und Dienstleistungen für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, heißt es in der Erklärung.  „Die eingeschränkten Möglichkeiten für eine grenzüberschreitende Hilfe bedeuten, dass der syrischen Bevölkerung, die verzweifelt auf Hilfe hofft, diese Unterstützung ohne zwingenden Grund verweigert wird“, heißt es in der NGO-Erklärung.