Haus-zu-Haus-Pflege von HIV-Kranken in Swasiland

27. Jul. 2016
Drei der Haus-zu-Haus-Pflegerinnen in Ezulwini, die Menschen mit HIV betreuen und unterstützen: Ellen Dlamini, Caroline Motsi und Thembisile Mncina. Foto: MKSA/B. Moyo-Bango

Three of the Ezulwini home-based carers, Ellen Dlamini, Caroline Motsi and Thembisile Mncina, bringing care and relief to people living with HIV. Photo: Methodist Church of Southern Africa/Bonginkosi Moyo-Bango

Betreuung der Familien, Maßnahmen gegen Stigmatisierung

MBABANE, SWASILAND, 15. Juli (LWI) – Als vor drei Jahren das lutherische Netzwerk der Haus-zu-Haus-Pflegedienste für Menschen mit HIV in Swasiland seine Arbeit aufnahm, war das dort tätige Personal genauso geächtet wie die Menschen, deren Pflege sie übernahmen.

Beim Ezulwini HIV- und Aids-Projekt arbeiten vier Pflegekräfte. Sie besuchen die mit der Krankheit lebenden Menschen zu Hause und bieten Pflegedienste an. „Als wir das Projekt vor drei Jahren ins Leben gerufen haben, fand das kaum Sympathien in der Gemeinschaft und wurde von den meisten Menschen abgelehnt“, sagte eine der Pflegerinnen, Ellen Dlamini. „In dem Moment, als wir den Mund aufmachten und erklärten, dass wir über HIV reden wollten, gingen uns die Menschen aus dem Weg oder haben uns hinausgeworfen".

Der Erfolg des Programms und die sich langsam verändernde Einstellung gegenüber der Krankheit haben aber letztlich zur Akzeptanz dieses Projekts geführt.

„Inzwischen werden wir akzeptiert, und die Menschen reden offen über ihren Zustand und über ihren Kampf gegen die Krankheit. Wir helfen uns gegenseitig, damit klarzukommen", berichtet Dlamini. „HIV und Aids waren immer dieses riesengroße Geheimnis, das jeder kannte, aber über das niemand sprechen wollte. Jetzt reden wir ganz offen darüber."

Hohe Infektionsrate

Gemessen an der Bevölkerungszahl Swasilands ist die Zahl der HIV-Infektionen eine der höchsten der Welt. Nach Erkenntnissen von UNAIDS lebten 2015 rund 200 000 Menschen der insgesamt 1,1 Millionen zählenden Bevölkerung mit HIV.

Nach Aussage des HIV- und Aids-Notstandsrates des Landes lebt ein Viertel der 15- bis 49jährigen mit HIV. Bei Frauen erreicht die Prävalenz 31 Prozent im Vergleich zu 20 Prozent bei den Männern.

Da das Land vielfach noch in seiner alten Kultur und Tradition verhaftet ist, stehen ungesunde Praktiken dem Fortschritt oft im Wege. Menschen mit Behinderungen sind oft Zielscheibe offener oder versteckter Diskriminierungen. Polygamie wird als Normalzustand akzeptiert. Die Last unbezahlter Pflegearbeit ruht weitgehend auf den Schultern der Frauen. Kinderehen bleiben eine nicht akzeptable soziale Norm.

Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Hygiene-Sets und Gartenwerkzeugen

Mit dem Ezulwini-Projekt keimt jedoch Hoffnung auf. Getragen wird sie von einer Gruppe selbstloser Frauen, die ihre Arbeit in den Dienst der Gemeinschaft stellen.  

Unter der Leitung der östlichen Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika betreuen die von staatlichen Krankenschwestern ausgebildeten Pflegekräfte die im Ezulwini-Tal im Nordwesten des Landes lebende Bevölkerung. Dort besuchen sie mindestens drei Mal in der Woche etwa 180 Personen. 

Im Rahmen dieser Haus-zu-Haus-Betreuung halten sie Kontakt zu allen Familien ihrer Gemeinschaft und sprechen über Gesundheitsthemen. Auf diese Weise finden sie heraus, wer ihre Hilfe benötigt, und verweisen die Betroffenen an das nächste Krankenhaus, wo sie sich testen lassen können und erforderlichenfalls auch behandelt werden. Alle besuchten Haushalte werden motiviert, sich auf HIV und Tuberkulose testen zu lassen.

Sie versorgen die Familien mit Lebensmittelpaketen und Hygiene-Sets, bilden die Menschen aus, die die Grundversorgung von Erkrankten zu übernehmen, und achten darauf, dass diese ihre Medikamente nach Vorschrift nehmen. Eine mobile Klinik hat den Vorteil, dass die Menschen nicht mehr lange Strecken zurücklegen müssen, um medizinische Hilfe zu bekommen oder sich testen zu lassen. „Sogar Jugendliche fragen bei uns inzwischen diese Tests nach“, berichtet Dlamini. 

Außerdem gibt es Unterweisungen in Gartenarbeit. Die Pflegerin Thembisile Mncina erzählt: „Wir bringen den betroffenen Familien bei, wie man im Hinterhof einen Garten anlegt, damit sie nicht allein auf Lebensmittelspenden angewiesen sind, sondern in Eigenleistung angebautes frisches Gemüse ernten können.“ Diese Gärten sorgen dafür, dass die Erkrankten über die Lebensmittel verfügen, die eine medizinische Behandlung unterstützen sollen.

Darüber hinaus zeigen die Frauen den für die Grundversorgung zuständigen Familienangehörigen, wie wichtig die Aufarbeitung belastender Erlebnisse und die Möglichkeit des Erfahrungsaustausches im Kampf gegen HIV sind.

Ständige Unterstützung

Zwar sind Stigmatisierung und Diskriminierung weiterhin die wichtigsten Hindernisse einer wirkungsvollen HIV- und Aids-Bekämpfung, aber die Pflegekräfte stellen bei den Menschen eine zunehmende Akzeptanz der Erkenntnis fest, dass Menschen mit HIV ein gesundes Leben führen können, wenn die Krankheit gut behandelt wird.

Das Projekt hat ebenfalls bewirkt, dass ein großer Teil der Menschen, die ihre Behandlung abgebrochen haben, ihre Meinung geändert hat und die Medikamente jetzt nach Vorschrift einnimmt.

„Wir haben keine Probleme mit der Therapietreue, denn wenn es im Haushalt eine Person gibt, die für die Grundversorgung zuständig ist, dann achtet sie darauf, dass Arzneimittel nach Vorschrift genommen werden. Gibt es diese Person nicht, dann achten wir selbst darauf", sagt die Pflegekraft Caroline Motsi.

Das Programm zur Verhinderung der Übertragung der Krankheit von der Mutter auf das Kind ist erfolgreich – die meisten der kleinen  Waisenkinder, um die sich die Klinik inzwischen kümmert, sind HIV-negativ, so Motsi.

„Die Krankenhäuser, zu denen wir die Menschen schicken, achten darauf, dass alle schwangeren Frauen getestet werden. Solange sie während der Schwangerschaft den Behandlungsplan einhalten, ist die Chance groß, dass immer weniger Babys mit HIV zur Welt kommen.

Die Mitarbeiterinnen des Projektes erkannten ebenfalls die Bedeutung der Betreuung  einer stetig zunehmenden Zahl von HIV-positiven Kindern und Waisen, da immer mehr Kinder auf einmal die Aufgabe des Haushaltsvorstands übernehmen müssen.

Ntfombenhle Dlamini, 65, profitiert von diesem Projekt. Sie ist HIV-positiv und kümmert sich um vier Enkelkinder im Alter zwischen vier und siebzehn Jahren, deren Eltern an Aids-bedingten Krankheiten gestorben sind.

Sie weiß die „beständige Hilfe“ durch die Pflegekräfte zu schätzen – die Nahrungsmittel, das Saatgut und die Carepakete. Allerdings bleibt es für sie problematisch, genug Wasser für ihren Garten zu bekommen. Ihre Enkelkinder müssen große Strecken bis zur nächsten Wasserstelle zurücklegen und transportieren das Wasser in Eimern auf ihren Köpfen, sagt sie.

Zukunftsperspektiven

Die Ezulwini-Gemeinschaft hat beachtliche Fortschritte erzielt und vielen Menschen geholfen. Die Gärten haben zu mehr Ernährungssicherheit für die Kranken geführt, und die offenen Gespräche über HIV und Aids haben bewirkt, dass sich immer mehr Menschen testen und behandeln  lassen.

Allerdings ist das Projekt beständig durch Pläne der Kirche gefährdet, die Finanzierung zu beenden und diese Mittel für andere drängende Problem wie Armut, Dürre und Arbeitslosigkeit zu verwenden.

Bis vor kurzem erhielten die Pflegekräfte monatlich eine Unterstützung von 500 Südafrikanische Rand ($450). Sie arbeiten nun ohne Vergütung, da sie sich verpflichtet haben, ihren Mitmenschen zu helfen. Dafür nehmen sie tägliche Fußmärsche von mehreren Kilometern in Kauf, um Familien zu betreuen, zu denen sie tiefe emotionale Bindungen aufgebaut haben.

Die Menschen von Ezulwini sind in der Lage, ihre Probleme selbst zu bewältigen, sind aber nach wie vor auf Wegbegleitung und Unterstützung angewiesen. Jeden Tag gibt es neue Erfolgsgeschichten von Patientinnen und Patienten, die noch vor kurzem bettlägerig waren, aber inzwischen wieder zur Arbeit gehen und Beispiele der Hoffnung und Vorbilder ihrer Gemeinschaften für eine bessere und gesündere Zukunft sind.

(Bearbeiteter Bericht der Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika.)