Ruf nach verstärkten Anstrengungen zur Beendigung der humanitären Katastrophe in Syrien

26. Jun. 2013
LWB-Ratsmitglieder stimmen über eine Empfehlung ab. © LWB/S. Gallay

LWB-Ratsmitglieder stimmen über eine Empfehlung ab. © LWB/S. Gallay

Vom LWB-Rat gefasste Beschlüsse zielen auf mehr Engagement für Frieden und Gerechtigkeit

(LWI) Neben Öffentlichen Erklärungen und anderen Beschlüssen verabschiedete der Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB) im Rahmen seiner Tagung 2013 Resolutionen zu den folgenden Bereichen, in denen sich der LWB anwaltschaftlich engagiert: humanitäre Folgen des Konflikts in Syrien, christliches Zeugnis im Nahen und Mittleren Osten, Gendergerechtigkeit, Klimawandel, Jugendarbeitslosigkeit und weltweite Finanzkrise.

Der Rat mahnte ein Ende der Gewalt und Menschenrechtsverletzungen in Syrien an und forderte alle Beteiligten dringend auf, die Bevölkerung zu schützen und die Kämpfenden nicht mit Waffen zu beliefern.

Die VertreterInnen aus LWB-Mitgliedskirchen aller Weltregionen appellierten an die syrische Regierung sowie die Oppositionstruppen, der internationalen Gemeinschaft umgehend Zugang zu gewähren, so dass den von der fortgesetzten Gewalt Betroffenen Hilfe geleistet werden kann.

Das LWB-Leitungsgremium stellte fest, die Kämpfe der vergangenen zwei Jahre hätten nach Schätzungen bisher 93.000 Menschenleben gefordert, darunter seien mehr als 1.300 Kinder unter 10 Jahren. Darüber hinaus hätten über 1,5 Millionen Flüchtlinge das Land verlassen, weitere 4,5 Millionen seien innerhalb des Landes auf der Flucht.

„Der Tragik dieser Gewalt kommt allenfalls noch die humanitäre Katastrophe gleich, die das Leben aller SyrerInnen berührt“, erklärte der Rat anlässlich seiner Tagung, die vom 13. bis 18. Juni in Genf stattfand.

Der Rat forderte die Völkergemeinschaft auf, Binnenvertriebenen und Flüchtlingen, die der Syrienkonflikt entwurzelt hat, Hilfe zu leisten, und brachte neuerlich seine Unterstützung für diejenigen zum Ausdruck, die sich um einen Dialog bemühen.

„Als weltweite Kirchengemeinschaft beklagen wir, dass Religion als Waffe missbraucht wird, um den Konflikt in Syrien fortzuführen. Wir lehnen im Namen Gottes verübte Gewalt ab“, erklärte der Rat.

Der LWB betonte seine besondere Sorge um die ChristInnen in Syrien und würdigte deren Bestreben, in Frieden mit ihren Mitmenschen anderen Glaubens und anderer Kulturen zu leben. Er warnte: „Der reiche religiöse und ethnische Bildteppich, der Syrien seit Jahrhunderten ausmacht, droht irreparablen Schaden zu erleiden.“

Naher und Mittlerer Osten

Der Rat bekräftigte das langjährige Engagement des LWB für die Anerkennung der ChristInnen in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens als integraler Bestandteil der Region. Das LWB-Leitungsgremium stellte fest, die aktuellen Entwicklungen hätten die ChristInnen im arabischen Raum und im Mittleren Osten in eine Existenzkrise geführt. Manche christlichen Gemeinschaften wüssten nicht, ob sie weiter in der Lage sein werden, ihre Präsenz in den Gebieten aufrecht zu erhalten, wo sie seit den Anfängen des Christentums lebten.

Der Rat versicherte die ChristInnen in der Region erneut seiner Unterstützung, „die in ihren Ländern bei ihrem Volk bleiben wollen“ und ermutigte „unsere christlichen Schwestern und Brüdern in ihrem Engagement für Frieden auf der Grundlage von Gerechtigkeit in ihrem jeweiligen Land“. Der Rat würdigte die lutherische Präsenz und Arbeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land und stellte fest, sie trage bei zum „Verbleib der ChristInnen im Nahen Osten, durch ganzheitliche Mission sowie Diakonie.“

Gendergerechtigkeit

Der Rat bekräftige das langjährige Engagement des LWB für Gendergerechtigkeit (siehe auch die Meldung über das Grundsatzpapier zu Gendergerechtigkeit). Der Rat ermutigte das Büro der LWB-Kirchengemeinschaft, ein Verfahren zu entwickeln, wie Mitgliedskirchen und Partnerorganisationen motiviert werden können, sich an der 58. Tagung der Kommission der Vereinten Nationen für die Rechtsstellung der Frau zu beteiligen. Bei der Tagung im März 2014 wird es um die Herausforderungen und Erfolge bei der Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele für Frauen und Mädchen gehen.

Jugendarbeitslosigkeit

Die Ratsmitglieder riefen dazu auf, der Jugendarbeitslosigkeit mehr Aufmerksamkeit zu schenken, und appellierten an öffentliche wie privatwirtschaftliche AkteurInnen sowie Gewerkschaften, gemeinsam an der Schaffung verbesserter Beschäftigungschancen für junge Menschen zu arbeiten.

Der LWB-Rat forderte die Staaten auf, durch wirtschaftspolitische Initiativen und finanzielle Anreize die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, und stellte fest, er könne nicht schweigen angesichts der 73 Millionen junger Erwachsener weltweit, die keine Beschäftigung haben.

Ratsmitglied Danielle Catherine Leker, eine niederländische Sozialarbeiterin, erläuterte die zunehmenden Schwierigkeiten, mit denen junge Menschen ungeachtet ihrer Qualifikationen bei der Suche nach einer Arbeitsstelle konfrontiert sind. Erhalten sie eine Anstellung, ist diese häufig zeitlich befristet, so Leker: „Manchmal kommt dir alles ziemlich hoffnungslos vor. Für meinen Freundeskreis und mich ist das eine grosse Frage: Finden wir irgendwann eine feste Arbeit?“

A. Elijah Zina, aus Liberia, ist ebenfalls Sozialarbeiter. Er stellte fest, die meisten jungen Menschen in seinem Land hätten keine Arbeit oder zumindest keine sichere Anstellung. Er forderte die lutherischen Kirchen auf, im Engagement für verbesserte Beschäftigungschancen junger Menschen eine Vorreiterrolle zu übernehmen: „Arbeitslosigkeit darf uns nicht egal sein, das ist ein sehr ernstes Problem.“

Weltweite Finanzkrise

Der Rat würdigte eine 2012 bei einer gemeinsamen Tagung zu Fragen ökonomischer, sozialer und ökologische Gerechtigkeit in Sao Paulo vom LWB, dem Ökumenischen Rat der Kirchen, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und dem Council for World Mission abgegebene Erklärung, die weltweit Wandel zugunsten einer Ökonomie des Lebens einfordert.

Der Rat empfahl den Mitgliedskirchen, sich mit der Erklärung auseinanderzusetzen und sich ihre Inhalte für das anwaltschaftliche Engagement zu eigen zu machen. Er ermutigte das Büro der Kirchengemeinschaft, weiter an der Nacharbeit mitzuwirken.

Weiterhin fasste der Rat auf Empfehlung des Ausschusses für Advocacy und öffentliche Verantwortung den Beschluss, das Papier „Welcoming the Stranger: Affirmations for Faith Leaders“ (Den Fremden willkommen heissen – Selbstverpflichtungen von Religionsführerinnen und Religionsführern) zu billigen und die LWB-Mitgliedskirchen aufzurufen, es an andere Kirchen und interreligiöse Gremien in ihrem jeweiligen Land weiterzugeben. Das Papier war am 12. Juni im Rahmen einer Anhörung von nichtstaatlichen Organisationen beim Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen in Genf präsentiert worden, bei der LWB-Präsident Bischof Dr. Munib Younan zu den HauptrednerInnen gehörte (siehe auch die zugehörige Pressemitteilung).

Klimawandel

In einer Resolution zum Klimawandel machte sich der Rat die Empfehlungen der LWB-Delegation bei der UN-Klimakonferenz zu eigen, die im Dezember 2012 in Doha stattgefunden hatte. Weiterhin rief der Rat den LWB und seine Mitgliedskirchen auf, auch zukünftig an UN-Prozessen im Zusammenhang mit dem Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen sowie der Konferenz über nachhaltige Entwicklung mitzuwirken, „insbesondere auf dem Weg über ökumenische, interreligiöse und Jugendnetzwerke.“

Zudem wurde die lutherische Kirchengemeinschaft beauftragt, eine ganzheitliche Strategie für den Klimawandel zu konzipieren, die die Themen Advocacy, Treibhausemissionen, Kompetenzvermittlung und Bewusstseinsbildung sowie humanitäre Hilfe berücksichtigt. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft wurde angeregt im Blick auf die Lobbyarbeit bei staatlichen Akteuren im Sinne einer Intensivierung der Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels sowie zur Anpassung an seine Folgen.

Ein Schwerpunkt müsse bei der Auseinandersetzung mit dem Klimawandel im Sinne einer theologischen Reflexion auf lutherischer, ökumenischer und interreligiöser Ebene gesetzt werden. Der Rat forderte dazu auf, auf der Ebene der Kirchengemeinschaft insgesamt, der nationalen Ebene, der Gemeindeebene und auf der Ebene der einzelnen Person entschlossen auf Klimaneutralität hinzuarbeiten. Der LWB möge sich, so das Votum des Rates, mit den negativen Folgen sozialer Ungleichheit und nicht-nachhaltigen Konsumdenkens auseinandersetzen.

 

 

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