Ressourcen bündeln und theologische Ausbildung sichern

27. Sep. 2016
Neu gewählte Leitungspersonen nahmen an einem einwöchigen Seminar im Büro der Kirchengemeinschaft teil, um sich über die Arbeit des LWB zu informieren und sich über Erfahrungen aus ihren jeweiligen Regionen auszutauschen. Foto: LWB/S. Gallay

Neu gewählte Leitungspersonen nahmen an einem einwöchigen Seminar im Büro der Kirchengemeinschaft teil, um sich über die Arbeit des LWB zu informieren und sich über Erfahrungen aus ihren jeweiligen Regionen auszutauschen. Foto: LWB/S. Gallay

Zusammenarbeit, um gemeinsame Herausforderungen zu meistern

GENF (LWI) – Eine Gruppe von Führungspersonen der Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) will gemeinsam mit dem LWB eine gemeinschaftsweite Antwort auf die Herausforderung finden, eine fundierte theologische Ausbildung aufrechtzuerhalten, die auf die aktuellen Erfordernisse abgestimmt ist.

„Wir kämpfen gemeinsam an allen Fronten und wir haben die gleichen Probleme: entweder nicht genug Studierende, die sich eine theologische Ausbildung leisten können, oder Kirchen, die nicht über die finanziellen Mittel und Kapazitäten verfügen, um ihre Fakultäten zu leiten und ihre Seminare durchzuführen", sagte Erzbischof Urmas Viilma von der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (EELK) .

„Der LWB sieht das umfassende Wissen innerhalb der Gemeinschaft in einem globalen Kontext und bezieht dabei auch die zahlreichen Theologinnen und Theologen sowie andere Ressourcen in unseren Zentren überall auf der Welt mit ein. Das sollte uns dabei helfen, eine Lösung zu finden, die alle Regionen unterstützt", fügte er hinzu.

Viilma gehört einer Gruppe von vor kurzem gewählten Bischöfinnen, Bischöfen, Präsidentinnen und Präsidenten von LWB-Kirchen an, die sich zum ersten Mal getroffen haben, um Erfahrungen auszutauschen und etwas über die Arbeit des LWB zu erfahren. Eines der Themen während der Klausurtagung vom 10. bis zum 18. September waren die Herausforderungen an die Ausbildung lutherischer Pfarrerinnen und Pfarrer vor dem Hintergrund von Säkularisierung, Gewalt in der Gesellschaft, neu aufkommenden erfolgreichen christlichen Konfessionen und sich ändernden Missionspartnerschaften.

Estland: neuer Masterstudiengang

Nach Aussage des Erzbischofs werden die Geistlichen der 280.000 Mitglieder starken estnischen Kirche in erster Linie am theologischen Institut der EELK ausgebildet, das auch für andere beruflich und ehrenamtlich Tätige Studiengänge und berufliche Weiterbildungen anbietet. Als akkreditierte Universität beinhaltet das Angebot des Instituts auch ein akademisches Programm für Geisteswissenschaftlichen.

„Wir haben vor kurzem für Selbstzahlende einen zweijährigen Masterstudiengang in christlicher Kultur eingerichtet, der genügend Einnahmen für die Durchführung unserer anderen theologischen Studiengänge generiert", berichtete er.  

Die estnische Kirche hat 215 ordinierte Geistliche, darunter 44 Frauen, mehr als 300 Sonntagsschullehrkräfte, über 80 Jugendarbeitende und 400 weitere Teilzeitkräfte, meistens auf ehrenamtlicher Basis. Die weit zurückreichende musikalische Tradition des Instituts wird von 150 Organistinnen und Organisten sowie weiteren 120 Mitarbeitenden gepflegt.

Kanada: geringe Zahl an Studierenden

Bischof Dr. Sid Haugen, Saskatchewan Synod, Evangelisch-Lutherische Kirche in Kanada (ELKIK), sagte, dass er bei einer weiterhin eher geringen Zahl von Studierenden mit Interesse an einem Theologiestudium in Saskatoon befürchte, dass es in Zukunft „Gemeinden geben wird, die niemals einen ausgebildeten Pfarrer haben werden.“ Und weiter: „Wir denken deshalb intensiv darüber nach, wie wir die vorhandenen Systeme zusammenführen können. Zurzeit versuchen wir die Frage zu beantworten, wie wir eine Laienakademie und Geistliche haben können, die als solche erkennbar sind."

Tansania: zukünftig nur noch ein Seminar?

Der Leitende Bischof Dr. Frederick Shoo von der  Evangelisch-Lutherische Kirche in Tansania (ELKT) erklärte, dass er zwar einer der mit 6,5 Millionen Mitgliedern am schnellsten wachsenden Kirchen in Afrika vorstehe, diese aber trotzdem aufgrund fehlender finanzieller Mittel einige der von den Diözesen durchgeführten Seminare und Bibelschulen eventuell werde schließen müssen. „Wir denken darüber nach, unsere Mittel in einem einzigen Seminar zu bündeln", sagte er und bezog sich damit auf die Kirche, die mit der Tumaini University Makumira über eine öffentliche Universität mit Colleges verfügt, an denen Theologie gelehrt wird.

Das Wachstum der Kirche wird nach wie vor bestimmt durch eine starke Tradition,  Predigerinnen und Prediger als Hilfsgeistliche einzusetzen. Außerdem, so erklärt Bischof Shoo von der nördlichen Diözese der ELKT, stünde jedes Kirchenmitglied in der Pflicht, das Evangelium zu verkünden. „Wir müssen einen Mittelweg für die Seminarausbildung finden, damit unsere Seelsorgenden und andere Kirchenmitarbeitenden gut vorbereitet sind und näher am Menschen tätig sein können." In den 24 Diözesen der Kirche arbeiten 2.000 Seelsorgende und fast doppelt so viele Predigerinnen und Prediger.

Pfarrer Dr. Fidon Mwombeki, Direktor der LWB-Abteilung für Mission und Entwicklung (AME), erklärte, für die großen Kirchen – besonders in Afrika und Asien – bestehe die Herausforderung darin, ihren Diensten Relevanz in einem Kontext zu geben, in dem sich neue Kirchen mit Versprechungen materiellen Wohlstands etablieren und eine große Anhängerschaft finden. „Viele unserer Geistlichen sind zwar gut ausgebildet, verdienen aber nicht viel. Wie gestalten wir den kirchlichen Dienst interessant für sie und die Menschen?", fragte er.   

Argentinien: Theologisches Institut in Buenos Aires geschlossen

Pfarrer Gustavo Gomez, Präsident der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Argentinien (IELU), bedauerte die vor kurzem erfolgte Schließung des regionalen theologischen Instituts ISEDET in Buenos Aires. Träger der Einrichtung waren seit den 1970er Jahren neun Kirchen, einschließlich der IELU. Seit langem bestand das Problem in unzureichender Finanzierung und geringer Immatrikulationszahlen. „Das Modell des kirchlichen Dienstes in lateinamerikanischen Kirchen ändert sich radikal, denn auch das Kirche-Sein als solches ändert sich. Wir verfügen nicht über genügend Personal- und Finanzmittel, müssen aber trotzdem eine überzeugende theologische Bildung aufrechterhalten und dies mit anderen Berufen verbinden", bemerkte er.

Pfarrerin Dr. Patricia Cuyatti, LWB-Regionalreferentin für Lateinamerika und die Karibik, wies auf die Aufgabe einer relevanten theologischen Ausbildung für Kirchenmitarbeitende in einem Land wie Honduras hin, in dem Gewalt durch organisierte Banden tägliche erlebte Wirklichkeit ist.

„Es ist wichtig, sich Gedanken über die unterschiedlichen Ausbildungsebenen zu machen, die für die lutherischen Kirchen im Kontext personeller Engpässe und finanzieller Herausforderungen benötigt werden. Hier bietet sich Netzwerkarbeit zum Aufbau von Zentren an, an denen Lehrkräfte, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Regionen zum Nutzen vieler Studierender unterrichten.

Einige Modelle für die Ausbildung von Kirchenmitarbeitenden haben sich als erfolgreich erwiesen und können auch auf andere Kontexte angepasst werden, sagte Pfarrer Dr. Philip Lok, LWB-Gebietsreferent für Asien. Eine vom LWB unterstützte, 2013 von der Lutherischen Kirche in Myanmar ins Leben gerufene Initiative bildet jedes Jahr bis zu 40 junge männliche und weibliche Laienkräfte aus, die für ländliche Gemeinden ohne hauptberufliche Pfarrer tätig sind. Daraus hat sich ein ökumenisches Programm entwickelt, das zurzeit auch Studierende anderer Konfessionen ausbildet.

LWB bietet Studienprogramm

Die Zusammenarbeit des LWB mit seinen Mitgliedskirchen beinhaltet ein Stipendienprogramm von jährlich ca. 450.000 EUR für Studierende, die auf Empfehlung Theologie studieren oder andere Studiengänge an Universitäten und Seminaren weltweit belegen.

Das diesjährige Treffen der neu gewählten Leitungspersonen war die zweite Veranstaltung im Rahmen des von AME 2105 aufgelegten Programms. Die 11 Bischöfinnen und Bischöfe sowie Präsidentinnen und Präsidenten sprachen ebenfalls über Möglichkeiten der Nachfolge in den Kirchen. Die Studienreise des LWB-Büros der Kirchengemeinschaft beinhaltete einen Besuch bei den Vereinten Nationen und die Teilnahme an der 33. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates.