Zeugin und Zeuge sein – eine Herausforderung für Europa

13. Jun. 2018
Erzbischöfin Antje Jackelén hält ihr Grundsatzreferat bei der Vollversammlung der KEK in Novi Sad (Serbien). Foto: KEK/Mladen Trkulja

Erzbischöfin Antje Jackelén hält ihr Grundsatzreferat bei der Vollversammlung der KEK in Novi Sad (Serbien). Foto: KEK/Mladen Trkulja

LWB-Vizepräsidentin Jackelén hält Grundsatzreferat auf der KEK-Versammlung

Novi Sad (Serbien)/Genf (LWI) – "Zeugnis geben bedeutet Heilung, auch in Situationen, in denen wir gezwungen sind, uns zu widersetzen, zu hinterfragen, zu streiten; selbst wenn die Botschaft des Evangeliums uns in Kontroversen führt", sagte Erzbischöfin Dr. Antje Jackelén von der Kirche von Schweden und Vizepräsidentin für die Nordische Region des Lutherischen Weltbundes (LWB) in einer Grundsatzrede auf der Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) am 4. Juni in Novi Sad (Serbien).

Das Zeugnis der Kirche: ganzheitlich und öffentlich

"Das gemeinsame Zeugnis der Kirche ist sowohl ganzheitlich als auch öffentlich", sagte Jackelén. "Zu Gottes ganzheitlicher Mission gehört die Verkündigung des Evangeliums, die Diakonie, der Dienst am Nächsten und die gegenseitige Nächstenliebe, das Eintreten für Menschenwürde, Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung sowie für die Integrität der Schöpfung".

"Das gemeinsame Zeugnis der Kirche ist öffentlich, denn Gott ruft die Kirche auf, sich im öffentlichen Raum zu engagieren", so Jackelén. Sie empfahl das Dokument "Die Kirche im öffentlichen Raum", das 2016 vom LWB verabschiedet wurde, um dem nachzugehen. Sie zitierte die "ABC des Engagements der Kirche im öffentlichen Raum" aus diesem Dokument und wies darauf hin, dass Kirchen öffentliche Themen auf partizipative Weise diskutieren, Beziehungen des Vertrauens aufbauen, gegen Ungerechtigkeit vorgehen, Zeichen der Hoffnung entdecken und Menschen in Not stärken sollten. Dies sei besonders wichtig für Christinnen und Christen in einem Minderheitenkontext.

Zeuge von "göttlicher Unzufriedenheit" und "göttlicher Überraschung".

Jackelén identifizierte "das Fehlen einer glaubwürdigen Hoffnung" als Ursache für vier Gefahren unserer Zeit: Polarisierung, Populismus, Protektionismus (oft als Nationalismus manifestiert) und Post-Wahrheit.

Dann beschrieb sie das "Was" und das "Wie" des Zeugnisses, eines aus der Motivation der "göttlichen Unzufriedenheit" und eines als von "göttlicher Überraschung" getrieben.

Martin Luther King, davon ist sie überzeugt, ist ein Zeuge "getrieben von göttlicher Unzufriedenheit". Die schwarze Gemeinschaft in den USA suchte bei der schwarzen Kirche nicht nur nach geistlicher Nahrung in Chorälen und Gebeten, sondern auch nach Führung und sozialer und politischer Unterstützung. Sie brauchte ein ganzheitliches und öffentliches Zeugnis.

Eine "von göttlicher Überraschung getriebene Zeugin" fand sie in der Figur der "Miss Cleopas", die sie in einer äthiopischen Ikone der biblischen Geschichte von Emmaus sah. Die Person, die Kleopas auf dem Weg nach Emmaus als "Person aus seinem Haus" begleitet, könnte seine Frau gewesen sein, argumentierte Jackelén.

"Ich halte es für eine gute Idee, zusammen mit dieser äthiopischen Ikonenmalerin die Augen für Miss Cleopas und ihr Zeugnis zu offen zu halten und auf die in der Geschichte unserer Kirchen unsichtbar gemachten Miss Cleopasses zu achten. Sie sind da. In großer Zahl."

"Lasst uns sie bei ihren Namen nennen“, rief sie die Delegierten auf. „Lasst uns ihre Gaben als Zeugen des Evangeliums bekräftigen und sie voll am Dienst der Gemeinde teilhaben lassen. Denn an jenem Ostersonntag waren tatsächlich zwei Jünger an diesem Tisch in Emmaus."

"Möge Gott unser Zeugnis mit Demut und Offenheit, mit gutem Mut zum Sprechen und ausgezeichneten Zuhörfähigkeiten segnen! Um der Heilung willen", schloss sie ihre Rede vor der KEK-Vollversammlung.

Die Vollversammlung der KEK fand vom 31. Mai bis 6. Juni 2018 in Novi Sad, Serbien, statt. Rund 500 Delegierte und Gäste aus verschiedenen Konfessionen in ganz Europa – Lutheraner, Reformierte, Vereinigte, Orthodoxe, Anglikaner, Methodisten, Baptisten und andere – trafen sich unter dem Thema "Ihr werdet meine Zeugen sein" (Apg. 1,8) mit den drei Unterthemen "Gastfreundschaft", "Gerechtigkeit" und "Zeugnis".

 

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