Kirchenleitende in Europa freuen sich auf die Krakau-Vollversammlung

23. Mär. 2023

Gemeinsam mit Kirchenleitenden aus den drei europäischen Regionen diskutiert LWB-Generalsekretärin Anne Burghardt über Fortschritte und neue Herausforderungen auf dem Weg „von Windhuk nach Krakau“.

LWB-Generalsekretärin Anne Burghardt

LWB-Generalsekretärin Anne Burghardt spricht zu den Delegierten der Vorkonferenz in Oxford, Europa. Foto: LWB/A. Hillert 

LWB-Generalsekretärin blickt auf den Weg „von Windhuk nach Krakau“ zurück

(LWI) – Als „Friedensprojekt“ war der Lutherische Weltbund (LWB) im Jahr 1947 gegründet worden. Er hat Kirchen in Ländern zusammengebracht, die zuvor „auf beiden Seiten der Frontlinie gestanden hatten“. In ihrer Rede bei der ersten regionalen Vorversammlung in Europa, wo ein neuer Konflikt die größte Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst hat, befasste sich LWB-Generalsekretärin Anne Burghardt mit der heutigen Rolle der Organisation bei der Vorbereitung auf die Dreizehnte Vollversammlung in Polen.

In ihrer Botschaft an die Delegierten aus den drei europäischen Regionen des LWB sprach Burghardt über die „vier Gründungspfeiler“ der weltweiten Kirchengemeinschaft, die sich nach Kriegsende zusammengefunden haben, um gemeinsame Anstrengungen in den Bereichen Theologie, Mission, christliche Einheit und Flüchtlingsarbeit zu fördern. Neben der Notwendigkeit, sich der Not der Flüchtlinge anzunehmen, wies sie darauf hin, dass Kirchenleitende, die auf unterschiedlichen Seiten des Konflikts gestanden hatten, deshalb wieder zusammenarbeiten konnten, weil sie in der Vorkriegszeit bereits Freundschaften geknüpft hatten.“ „Unterschätzen Sie nie, wie wichtig es ist, zusammenzukommen“, unterstrich sie.

Heute, fünfundsiebzig Jahre später, sagte Burghardt den im Mansfield College in Oxford versammelten Teilnehmenden, spreche der LWB über diese Säulen mit Blick auf die „ganzheitliche Mission und ihre verschiedenen Aspekte von Verkündigung, Gottesdienst, öffentlichem Zeugnis und Diakonie“. Eine der Schlüsselaufgaben der Vollversammlungsdelegierten sei es, ein „Gleichgewicht“ zwischen diesen vier Aspekten der Mission zu gewährleisten und „die echten Fragen und Anliegen der Menschen in ihren Kirchen heute zu hören und zu verstehen.“

Vizepräsides Europa

Die Vizepräsidentin für Mittel- und Westeuropa, Pröpstin Astrid Kleist (l.), spricht gemeinsam mit Antje Jackelén und Urmas Viilma zu Delegierten aus Europa. Foto: LWB/A. Hillert

Im Zusammenhang mit der Vielfalt innerhalb und zwischen den einzelnen 149 Kirchen in der Gemeinschaft verwies Burghardt auf das Verhältnis zwischen deren Autonomie und der Notwendigkeit einer gegenseitigen Rechenschaftspflicht. Man stehe kurz davor, einen solchen „Rahmen für gegenseitige Rechenschaftspflicht“ zu entwickeln. Dabei werde der LWB als „Super-Verbindungsglied – super connector – zwischen den Mitgliedskirchen“ fungieren.

Diese Vielfalt kam auch in den Berichten der Vizepräsides der drei europäischen Regionen zum Ausdruck. Sie benannten die Prioritäten ihrer Kirchen im Vorfeld der Vollversammlung vom 13. bis 19. September. So verwiesen sie nicht nur auf gemeinsame Sorgen angesichts von Klimakrise, den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und sinkenden Mitgliederzahlen in den Kirchen, sondern auch auf unterschiedliche Sichtweisen zu Fragen der Geschlechtergerechtigkeit, der Sexualität und der Instrumentalisierung von Religion durch die Politik.

Vizepräsident für Osteuropa, Urmas Viilma

Der Vizepräsident für Osteuropa, Urmas Viilma, spricht zu Delegierten aus Europa. Foto: LWB/A. Hillert

Der estnische Erzbischof Urmas Viilma, Vizepräsident für die Region Mittel- und Osteuropa, sprach über den Krieg in der Ukraine und die aktuelle Reaktion der Kirchen in seiner Region auf die Flüchtlingskrise. Ferner blickte er auf das Thema der letzten Vollversammlung in Windhuk, Namibia, im Jahr 2017 zurück und stellte fest, dass damit der Blick bereits auf Klimagerechtigkeit als oberste Priorität für die Kirchen in allen LWB-Regionen gelenkt wurde.

Gleichzeitig, so Erzbischof Viilma weiter, führten Meinungsverschiedenheiten über Identität und Gender zu neuen Spannungen, während der Rückgang der Mitgliederzahlen in den meisten Kirchen der Region Fragen über die Rolle und den Auftrag von Christinnen und Christen in einer mehr und mehr säkularen Gesellschaft aufwerfe.

Antje Jackelén, Vizepräsidentin für die Nordische Region

Antje Jackelén, Vizepräsidentin für die Nordische Region, spricht zu den Delegierten aus Europa. Foto: LWB/A. Hillert

Für Pröpstin Astrid Kleist, Vizepräsidentin für die Region Mittel- und Westeuropa, ist die Pandemie ein „Wendepunkt“ für die Kirchen, insbesondere was die seelsorgerliche Arbeit mit Menschen anbelange, die unter Angstzuständen und psychischen Problemen leiden. Die Umstellung auf Online-Gottesdienste und Online-Seelsorge eröffne neue Möglichkeiten, hebe aber auch die noch vorhandene digitale Kluft hervor.

Kleist hob die jüngsten Fortschritte für Frauen in ordinierten Ämtern in Ländern wie Polen und dem Heiligen Land hervor, bedauerte aber gleichzeitig die Entscheidung einer anderen europäischen Mitgliedskirche, künftig keine Frauen mehr zu ordinieren. „Wir müssen in unseren Kirchen über Gendergerechtigkeit sprechen“, betonte sie und wies darauf hin, dass die LWB-Richtlinie zur Gendergerechtigkeit dieses Jahr zehn Jahre alt wird. Als Glieder des einen Leibes Christi, „dürfen wir uns gegenseitig nicht aufgeben“, sondern sollen „fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, und beharrlich im Gebet“ sein [Römer 12,12].

Die Vizepräsidentin für die Region Nordische Länder, Antje Jackelén, Erzbischöfin emerita der Schwedischen Kirche, sprach auch von der „Zurückdrängung der Frauenrechte, die, oftmals legitimiert durch religiöse Führer, instrumentalisiert werden“, um Unterdrückung und Diskriminierung zu fördern. Ethische Herausforderungen sieht sie auch in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz, „die Fragen nach Integrität und Demokratie aufwirft“, sowie in der Gefahr von Arbeitsplatzverlusten und sozialen Spannungen.

Burghardt drängte die europäischen Kirchenleitenden, mit Hilfe des Studienleitfadens der Vollversammlung weiter in ihren Gemeinden über das Thema der Dreizehnten Vollversammlung „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung“ nachzudenken. Nach einem Überblick über die Entwicklungen in verschiedensten Bereichen, wie etwa der Förderung von Jugendlichen, der Schulung von Leitenden, der Stärkung der LWB-Advocacy-Arbeit und der ökumenischen Zusammenarbeit, schloss sie mit folgenden Worten: „Hoffnung ist die Erfahrung des Geistes Gottes, der uns dazu bewegt, die Kluft zu überbrücken zwischen dem von Gott verheißenen allumfassenden Frieden und der Gerechtigkeit und der Wirklichkeit in der Welt.“

 

Die Dreizehnte Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes findet vom 13.–19.September 2023 in Krakau, Polen statt. Das Thema der Vollversammlung lautet „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung.“ Gastgeberin ist die Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen.

LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Katrin Knorr, Redaktion: LWB/A. Weyermüller