Einsatz für Rechte von Frauen und Mädchen in Malawi

23. Okt. 2023

Eine ökumenische Schulung für die Advocacyarbeit für Menschenrechte hilft Menschen, die sich in Ländern wie Malawi für Gendergerechtigkeit einsetzen, sich neue Kompetenzen anzueignen und ein Netzwerk von Gleichgesinnten aufzubauen und zu nutzen. 

Pfarrerin Bertha Godfrey Munkhondya

Pfarrerin Bertha Godfrey Munkhondya. Foto: LWB/M. Renaux

Pfarrerin Bertha Munkhondya: Neue Kompetenzen und Hoffnung

(LWI) – Bertha Godfrey Munkhondyas Kindheit war sehr anders als die Kindheit der meisten Mädchen in ihrem Heimatdorf Chisenga im Distrikt Chitipa im Norden Malawis. Sie war das älteste Kind in einer Familie mit vier Töchtern und zwei Söhnen und wurde immer ermutigt, zu studieren und ihre Träume zu verfolgen – und das in einem Land, in dem nur 13 Prozent der Mädchen eine weiterführende Schule abschließen und mehr als 40 Prozent der Mädchen verheiratet werden, bevor sie 18 Jahre alt sind. „Ich danke Gott, dass meine Eltern uns nicht nach einem anderen Verständnis der Geschlechterrollen erzogen haben“, sagt sie und erzählt, dass auch ihre Brüder lernen mussten, zu kochen und bei anderen Aufgaben im Haushalt zu helfen. 

Nach dem erfolgreichen Abschluss der weiterführenden Schule hat Munkhondya an der Tumaini-Universität Makumira in Tansania Theologie studiert. Im September 2021 wurde sie als erste – und bisher einzige – Frau von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Malawi zur Pastorin ordiniert. Sie leitet eine Gemeinde in der Haupstadt Lilongwe und ist stellvertretende Pfarrerin des lutherischen Doms in der Stadt. Zudem ist sie Beauftragte ihrer Kirche für Gendergerechtigkeit und war vergangene Woche in Genf, um an der alljährlichen Schulung für die Advocacyarbeit für Menschenrechte teilzunehmen. 

Die Schulung wird vom Lutherischen Weltbund (LWB) und dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Zusammenarbeit mit Finn Church Aid und Norwegian Church Aid organisiert. In diesem Jahr haben rund 30 Frauenrechtsaktivistinnen und -aktivisten aus aller Welt daran teilgenommen. Sie haben die Advocacyarbeit für Gendergerechtigkeit der Vereinten Nationen kennengelernt und erkundet, wie ihre Arbeit von einer Vernetzung mit nationalen, regionalen und internationalen Plattformen profitieren und sie in ihrem Wirken unterstützen kann. 

Treffen mit Mitgliedern der CEDAW-Kommission 

Im Rahmen der Schulung vom 17. bis 20. Oktober fand auch ein Besuch bei den Vereinten Nationen statt, um an einer Sitzung des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) teilzunehmen, bei der die Fortschritte in Bezug auf die Frauenrechte in Malawi erörtert wurden. Die Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, im Rahmen eines informellen Mittagessens einige der Fachleute kennenzulernen, die Mitglied in diesem Ausschuss sind und regelmäßig untersuchen, ob und inwieweit die verschiedenen Ländern den Verpflichtungen nachkommen, die sie mit der Ratifizierung des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau eingegangen sind. 

Munkhondya setzt sich aktiv für die Rechte von Frauen und Mädchen ein und nutzt dafür Bibelarbeitsgruppen und Hausbesuche, um gegen traditionelle Praktiken und patriarchalische Vorstellungen zu kämpfen, die in ihrem Heimatland immer noch vorherrschen. „Mädchen sind besonders vulnerabel, vor allem in den ländlichen Gebieten, weil die meisten Eltern immer noch lieber ihre Söhne in die Schule schicken, und die Erziehung der Mädchen sie von ihren Vätern, Brüdern oder Ehemännern abhängig macht“, berichtet sie. 

„Manche Frauen verkaufen Gemüse und haben kleine Unternehmen, aber ihre Ehemänner drohen ihnen oft mit Scheidung, wenn sie ihre Berufstätigkeit nicht aufgeben“, sagt sie weiter. „Auch biblische Texte werden benutzt, um Frauen zu lehren, dass sie in der Kirche nicht sprechen sollen und dass sie nichts infrage stellen sollen, was ihre Ehemänner sagen. Viele Frauen können die Bibel selbst nicht lesen und glauben daher alles, was der Pastor ihnen sagt“, führt sie aus. 

Stipendiatin der Hélène Ralivao-Stiftung 

Im Verlauf des vergangenen Jahres hat Munkhondya den Einfluss biblischer Lehren auf geschlechtsspezifische Gewalt in Malawi untersucht. Sie hat dafür ein Stipendium der Hélène Ralivao-Stiftung des LWB erhalten, die 2021 im Andenken an die madagassische Theologin und Pionierin und deren Engagement für die Rechte von Frauen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent begründet wurde. Von Menschen, die ihr Engagement für die Zurüstung von Frauen zu mehr Selbstbestimmung und die Unterstützung von Frauen für größere finanzielle Unabhängigkeit ablehnen, ist Munkhondya schon mehrfach bedroht worden.

„Eines der größten Probleme ist, dass die Familien von vielen Männern die Rückgabe von Grund und Boden fordern, wenn ein Ehemann stirbt, selbst wenn die Frau ebenfalls zur Finanzierung beigetragen hat“, erklärt sie. Denn obwohl es in Malawi eine nationale Grundstücksgesetzgebung gibt, in der festgeschrieben ist, dass auch Frauen das Recht haben, Land zu besitzen, sind die traditionellen Praktiken noch weit verbreitet. Frauen werden oftmals sogar gezwungen, sich so genannten Witwen-Reinigungs-Ritualen zu unterziehen, bevor sie in ihre Ursprungsfamilien zurückgeschickt werden.

„Die Kirche versucht, einige dieser Frauen zu unterstützen und zahlt zum Beispiel das Schulgeld, wenn sie Kinder haben“, erklärt Munkhondya. „Außerdem versuchen wir die Menschen zu sensibilisieren und Bewusstsein zu schaffen, damit die Frauen ihre Rechte kennen. Ich arbeite mit den Ortsgemeinden unserer Kirche und erkläre den Menschen, dass sie sich an ihren Pastor oder mich wenden können, wenn sie Unterstützung brauchen. Es gibt noch viel zu tun, aber wir können auch einige Erfolgsgeschichten verbuchen, wo wir Frauen geholfen haben, ein eigenständiges Leben zu führen.“

Nach ihrer Teilnahme an der Schulung für Advocacy-Arbeit kehrt Munkhondya mit vielen neuen Ideen und neuem Material und einem Netzwerk aus Freundinnen und Freunden nach Malawi zurück, mit denen sie sich über ihre Erfolge und Sorgen austauschen kann. Regierungsvertreterinnen und -vertreter ihres Heimatlandes bei den Vereinten Nationen zu treffen hat für sie hervorgehoben, wie wichtig es ist, diese Themen auf globaler Ebene anzugehen, weil der davon ausgehende Druck dabei helfen kann, Veränderungen herbeizuführen. „Eine Erkenntnis, die ich mit nach Hause nehme, ist, dass wir niemals die Hoffnung aufgeben dürfen, sondern unser Engagement fortführen müssen, bis wir unsere Ziele erreicht haben“, sagt Munkhondya abschließend.

LWB/P. Hitchen