Teilhabe von Frauen und Männern ist ein theologisches Anliegen

29. Nov. 2018
Setzen sich ein für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in der Kirche: (v.l.) Judith VanOsdol, Programmreferentin des LWB für Gendergerechtigkeit und Frauenförderung, Kathrin Wallrabe, Gleichstellungsbeauftragte der EVLKS und WICAS-Regionalkoordinatorin für die Region Mittel- und Westeuropa, Bettina Westfeld, LWB-Ratsmitglied und Vizepräsidentin der sächsischen Landessynode. Foto: LWB/A. Danielsson

Setzen sich ein für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in der Kirche: (v.l.) Judith VanOsdol, Programmreferentin des LWB für Gendergerechtigkeit und Frauenförderung, Kathrin Wallrabe, Gleichstellungsbeauftragte der EVLKS und WICAS-Regionalkoordinatorin für die Region Mittel- und Westeuropa, Bettina Westfeld, LWB-Ratsmitglied und Vizepräsidentin der sächsischen Landessynode. Foto: LWB/A. Danielsson

Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens greift Botschaft der Zwölften LWB-Vollversammlung auf

Dresden, Deutschland/Genf (LWI) – Erstmals legt die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens in einem Gesetz zur Gremienbildung fest, dass der Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit grundlegend für die Zusammensetzung des Gremiums ist. „Ich halte das für einen ganz wichtigen Schritt!“, kommentiert Bettina Westfeld die aktuelle Synodenentscheidung ihrer Landeskirche. Westfeld ist Ratsmitglied des Lutherischen Weltbundes (LWB) und Vizepräsidentin der sächsischen Landessynode.

Konkret heißt es in der ergänzten Kirchenvorstandsbildungsordnung nun: „Sowohl bei der Aufstellung zur Wahl als auch bei der Berufung von Kirchgemeindegliedern ist auf eine geschlechtergerechte Auswahl zu achten.” In der Begründung für diese Änderung heißt es: „Vor dem Hintergrund der im Mai 2017 in Windhuk stattgefundenen Zwölften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes geht es bei der Zusammensetzung von kirchlichen Leitungsgremien immer auch um eine gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter. Der Verwirklichung dieser Ziele des Lutherischen Weltbundes hat sich die EVLKS als Mitgliedskirche verpflichtet.“

Einen Rahmen für konkretes Handeln erarbeiten

Bereits auf der Frühjahrssynode 2018 der sächsischen Kirche war die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen worden, die Maßnahmen zur „Teilhabe von Frauen und Männern an kirchlichen Ämtern und Funktionen“ erarbeiten soll. „Uns ist es wichtig, auf christlich-theologischer Grundlage an diesem Thema zu arbeiten“, sagt Kathrin Wallrabe. Sie ist Gleichstellungsbeauftragte ihrer Landeskirche und Regionalkoordinatorin für die Region Mittel- und Westeuropa des LWB-Netzwerks für Frauen in Kirche und Gesellschaft (WICAS).

Die Arbeitsgruppe besteht aus drei Männern und vier Frauen und deckt ein breites Spektrum kirchlicher Gruppen und Arbeitsfelder ab. Ihre Mitglieder kommen aus der Ehrenamtsakademie, dem theologisches Grundsatzreferat, der Landessynode, der Jugendarbeit, der Gemeindepädagogik, der Rechtsabteilung und der Gleichstellungsstelle.

„Wir empfinden die Botschaft der Zwölften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB), die zur vollen Teilhabe aller Menschen in ihren vielfältigen Bezügen aufruft, als große Ermutigung und als Ansporn für konkretes Handeln in unserer Kirche“, erklärt Wallrabe.

„Bisher hat sich die Arbeitsgruppe damit beschäftigt, wie eine kirchenpolitische Zielstellung erarbeitet und die konkrete Umsetzung dieser Ziele erfolgen könnte“, berichtet Wallrabe. „Eine Sichtung der Regelungen in anderen Gliedkirchen und im LWB war ein erster Schritt und zeigte, dass die Zielstellung in einigen Kirchen in der Verfassung oder in der Grundordnung verankert ist und dazu Kirchengesetze in Kraft gesetzt wurden.“ Gremienbesetzungsgesetze und Kirchengesetze zur Verwirklichung der Geschlechtergerechtigkeit gäben den Rahmen für konkretes Handeln. In einem zweiten Schritt beschäftige sich die Arbeitsgruppe mit Methoden, wie beispielsweise bei der Besetzung von Gremien oder bei der Personalentwicklung und in der Bildungsarbeit auf Gleichstellungsaspekte geachtet werden könne.

Ziel ist es, einen Entwurf für einen Maßnahmeplan zur Förderung der Teilhabe von Frauen und Männern an kirchlichen Ämtern und Funktionen zu erarbeiten und der Kirchenleitung am 8. März 2019 vorzustellen.

Gendergerechtigkeit im LWB seit 34 Jahren Thema

Der LWB setzt sich seit 1984 – nunmehr 34 Jahren – für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern ein. In seinen Gremien und Leitungsorganen gilt eine Frauenquote bzw. Männerquote von 40 Prozent. Westfeld berichtet, was diese Vorgehensweise verändert hat und wie sie Arbeit des LWB erlebt: „Wenn darauf geachtet wird, dass Frauen und Männer gemeinsam Entscheidungen treffen, die eine weltweite Kirchengemeinschaft betreffen, hat das Auswirkungen auf die Entscheidungen – allein schon deshalb, weil die Stimmen der Frauen gehört werden und im Entscheidungsprozess einen festen Platz einnehmen.“

Pfarrerin Judith VanOsdol, Programmreferentin des LWB für Gendergerechtigkeit und Frauenförderung, freut sich über die aktuellen Prozesse in der sächsischen Landeskirche. Ausdrücklich weist sie auf eine Resolution hin, die ebenfalls auf der Zwölften LWB-Vollversammlung verabschiedet wurde. Hierin werden die LWB-Mitgliedskirchen aufgerufen, das „Grundsatzpapier: Gendergerechtigkeit im LWB“ und die darin formulierten Maßnahmen voranzubringen.

Auch die neue Strategie des LWB für die Jahre 2019 bis 2024 nimmt das Thema Gendergerechtigkeit auf. „Wir planen 2019 eine WICAS-Europakonferenz, in der die neue Strategie des LWB vorgestellt und aus der Perspektive des Frauennetzwerks bearbeitet wird“, sagt VanOsdol. „Dies soll besonders vor dem Hintergrund der neuen populistischen Bewegungen in Europa geschehen, die im Blick auf Geschlechtergerechtigkeit eine Einschränkung der Errungenschaften befürchten lässt.“

In der sächsischen Kirche sollen 2019 ebenfalls nächste inhaltliche Schritte gegangen werden. Aus Anlass des 100. Jahrestages des Frauenwahlrechts plant die Kirchliche Frauenarbeit in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten unter dem Motto „Damenwahl“ ein Seminar „Kandidatinnen für kirchliche Gremien gesucht“.