LutheranerInnen gestalten norwegische Ökumene aktiv mit

19. Mai 2015
Patricia Sophie Böckmann. Foto: LWB/Ryan Rodrick Beile

Patricia Sophie Böckmann. Foto: LWB/Ryan Rodrick Beile

LWB-Europatagung beleuchtet Ökumene, gesellschaftliches Engagement und interreligiöse Beziehungen

Trondheim (Norwegen)/Genf, 18. Mai 2015 (LWI) – Eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Regionaltagung des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Trondheim (Norwegen) bot Einblicke in das ökumenische, anwaltschaftliche und interreligiöse Zeugnis der Kirchen in der europäischen Gesellschaft der Gegenwart.

Terje Solberg, Vorsitzender des norwegischen LWB-Nationalkomitees, gab eine Einführung in die Geschichte der Evangelisch-Lutherischen Freikirche Norwegens. Im Jahr 1876 sei bei einer Reihe Treffen diskutiert worden, ob es möglich sei, die Norwegische Kirche als Staatskirche auf rechte Weise zu reformieren. „Die Antwort war nein.“ So sei die Freikirche entstanden.

Über viele Jahrzehnte sei es in der Folge für die Freikirche schwierig gewesen, sich ökumenisch zu positionieren, angesichts eines von der Norwegischen Kirche als Staatskirche geprägten Kontextes und der gleichzeitigen Bestrebung, sich von anderen, neuen Konfessionen abzugrenzen.

„Aber die Zeiten haben sich geändert“, so Solberg. „Heute wirken wir aktiv an der ökumenischen Arbeit in Norwegen mit.“

Bischof Bjørn Roger Stien sprach über die aktuellen Herausforderungen und Erfolge seiner Kirche in seinem Zuständigkeitsbereich im Norden Norwegens. „Es geht darum, die Herzen der Menschen zu erreichen, die Menschen in ihrem Leben anzusprechen, dort wo sie sehen“, so Stien. Die Theologie müsse in der Verkündigung auf relevante Weise zum Ausdruck kommen und es brauche moderne Gottesdienstformen – dies habe Gemeinden der Freikirche Wachstum gebracht.

Der Präsident der Freikirche, Pfr. Jarle Skullerud, würdigte einerseits die ökumenische Orientierung der norwegischen Kirchen, erklärte aber: „Ich würde mir innerhalb unserer Konfession ein stärkeres Bewusstsein für die lutherische Lehre wünschen.“

Ein Symptom dieser Herausforderung sei der rasante Rückgang was biblisches Wissen und Glaubenspraxis selbst in christlichen Familien angehe. „Die Kirche muss den Eltern helfen, Hauskirche zu sein, ihre Kinder zu lehren und gute Vorbilder zu sein, an denen sie sich orientieren können.“

Skullerud bekräftigte weiterhin die Notwendigkeit einer nach aussen wirkenden Mission: „In Norwegen brauchen wir noch mehr Gemeinden, die sich ihrem Umfeld und besonders den Randbereichen der Gesellschaft aktiv zuwenden.“

Die Freikirche und die Norwegische Kirche waren Gastgeberinnen der Kirchenleitungskonferenz der europäischen LWB-Mitgliedskirchen vom 11. bis 14. Mai. Ihre Podien und sonstigen Sitzungen standen unter demselben Thema wie die Zwölfte LWB-Vollversammlung 2017 und das Reformationsjubiläum im selben Jahr: „Befreit durch Gottes Gnade“.

Umweltengagement in Rumänien

Pfarrerin Dr. Elfriede Dörr von der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien entführte die Zuhörenden im Rahmen ihres Vortrags auf eine virtuelle Tour durch ihre Kirche.

Unter anderen Beispielen zeigte sie Bilder von Protesten gegen ein von einem kanadischen Bergbauunternehmen verfolgtes Projekt, das das betroffene Gebiet in eine Kraterlandschaft verwandelt und die dort lebenden Menschen zur Umsiedlung gezwungen hätte.

Dörr berichtete, die Hinterlassenschaften hätten sehr zerstörerische Auswirkungen auf die Umwelt entfaltet und den Menschen wäre dadurch die Lebensgrundlage genommen worden. So gab es massive Proteste aller Bevölkerungsgruppen und selbst Frauen aus den Bibelkreisen hätten mitdemonstriert.

Interreligiöse Initiativen

Patricia Sophie Böckmann, eine Deutsche, die in Strassburg (Frankreich) lebt und studiert, ergriff zum Abschluss des Podiums als Mitglied der Vereinigung evangelischer Kirchen von Elsass und Lothringen sowie des Globalen Netzwerks junger ReformerInnen das Wort.

Böckmann beschrieb die internationale Prägung Strassburgs, wo viele Kulturen, Religionen und Weltanschauungen zusammentreffen. „Um zusammenzuleben, müssen wir interagieren und einander dabei helfen, die eigene Identität in und durch diese Interaktion zu definieren.“

Der Blick auf interreligiöse Initiativen unter Beteiligung von AnhängerInnen des Christentums, des sephardischen wie aschkenasischen Judentums, des Islam, des Atheismus und des Agnostizismus veranlasste Böckmann zu zwei Feststellungen: „Man muss offen sein für das, was der oder die Andere zu sagen hat.“ -   „Man muss sich auch selbst treu bleiben und die eigenen, einmaligen Überzeugungen wertschätzen.“

 

(Ein Beitrag von Ryan Rodrick Beiler, freier Journalist.)