Zwischen den Fronten

18. Aug. 2017

Welttag der humanitären Hilfe 2017

GENF (LWI) – In den vergangenen Jahren ist der Raum für humanitäre Hilfe und Helfende kontinuierlich kleiner geworden. Zivilisten und Entwicklungshelfer geraten zwischen die Fronten. Der Schutz des Lebens und der Würde von Menschen in Krisengebieten ist notwendiger denn je. Der Lutherische Weltbund (LWB) ist in einigen der unsichersten Umfelder der Welt und in einigen der größten Flüchtlingskrisen tätig.

Anlässlich des Welttages des humanitären Hilfe am 19. August sprechen Flüchtlinge und LWB-Außenmitarbeitende aus dem Südsudan, dem Nordirak, Kenia, Uganda und Äthiopien in der folgenden Fotoreportage über ihre Erfahrungen.

Fotos: LWB/C. Kästner, Seivan Salim, Elma Okic, Schwedische Kirche/Therése Naomi Jonsson


„Bereits vor der Mosul-Offensive gab es Kämpfe und Bombardierungen in diesem Gebiet. Das geht schon seit Monaten so. Wir haben Menschen gesehen, die aus dem Gebiet um die Stadt Mosul flohen, und haben sie mit Hilfsgütern versorgt.“

LWB-Mitarbeiter im Nordirak

 

„Die Situation verschlechterte sich von Tag zu Tag. Wir sind weggegangen, nachdem meine Mutter und mein Vater von einer Granate getötet wurden. Wir hatten einen Bauernhof, Tiere, ein Stück Wald. Die Miliz kam und nahm alles. Selbst in unseren eigenen Häusern konnten wir vor Angst nachts nicht schlafen.“

Yusuf Mohamed Ali (42), Vater von neun Kindern und somalischer Flüchtling, floh 2007 aus Bey Dedawa

 

„Es herrscht vollkommene Gesetzlosigkeit. Sogar Vergewaltigung wird als etwas Normales angesehen. Viele Flüchtlinge haben auf der gefährlichen Reise durch den Busch geschlechtsspezifische Gewalt erlebt, und das am häufigsten, als sie sich noch im Südsudan befanden. Es ist schwer, jemanden in diesem Zustand zu sehen. Aber die Menschen suchen Halt bei mir, und ich darf mir nicht anmerken lassen, wie sehr mich ihre Erlebnisse und diese Situation bewegen.“

Annet Nansubuga, örtliche LWB-Mitarbeiterin, Uganda

 

„Als ich auf die Landmine trat, überkam mich große Angst. Die Explosion riss meinen Arm und mein Bein hoch, wie in einem Film. Ich stand einfach da, benommen, halb taub, mir war schwindelig. Dann fiel ich zu Boden. Ich konnte fühlen, wie ein warmer Schwall von Blut meinen Stiefel füllte, und versuchte aufzustehen. Es dauerte einen halben Tag, bis ich medizinisch versorgt wurde.“

Cristo Perez, Landminen-Überlebender, Kolumbien

 

„Dort, wo wir wohnen, kämpfen die Leute unaufhörlich. Also rennen wir weg, sobald sich die Gewehrschüsse nähern. Wenn alles ruhig ist, kehren wir zurück, und rennen wieder weg, sobald wir hören, dass die Kampfhandlungen sich nähern. Es gibt keine Ruhe. Menschen müssen zusehen, wie ihre Nachbarn erschossen werden.“

Santina Philipp (60) aus dem Südsudan

 

„Unter den Flüchtlingen befinden sich viele allein reisende Kinder. Die Familien schicken ihre Söhne weg, um zu verhindern, dass sie von den Milizen als Kindersoldaten zwangsrekrutiert werden.“

Andrew Wekesa, Manager des LWB-Aufnahmezentrums im Flüchtlingslager Kakuma in Kenia

 


„Ich wohnte zwei Monate lang bei diesem Mann, seiner Frau und seinen Kindern. Jedes Mal, wenn ich nach meiner Familie fragte, schlug er mich. Er vergewaltigte mich in seinem Haus, doch seine Frau sagte nur: ‚Sie ist eine Ungläubige, du kannst mit ihr machen was du willst.‘“

Asna (17), eine Jesidin aus dem Nordirak (Das Bild zeigt ein Beratungsgespräch aus einem der LWB-Zentren, die psychosoziale Hilfe für Frauen im Nordirak anbieten)

 

„Früher war ich Fahrer in Mogadischu. Als der Bürgerkrieg ausbrach, kamen Männer in Uniform und nahmen mir mein Auto weg. Sie versuchten, mich zu töten. Ich konnte zwar entkommen, doch sie eine Kugel traf mein rechtes Knie. Die Narbe ist noch immer zu sehen.“

Jama Hasan Aden (47), Bäcker im Flüchtlingslager Sheder in Äthiopien

 

„Während des jahrzehntelangen bewaffneten Konflikts war es für uns oft zu gefährlich, auf unsere Felder zu gehen. Wenn bewaffnete Gruppen in der Gegend aktiv waren, kursierten Berichte über Vergewaltigungen und Zwangsrekrutierungen. Manchmal kamen Hubschrauber und warfen Bomben ab. Wir hatten nicht genug zu essen, wir konnten nicht auf die Jagd gehen. Wir fühlten uns nicht frei und hatten ständig Angst. Jetzt, wo wir wissen, dass die Regierung und FARC (Bewaffnete Revolutionsstreitkräfte Kolumbiens, eine Rebellengruppe) das Friedensabkommen unterzeichnet haben, ist es besser. Aber es ist noch immer ungewiss, was mit den paramilitärischen Gruppen passieren wird.“

Iloriza Cabrera Tunas, Bäuerin im Departamento del Chocó, Kolumbien

 

„Sie haben vor drei Jahren auf mich geschossen. Mein Bein musste amputiert werden. Jetzt kommen sie, brennen Häuser nieder und töten Menschen. Wenn sie dich zuhause vorfinden, bringen sie dich um. Wir haben gesehen, wie die Häuser unserer Nachbarn in Flammen aufgingen. Wir sind daraufhin geflohen. Wir haben nur Kleider mitgenommen. Du kannst nicht viel tragen, wenn du rennst. Wir konnten kaum glauben, dass wir lebend davongekommen waren.“

Salim Elia (22), aus der Demokratischen Republik Kongo

 

„Ich habe gerade meinen Ehemann im Krieg verloren. Ich war schwanger, als ich mit meinen fünf Kindern fliehen musste. Mein Sohn Asante Dia – übersetzt ‚Vaterlos‘ – kam auf der Flucht im Busch auf die Welt. Unsere Füße waren geschwollen, meine Kinder und ich waren durstig und hungrig, aber wir konnten nicht zurück. Unsere einzige Option bestand darin, zu laufen bis wir in Sicherheit waren. Ich wollte, dass meine Kinder weit weg vom Geräusch von Gewehrschüssen aufwachsen. Ich wollte Dia und seine fünf Geschwister in Frieden großziehen.“

Betty Faiza (36), aus dem Südsudan