Südsudan: Neuanfang und nachhaltige Existenzsicherung nach Flut

12. Mai 2022
In der Region Hai-Machuor im Südsudan wurden die Bewohner durch die Überschwemmungen vertrieben. Foto: LWB/M. Chol

In der Region Hai-Machuor im Südsudan wurden die Bewohner durch die Überschwemmungen vertrieben. Foto: LWB/M. Chol

Förderung der Ernährungssicherheit durch Hausgärten

PANYAGOR, Südsudan/GENF (LWI) – Im Juli 2020 mussten fast 70 Prozent der Bevölkerung im Twic East County im südsudanesischen Bundesstaat Jonglei aufgrund schwerer Überschwemmungen ihre Heimat verlassen. Die Abteilung für Weltdienst des Lutherischen Weltbundes (LWB) unterstützt Wiederaufbauinitiativen durch die Vermittlung grundlegender Fähigkeiten für die Existenzsicherung sowie durch die Bereitstellung landwirtschaftlicher Ressourcen. So können besonders hart getroffene Mitglieder der Gemeinschaft Hausgärten anlegen und dort nicht nur Nahrungsmittel für den Eigenbedarf anbauen können, sondern mit dem Überschuss auch ein zusätzliches Einkommen erwirtschaften. Das Geld dafür wird von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zur Verfügung gestellt.

Neuanfang nach bisher schlimmsten Überschwemmungen

Schwere Regenfälle und in der Folge beispiellose Überschwemmungen im Bundesstaat Jonglei haben Tausende von Menschen in Not gestürzt, nachdem ganze Straßen weggespült wurden und die Wassermassen die Ernte und die Häuser vernichtet hatten und ein großer Teil der Nutztiere nicht überlebt hat. Dies führte zur Verknappung von Lebensmitteln und erhöhte die prekäre Lage besonders von Frauenhaushalten, die zur Versorgung ihrer Familien auf den Verkauf ihrer Produkte angewiesen sind.

Awak Aguer Ajang (41), Mutter von drei Söhnen und vier Töchtern, ist nach der Flutkatastrophe nach Panyagor gezogen, einer Stadt im Bundesstaat Jonglei. Zwei Jahre lang hatte sie versucht, in den überschwemmten Gebieten um das Dorf Pawel in Kongor Payam zu überleben, das acht Kilometer südlich des Stadtzentrums von Panyagor liegt. Danach beschloss sie, das Dorf zu verlassen. „Als die Flut immer weiter anstieg und mein Haus schließlich unter Wasser stand, bin ich mit meiner Familie nach Panyagor gezogen. Dort haben mir Verwandte geholfen, mit Plastikplanen eine kleine Notunterkunft zu errichten. Meine Entscheidung, nach Panyagor zu ziehen, hatte auch mit den fehlenden Transportmöglichkeiten für meinen alten Ehemann und meine sieben kleinen Kinder zu tun“, sagt sie. Ajangs Mann ist 75 Jahre alt und nicht in der Lage, für den Lebensunterhalt seiner Familie zu arbeiten.

Bei der Nahrungsmittel-Soforthilfe des LWB-Weltdienstes geht es darum, in den trockenen Sommerperioden die Überlebensfähigkeit der am stärksten gefährdeten Menschen im Twic East County zu verbessern. Ajangs Familie gehört zu dem insgesamt 1.500 Haushalten, die an dem von der FAO finanzierten Projekt teilnehmen. Die Teilnehmenden erhalten Starterkits für den Gemüseanbau mit Saatgut für Okra, Tomaten, Auberginen und Karotten. Danach werden ihnen Grundkenntnisse über die besten Anbaupraktiken wie zum Beispiel Reihenpflanzungen oder Frühanbau beigebracht, und es werden ihnen weitere Fähigkeiten vermittelt, die ihre Unabhängigkeit im landwirtschaftlichen Bereich erhöhen.

„Das Projekt bietet eine langfristige Lösung für das Problem der Ernährungsunsicherheit bei gleichzeitiger Berücksichtigung der unmittelbaren Bedürfnisse. Viele der teilnehmenden Menschen haben das Problem, dass sie nach den trocknen Sommermonaten erneut mit Überschwemmungen rechnen müssen. Wer jedoch über einen kleinen geschützten Gemüsegarten verfügt, dem Überschwemmungen nicht so viel anhaben können, gehört zu den Mitgliedern in der Gemeinschaft, die die Ernährungslage besser kontrollieren können. Das hat zur Folge, dass diese Menschen auch in einer Notlage dafür sorgen können, dass die grundlegenden Nahrungsbedürfnisse erfüllt werden“, erklärt Mika Jokivuori, LWB-Länderrepräsentant für den Südsudan.

Ein Hausgarten für den eigenen Bedarf und den Marktverkauf

„Ich habe das gesamte Saatgut gepflanzt, das ich durch das Projekt bekommen habe, und habe Tomaten, Okra, Auberginen und Karotten angebaut. Und mit den Kenntnissen, die ich während der Schulung erworben habe, habe ich einen guten Ernteertrag erzielen können, besonders mit den Okra-Schoten.  Ich habe einiges davon verkaufen können und in nur zwei Wochen ein wenig Geld verdient“, fügte Ajang hinzu.

Wie viele andere Teilnehmenden ist Ajang diejenige, die für den Familienunterhalt aufkommen muss. Sie sorgt dafür, dass die Familie zu essen hat und dass die Grundbedürfnisse erfüllt werden. Der Gemüsegarten bedeutet für sie, dass sie mit den Erträgen nicht nur Mahlzeiten für ihre Familie zubereiten kann, sondern dass sie einen Teil der Ernte auch auf den nahe gelegenen Märkten verkaufen kann. „Das Gemüse gedeiht prächtig“, sagt Ajang, „und ich ernte, koche und kann meinen Kindern frisches Gemüse auftischen, und darüber bin ich sehr froh. Mein Leben hat mehr Stabilität bekommen, denn mit dieser Gemüseproduktion beliefere ich den Markt und habe ein monatliches Einkommen aus dem Verkauf meiner Ware an Kunden in Panyagor. Das mache ich seit November 2021, und die Einnahmen haben geholfen, über Geld für andere Grundbedürfnisse wie Kleidung und Medikamente für meine Familie zu verfügen.“

 

Von LWB/T. Rakoto. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken, Redaktion: LWB/A. Weyermüller