Liberia: Bildung ist „Geheimnis hinter der Versöhnung“

27. Jan. 2020
Schüler des Ricks Institute spielen Football auf dem Schulgelände. Fotos: LWB/Albin Hillert

Schüler des Ricks Institute spielen Football auf dem Schulgelände. Fotos: LWB/Albin Hillert

„Waking the Giant“-Initiative der Kirchen arbeitet an Umsetzung der Agenda 2030

VIGINIA, Liberia/GENF (LWI) – Im über lange Jahre von Bürgerkriegen heimgesuchten Liberia ist heute der Bildungssektor einer der Hoffnungsträger. Heilung geschieht, weil neben den klassischen Unterrichtsfächern und der Vermittlung landwirtschaftlicher Kenntnisse auch Versöhnungsarbeit geleistet wird. Die Schulen, die früher den Opfern der Konflikte Zuflucht boten, vermitteln nun ganzheitliche Bildung an junge Menschen aus allen Teilen des Landes.

Mehrere dieser Schulen stehen in Trägerschaft von Mitgliedern des Liberianischen Kirchenrates. Er zeichnet seit 2018 für die Umsetzung der „Waking the Giant“-Initiative in dem westafrikanischen Staat verantwortlich, die der Lutherische Weltbund (LWB) aufgelegt hat. Die Initiative will die weltweit von Kirchen unternommenen Anstrengungen zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der von den Vereinten Nationen angestoßenen Agenda 2030 stärken und vernetzen.

Ganzheitliche Bildung umfasst Herz, Kopf und Hand

Bei ihrer diakonischen Arbeit setzen die liberianischen Kirchen einen besonderen Schwerpunkt im Bildungsbereich. Mehrere Mitglieder des Kirchenrates sind Trägerinnen von Schulen für Kinder aller Altersgruppen. Sie legen damit das Fundament für die Bildung zukünftiger Generationen in Liberia und leisten so einen Beitrag zu Nachhaltigkeitsziel 4, „Hochwertige Bildung“.

Mariama Z. Brown ist Direktorin der Mother Tegeste Stewart Apostolic Pentecostal Mission School in Montserrado County (Liberia).

 

Schuldirektorin Mariama Z. Brown in ihrem Büro in der Mother Tegeste Stewart-Schule.

Aktuell besuchen die Schule 486 Schülerinnen und Schüler vom Kindergartenalter bis zur 12. Klasse. Heute herrscht in Liberia Frieden, aber in der Schule ist die Erinnerung an die Auseinandersetzungen der jüngeren Vergangenheit noch sehr präsent.

„Die Mother Tegeste Stewart-Schule wurde ursprünglich 1995, im Ersten Bürgerkrieg, gegründet, um heimatlos gewordenen Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen“, erläutert Brown.

Im nahegelegenen Virginia betreibt die Liberia Baptist Convention das Ricks Institute, eine Schule mit Internat. Das Ricks Institute ist wesentlich älter als die Mother Tegeste Stewart-Schule, aber auch hier sind die Erfahrungen aus dem Bürgerkrieg prägend. „Im Zweiten Bürgerkrieg war das Schulgelände faktisch ein Flüchtlingslager, wo über 30.000 Menschen lebten“, erklärt der Direktor Dr. Olu Q. Menjay. „Heute findet wieder Unterricht statt - derzeit für 496 Schülerinnen und Schüler.“

 

Direktor Olu Menjay bei der Morgenandacht im Ricks Institute.

Junge Menschen aus ganz Liberia nehmen das Angebot einer „ganzheitlichen Bildung“ hier am Ricks Institute wahr.

An unserer Schule „sprechen wir über das Herz, den Kopf und die Hand“, führt Menjay aus. „Hier ist es egal, ob ein Kind Geld hat oder nicht, solange es motiviert ist, zu lernen.“

„Unsere Schule war dem Konzept einer ganzheitlichen Bildung immer verpflichtet“, betont Menjay und weist darauf hin, dass die Schülerinnen und Schüler neben dem klassischen Unterricht auch in verschiedenen landwirtschaftlichen Projekten mitarbeiten. „Zu sehen, dass unsere Schülerinnen und Schüler ihren Abschluss machen und sich dann in die liberianische Wirtschaft und Gesellschaft einbringen, ist eine beglückende Erfahrung“, stellt der Direktor fest.

„Aber ich glaube, unser pädagogischer Ansatz am Ricks Institute ist auch Teil des Geheimnisses hinter der Versöhnung seit dem Bürgerkrieg“, fährt er fort. „Wir haben hier Schülerinnen und Schüler, deren Eltern in den Bürgerkriegen gegeneinander gekämpft haben. Und ob die jungen Leute das wissen oder nicht, sie leben heute im gleichen Wohnheim, gehen in denselben Unterricht, spielen miteinander Football. Das trägt dazu bei, die von Stammesdenken und Vetternwirtschaft geprägten Sichtweisen aufzubrechen – eine der Erfolgsgeschichten unserer Einrichtung“, schließt Menjay.