Von stummem Leid zur Fürsprache für soziale Veränderungen

4. Dez. 2018
Eine Gruppe von Teilnehmenden am LWB-Programm für transformative Bildung für befreite Haliyas in Baitadi, Nepal. Fotos: LWB Nepal

Eine Gruppe von Teilnehmenden am LWB-Programm für transformative Bildung für befreite Haliyas in Baitadi, Nepal. Fotos: LWB Nepal

LWB-Programm mit der Haliya-Gemeinschaft in Nepal setzt sich für Frauenrechte und Bildung ein

Kathmandu, Nepal/Genf (LWI) – Die 30 Jahre alte Basanti Mahar aus dem Dorf Bashulinga in Nepal erzählt, dass die Gespräche mit anderen Frauen über häusliche Gewalt infolge von Alkoholmissbrauch in ihrer Gemeinschaft ihr Leben und das gesamte Dorf verändert hätten.

Die Frauen in dem Dorf in dem weit im Westen des Landes gelegenen Bezirk Doti haben selbst erfahren, welche Wendung ihr Leben nahm, nachdem sie sich über ihre Rechte im Klaren geworden waren. In den Jahren zuvor hatten sie schweigend Erniedrigungen, physische Gewalt und seelische Misshandlungen erlitten. Es gab niemanden, der an ihrem persönlichen Schicksal interessiert war.

Nach Einrichtung eines Programms für transformatorische Bildung (TEP) mit Unterstützung des Lutherischen Weltbundes (LWB) Nepal, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika und dem örtlichen Partner Rastriya Mukta Haliya Samaj hat sich dieses Szenario verändert. „In unserem Dorf ist es jetzt wie im Himmel“, sagte Mahar.

TEP wurde im Mai 2018 aus der Taufe gehoben und ist als ein Projekt mit einer Laufzeit von neun Monaten geplant. Es soll Frauen Bildung vermitteln und Aufklärungsarbeit leisten. Zunächst wurde für die Frauen der befreiten Haliya-Gemeinschaft ein Forum der Begegnung eingerichtet, auf dem sie über ihre persönlichen Nöte berichten und herausfinden können, wie sie am besten mit ihrer Situation umgehen sollten.

„Ich habe nicht nur Lesen und Schreiben gelernt, sondern auch Mathematik, und ich weiss jetzt, wie man mit einem Mobiltelefon umgeht“, erzählt Mahar. „Ich kann jetzt auch meine Anliegen aussprechen und bin fähig, einen Dialog in meinem Sinne zu führen. Ich habe kein Problem mehr, welches Thema auch immer mit einer beliebigen Person zu diskutieren.“

Führende Gemeinschaftsmitglieder haben TEP als eines der erfolgreichsten Programme im Interesse der oftmals zur Schuldknechtschaft gezwungenen Arbeitskräfte in dem ländlichen Bezirk in Nepal bezeichnet. Jay Ram Luhar, eines der führenden Mitglieder in der Haliya-Gemeinschaft, weist auf die Bedeutung dieses Programms hin und berichtet, dass 35 Prozent der Frauen in der Gemeinschaft Opfer häuslicher Gewalt seien. Da eine möglichst ausgewogene Beteiligung von Männern und Frauen für den Erfolg des Projekts von entscheidender Bedeutung ist, sind von den 40 teilnehmenden Personen 25 Frauen und 15 Männer.

Eine sichere Umgebung für gemeinsame Aktionen

Nachdem die Frauen die Gelegenheit hatten, ihre Erfahrungen in einer sicheren Umgebung auszutauschen und einander zuzuhören, fingen sie an zu verstehen, dass fast jede von ihnen körperlicher Gewalt und seelischer Misshandlung infolge des Alkoholmissbrauchs ihrer Ehemänner ausgesetzt war.

Die Frauen baten zunächst die Männer in ihrer Gemeinschaft um Hilfe, dieser Beistand wurde ihnen jedoch verweigert. Danach forderten sie von den örtlichen Behörden, der Polizei oder der Bezirksverwaltung, das Spirituosengeschäft im Dorf zu schließen. Alle diese Versuche zeigten keine Wirkung.

„Schließlich haben wir der Gemeinde ein Ultimatum gestellt, den Alkoholladen zu schließen. Dies wurde dann auch entsprechend unserer Forderung verfügt“, berichtet Mahar und erwähnt in diesem Zusammenhang den Nutzen des Qualifizierungsprogramms des LWB.

Die Frauen gingen noch einen Schritt weiter und beschlossen nun, Gewaltakte und Alkoholmissbrauch mit Strafen zu sanktionieren. Danach gab es einen drastischen Rückgang der Fälle häuslicher Gewalt, und das Dorf wurde zu einer friedlichen Gemeinschaft. „In den vergangenen zwei Monaten ist unser Dorf ein ruhiger Ort geworden, und die Frauen schlafen in Frieden“, stellte Mahar fest.

„Niemand wird zurückgelassen“

Die Durchführung des Programms für transformative Bildung im Dorf Bashulinga zeige, wie wichtig es sei, dass Frauen für ihre Möglichkeiten sensibilisiert würden, soziale Probleme selbst zu lösen, so Dr. Prabin Manandhar, Direktor des LWB-Programms in Nepal.

Seit Einführung des TEP wurden mehrere zusätzliche Kampagnen auf den Weg gebracht, wobei die Themenschwerpunkte der Klimawandel, die Vorbereitung auf Katastrophenfälle, sanitäre Versorgung und sauberes Trinkwasser waren. „Unsere Priorität ist die Vermittlung von Kompetenzen und Bildungsmöglichkeiten für Frauen und Mädchen aus marginalisierten oder armen Gemeinschaften. Wir klärten sie über ihre Rechte und Fähigkeiten auf“, berichtet Manandhar.

„Das eröffnet ihnen Möglichkeiten, ihre Zukunft selbst in positiver Weise zu gestalten, so dass niemand zurückgelassen wird. Es leistet einen Beitrag, die Gewalt gegen Frauen sowie andere Praktiken zu beenden, die ihre Rechte verletzen“, fügt er hinzu.

Das LWB-Programm für humanitäre Hilfe und Entwicklung in Nepal wurde 1984 ins Leben gerufen. Mit seiner Hilfe für marginalisierte und benachteiligte Gemeinschaften wie die der Haliya unterstützt der LWB Initiativen, um die Risiken von Naturkatastrophen oder menschengemachten Katastrophen zu verringern, besser auf solche Fälle vorbereitet zu sein, nachhaltig Existenzen zu sichern und von der Gemeinschaft durchgeführte Aktionen für besserer Führung und mehr Gerechtigkeit zu fördern.