Indonesien: Kreditgenossenschaft verhilft Start-Ups zum Erfolg

14. Okt. 2014
Elfrieda Turnip und ihre Tochter Joanna haben den CUM-Kredit genutzt, um ihre Motorradwerkstatt voran zu bringen. Foto: LWB/C. Kästner

Elfrieda Turnip und ihre Tochter Joanna haben den CUM-Kredit genutzt, um ihre Motorradwerkstatt voran zu bringen. Foto: LWB/C. Kästner

Kirchliche Initiative hilft kleinen Unternehmen und eint Bauern

(LWI) – Für Smalltalk hat Elfrieda Turnip keine Zeit. Die Besitzerin einer kleinen Motorradwerkstatt ist sehr beschäftigt. Drei junge Männer stehen mit ihren reparaturbedürftigen Motorrädern vor dem Eingang; einer von ihnen braucht ein spezielles Ersatzteil. Zwei Kfz-Mechaniker knien auf dem Boden und drehen mit öligen Händen an Schrauben. Der heisse Sommernachmittag ist erfüllt vom Geruch nach Motorenöl und Metall. Die Geschäfte laufen gut.

Dennoch nimmt sich Frau Turnip Zeit, zu erklären, wie sie zur erfolgreichen Geschäftsfrau wurde. Die Motorradwerkstatt habe es bereits seit Jahren gegeben, genauso wie viele ähnliche Werkstätten in der Strasse. In Indonesien sind Motorräder eins der wichtigsten Transportmittel, Reparaturwerkstätten säumen die Strassen. Der Unterschied zu den anderen sei jedoch, dass die Werkstadt von Elfrieda Turnip über einen Lagerraum voller Ersatzteile verfüge. Ein Kredit der Credit Union Modifikasi (CUM), einer Bank, die der der Protestantisch-Christlichen Simalungun-Kirche (GKPS) gehört, hat es ihr ermöglicht, die Teile im Vorhinein zu kaufen, anstatt sie erst dann zu bestellen, wenn sie gebraucht werden. „Ich habe jetzt mehr Kunden, weil sie wissen, dass wir gut ausgestattet sind“, erklärt sie. „Wir können es uns leisten, teure Ersatzteile auf Lager zu haben, die uns dann gleich zur Verfügung stehen, wenn wir sie brauchen. Unsere Kunden brauchen nicht zu warten, bis wir die Teile bestellt haben.“

Die Geschäftsidee der Kunden prüfen

Elfrieda Turnip ist Mitglied der örtlichen GKPS-Gemeinde, doch das war nicht der einzige Grund, ihr einen Kredit zu gewähren. Offenbar hat ihr Businessplan das Management überzeugt, erklärt Pfr. Liharson Sigiro, der CUM-Manager: „Wir bieten Konsumentenkredite an – für den Fall, dass jemand Schulgeld bezahlen oder ein Motorrad kaufen muss – und solche zur Gründung von Unternehmen. Bevor wir einen Kredit gewähren, überprüfen wir jedoch, wie der oder die Antragstellende das Geld einzusetzen gedenkt.“

Die CUM arbeitet nach einem für eine Kreditgenossenschaft typischen System. Man zahlt in der Regel zunächst eine bestimmt Summe ein und wird so Mitglied der CUM. Erst dann kann man selbst einen Kredit beantragen. Ein Kredit umfasst maximal 15 Millionen indonesische Rupiah, das sind weniger als 150 Euro. Die Zinsen für einen Kredit liegen bei einem Prozent. Und dennoch ist es etwas anderes. „Es ist nicht wie bei einer Bank“, sagt Turnip. „Bei einer Bank müssen wir eine Menge komplizierter Unterlagen vorlegen. Hier kann ich einfach einen Kredit bekommen, weil ich Mitglied der Genossenschaft bin und einen bestimmten Betrag eingezahlt habe. Wir werden sehr gut behandelt.“

Ein Konto zu eröffnen, ist nicht obligatorisch, doch Elfrieda Turnip ist sehr zufrieden mit ihrer Investition. „Wir bekommen für unsere Einlagen auch Zinsen“, sagt sie. „So wird das Geld jeden Monat mehr!“

Stabilität für bäuerliche Familien und VerbraucherInnen

Kreditgenossenschaften scheinen auch für die Kirchen ein Erfolg zu sein. Laut Sigiro hat die GKPS vier ähnliche Unternehmen, „und unseres ist dabei nicht das grösste“. Ziel ist es, 20 Prozent der 220 000 GKPS-Mitglieder für das Projekt Kreditgenossenschaft zu gewinnen. Die meisten Mitglieder haben kleine oder mittlere landwirtschaftliche Betriebe; in diesem Bereich sieht CUM ihren Hauptnutzen. Sie vereint kleine bäuerliche Familien in einem Kollektiv zum Kauf und Verkauf von Saatgut. „Normalerweise würde jeder Bauer und jede Bäuerin seine oder ihre Ernte einzeln verkaufen, und jeder würde den Preis dafür einzeln verhandeln“, sagt Sigiro. „Wenn sich die Bauern aber zusammen tun, dann können sie einen besseren Preis für ihre Waren erzielen.“ Die CUM kauft Reis auf und exportiert ihn nach Australien. „Sie garantiert stabile Preise und sorgt für Abnehmer“, erklärt Sigiro. „Und auch für die Verbraucherseite ist die Qualitätskontrolle besser.“

Gegründet wurde die CUM im November 2006. Inzwischen zählt sie 9 730 Mitglieder. Ihr Hauptsitz ist ein Lagerraum wie der, in dem Elfrieda Turnips Werkstatt ist. Den grössten Teil der Fläche nehmen Regale mit grünen und violetten Ordnern ein. Die meisten, aber nicht alle Kunden sind Mitglieder der GKPS-Kirche. Manager Sigiro betont, dass etliche von ihnen anderen Konfessionen angehören und etwa ein Prozent Moslems sind. „Ihr Glaube ist uns egal, solange sie sich an die Regeln halten“, sagt er.