LWB-Präsident begrüsst historische Selbstverpflichtungen von ReligionsführerInnen

17. Jun. 2013
(mitte) LWB-Präsident Bischof Dr. Munib A. Younan © UNHCR

(mitte) LWB-Präsident Bischof Dr. Munib A. Younan © UNHCR

UNHCR-Initiative fördert Schutz von Flüchtlingen und interreligiöse Zusammenarbeit

(LWI) Der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Dr. Munib A. Younan, hat den historischen Verhaltenskodex begrüsst, der religiöse Führungspersonen, Glaubensorganisationen und -gemeinschaften aufruft, ihre Bemühungen zu verstärken, die Millionen von Flüchtlingen, Binnenvertriebenen und staatenlosen Menschen in ihrer Mitte aufzunehmen und zu unterstützen sowie sich vereint gegen Fremdenfeindlichkeit stark zu machen.

„Ich stehe voll und ganz hinter diesem Dokument ‚Den Fremden willkommen heissen – Selbstverpflichtungen von Religionsführerinnen und Religionsführern‘“, sagte Younan vor den mehr als 150 Teilnehmenden der offiziellen Präsentation des Dokuments am 12. Juni 2013 in Genf (Schweiz), die vom Hohen Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) organisiert wurde. Unter den Anwesenden waren religiöse Führungspersonen, DiplomatInnen und VertreterInnen von 25 religiösen Nichtregierungsorganisationen (NGO).

Die Erklärung ist der Höhepunkt eines Dialogs zum Thema Glauben und Flüchtlingsschutz, den der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, António Guterres, im Dezember 2012 einberufen hatte und an dem VertreterInnen der grössten Glaubensgemeinschaften und der Wissenschaft teilnahmen. Ergebnis des Dialogs im Dezember war die Empfehlung, einen Verhaltenskodex für religiöse Führungspersonen zu erarbeiten. Der Vorschlag dazu wurde von dem LWB-Präsident eingebracht und fand die Zustimmung aller Teilnehmenden.

Von Februar bis April dieses Jahres wurden diese „Selbstverpflichtungen“ dann von einer Gruppe bestehend aus VertreterInnen verschiedener Glaubensorganisationen und wissenschaftlichen Einrichtungen formuliert, darunter der LWB, der Jesuiten Flüchtlingsdienst, Islamic Relief Worldwide, der Ökumenische Rat der Kirchen und die Hebrew Immigrant Aid Society.

Der Text formuliert Grundsätze und Werte mit Blick auf die Aufnahme von Flüchtlingen, die fest in allen grossen Religionen wie dem Buddhismus, dem Christentum, dem Hinduismus, dem Islam und dem Judentum verwurzelt sind. Es wird erwartet, dass das Dokument weltweit Anwendung findet, um die Hilfe für Flüchtlinge und andere aus ihrer Heimat vertriebene Menschen zu verbessern.

Gemeinsame Werte für Zusammenleben und Flüchtlingsschutz

Younan, der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELKJHL) ist, sagte, die Grundprinzipien seien in vielen Glaubenstraditionen zu finden. „Ich glaube, dass dies in unserem Streben nach gemeinsamen Werten für das Zusammenleben und den Schutz von Flüchtlingen von grosser Bedeutung ist. Religion sollte Teil der Lösung sein“, so Younan.

Der Bischof der ELKJHL betonte, dass die religiösen Gründe dafür, Fremde in Not aufzunehmen und ihnen zu helfen, „nicht in ihrem Kern Wohltätigkeit und das Geben von Almosen“ sind. „Es geht um die Achtung der Menschenwürde. Wir sind aufgerufen, aus Mitgefühl zu helfen, denn wir alle sind Menschen. Für unsere Gastfreundschaft und unser Mitgefühl sollte es keine anderen Beweggründe geben.“

Dr. Volker Türk, Direktor für Internationalen Flüchtlingsschutz beim UNHCR, beschrieb den Dialog zum Thema Glauben und Flüchtlingsschutz als „interessante Reise des gegenseitigen Kennenlernens“ – auch für die Vereinten Nationen als säkulare Organisation, die „trotz der Tatsache, dass das Flüchtlingsabkommen von 1951 und selbst unsere Satzung fest in grundlegenden religiösen Werten verwurzelt sind“, nicht unbedingt „offen dafür ist, sich gemeinsam mit Glaubensorganisationen zu engagieren“.

James D. Thompson von „ACT for Peace“ und Co-Moderator der Veranstaltung betonte, dass „Religion im täglichen Leben der Menschen sogar eine enorm wichtige Rolle spielt, dass dies von säkularen Akteuren in der humanitären Hilfe aber nicht bewusst wahrgenommen wird; sie gehen in eine Situation ohne sich der Religionen oder Werte und Sensibilitäten bei bestimmten Themen in vollem Umfang bewusst zu sein.“

„Glaubens-blind“ sei der Ausdruck, der verwendet wird, und dies könne erheblichen Schaden anrichten, da es zu Polarisierung der Gemeinschaft führen kann. Laut Thompson war viel Aufklärungsarbeit über Religion und Orientierungshilfe notwendig.

Das einzig Richtige

Türk erklärte. „Glauben und den Schutz von Flüchtlingen in den Vordergrund zu stellen“, sei das einzig Richtige gewesen.  Mit Blick auf die Probleme im Flüchtlingsschutz wird die Stimme der Zivilgesellschaft, in deren Namen die Glaubensgemeinschaften und religiösen Führungspersonen sprechen, „eine sehr wichtige“ und einflussreiche sein, so Türk.

Rabbinerin Nav Hafetz von der israelischen Organisation „Rabbiner für Menschenrechte“ sagte, sie glaube, die Bedeutung des Dokuments „liegt vor allem in der Tatsache, dass wir zum ersten Mal die theologischen Differenzen zwischen unseren Glaubensgemeinschaften beiseitegelassen und uns auf die Gemeinsamkeiten konzentriert haben, um uns mit dieser riesengrossen und schwierigen Herausforderung zu beschäftigen, mit der alle Menschen konfrontiert sind“.

Für Younan ist die Initiative des UNHCR, religiöse Führungspersonen an einen Tisch zu bringen, um über Religion und den Schutz von Flüchtlingen zu sprechen, „nicht nur für den Schutz der Flüchtlinge von grosser Bedeutung, sondern sie ist auch eine praktische Möglichkeit, interreligiöse Zusammenarbeit und interreligiöses Verständnis zu fördern. Wir sind dabei nicht nach innen gewandt und auf uns selbst konzentriert, sondern schauen nach aussen zu den verwundbarsten Menschen, die in Not sind.“

Vollständiger Wortlaut des Dokuments

LWF Communication