Südangola erholt sich langsam von der Dürre

22. Aug. 2014
Modellanbau von dürreresistenten Süsskartoffeln in der Gemeinde Gambos, Provinz Huíla (Südangola). Foto: LWB-Angola/Bely Mangika

Modellanbau von dürreresistenten Süsskartoffeln in der Gemeinde Gambos, Provinz Huíla (Südangola). Foto: LWB-Angola/Bely Mangika

Neue Strategien zur Bewältigung von Naturkatastrophen

(LWI) – Planungssicherheit war für die Bauern im Dorf Onkanga in der südangolanischen Provinz Huíla in den letzten vier Jahren ein Fremdwort. Die Bauern und ihre Familien erwirtschafteten gerade genug für den Eigenbedarf. Seit 2010 ist ihr Leben geprägt von einem Jahresrhythmus, der mit heftigen Niederschlägen und schweren Überschwemmungen, beginnt, gefolgt von einer kurzen, trockeneren Anbauperiode mit knapper Ernte, und schliesslich anhaltenden Dürrephasen mit Hunger und Wasserknappheit.

In diesem Jahr habe der Regen ebenfalls früh eingesetzt, berichtet die 63-jährige Tucangui Tyululu. „Wir haben das Saatgut ausgesät, das wir letztes Jahr bekommen hatten. Und obwohl wir kein grosses Stück Land bebauen konnten, stehen Mais und Hirse gut. Wir erwarten einen guten Ertrag, der bis zur nächsten Ernte im April oder Mai reichen sollte.“

Soforthilfe des LWB

Wie tausende andere Familien in den Provinzen Huíla und Cunenewar die verwitwete Mutter von fünf Kindern von der anhaltenden Dürre 2012 und 2013 betroffen. Die schwerste Zeit haben sie mithilfe von Nahrungsmitteln überstanden, die der Lutherische Weltbund (LWB), die Evangelisch-Lutherische Kirche Angolas (IELA) und andere Mitglieder des angolanischen Forums des ACT-Bündnisses als Soforthilfe bereitgestellt hatten.

„Das war die schwerste Dürre seit Jahren. Hier hat es nicht geregnet, nicht einen Tropfen. Es war furchtbar“, erinnert sich Tyululu. „Nichts von dem, was wir ausgesät hatten, ging auf, und für das Vieh gab es kein Gras. Unsere traditionellen Brunnen sind ausgetrocknet und die Tiere sind verhungert und verdurstet. Alles Essen, was wir beschaffen konnten, haben wir den Kindern gegeben. Wir Älteren haben zwei, drei Tage lang keine vernünftige Mahlzeit gegessen ausser wildwachsenden Früchten.“

Tyululu ist dankbar für die Dürrehilfe – Maismehl, Bohnen, Speiseöl und Salz – die das Angola-Programm der Abteilung des LWB für Weltdienst (AWD) bereitgestellt hat. „Die schwerste Zeit haben wir Gott sei Dank überstanden. Ohne diese Hilfe stünde ich heute nicht hier“, meint sie. Zudem hätten die Familien Saatgut und Informationen über die Vorbeugung von Krankheiten wie Cholera erhalten.

In Tyululus Haushalt gibt es mittlerweile zwei Mahlzeiten am Tag, aber sie äussert sich weiterhin verhalten im Blick auf die zukünftige Ernährungssicherheit ihrer Familie: „Wir wissen noch nicht, ob es weiter regnet oder wieder aufhört, wie in den letzten Jahren.“

Nahrungsmittel und Sensibilisierung für Hygiene

Die Dürre, von der auch das Nachbarland Namibia betroffen war, ist die Schlimmste in der Region seit mehr als einem Vierteljahrhundert. In der angolanischen Grenzprovinz Cunene waren über 600 000 Menschen – die Hälfte der Bevölkerung – dringend auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

In Onepole, einem der trockensten Orte Cunenes, „gab es das ganze Jahr keinen Tropfen Regen. Eine solche Dürre hatten wir nie zuvor erlebt“, erinnert sich Kaponha Daniel Sikongo, der seit 22 Jahren als Gemeindeverwalter der Region tätig ist.

Auch Sikongo lobt LWB-Angola, die lutherische Kirche und das ACT-Bündnis, die fast 3 500 Menschen Hilfe leisteten, die mit „Unterernährung, Krankheiten und gewaltigen Verlusten in den Viehbeständen“ zu kämpfen hatten.

Die Behörden sorgten zwar für ein gewisses Mass an Unterstützung, das jedoch nicht ausreichte und wegen der schlechten Strassenverbindungen häufig nicht in entlegenen Gebieten ankam. Die vom LWB koordinierte Hilfe umfasste seelsorgerliche und materielle Unterstützung. „Wir haben Nahrungsmittel erhalten und den Schwächsten geholfen – Alten, Waisen, Behinderten und Familien mit weiblichem Haushaltsvorstand“, erläutert Sikongo.

Die von der Dürrehilfe des LWB begleiteten Gemeinschaften hätten auch Hirse- und Maissaatgut, Hacken sowie Hygienepakete erhalten. Dazu kamen Bildungsmassnahmen im Blick auf Hygiene und Krankheitsprävention.

Erheblich, aber nicht ausreichend

Michael French, AWD-Programmreferent für Angola, erläutert, dass die Dürre in den Südprovinzen Angolas trotz des rechtzeitigen Regens in diesem Jahr weiter nachwirkt. Viele Familien hatten keine Nahrungsvorräte und „begannen daher, unreife Feldfrüchte zu verzehren. Obwohl die Ernte in diesem Jahr sehr gut ist, werden die Erträge deshalb vielleicht nicht so lange reichen wie erwartet“, fasst er die Lage vor Ort zusammen.

Abrao Mushivi, der amtierende Leiter des AWD-Programms in Angola, ergänzt, dass Gemeinschaften wie Onepole ohne zusätzliche Hilfe drei bis vier Jahre brauchen könnten, bis sie sich von der Dürre erholt haben. „Insgesamt haben allein die Familien in der Provinz Cunene etwa 60 Prozent ihres Rinderbestandes verloren. Die ursprünglich zwei Millionen Tiere waren ihre Existenzgrundlage.“

Mushivi berichtet von einem Bauern der 72 Rinder besass, heute sind davon nur noch zwölf übrig. „In manchen Fällen ist die Hoffnungslosigkeit noch gross. Es geht nicht nur um einen Verlust der Existenzgrundlage, sondern, ihrer Tradition zufolge, auch um einen Verlust an Würde“, betont Mushivi.

LWB-Angola und die Partner vor Ort begleiten auch weiterhin die Gemeinschaften, die sich langsam von der Dürre erholen. Die meisten Familien können inzwischen regelmässig eine Mahlzeit am Tag essen, die aus Maismehl oder Hirse, Wassermelone, Kürbis oder anderen Feldfrüchten besteht.

Die Behörden vor Ort würdigen die Arbeit des LWB und seiner Partnern, Sanitärsituation und Hygiene in mehreren Dörfern zu verbessern. Sie betonen, dass in den jeweiligen Nothilfegebieten keine neuen Fälle von durch Wasser übertragene Krankheiten bekannt geworden seien. Die Hilfe umfasste die Verteilung von Aquatabs zur Wasseraufbereitung, die Instandsetzung mehrerer Wasserpumpen, den Bau von Tränken für das Vieh sowie Trinkwasser-Zapfstellen. Sie erreichte in mehreren Dörfern über 7 000 Menschen und ihren Viehbestand.

Neue Pflanzenarten, langfristige Bewusstseinsarbeit

Der Anbau von dürreresistenten Feldfrüchten ist Teil der Vermittlung von Kompetenzen zur Eindämmung des Katastrophenrisikos. LWB-Angola hat Maniok- und Süsskartoffelableger an organisierte bäuerliche Gruppen in Huíla und Cunene verteilt. Solche Gruppen stellen auch Flächen zur Saatgutvermehrung und für Modellpflanzungen der neu eingeführten Arten bereit. Die Kommunalverwaltung sorgt ihrerseits dafür, dass sie einen Traktor zum Pflügen bekommen.

Bischof Tomás Ndawanapo von der IELA verweist auf Berichte von Geistlichen, wonach sich die Situation ein Jahr nach der Dürre langsam verbessert, ist jedoch besorgt, dass in manchen Gebieten immer noch Menschen hungern. Die Hilfe durch den LWB und seine Partner ist sehr wichtig, so Ndawanapo: „Wir werden immer zur Zusammenarbeit bereit sein, um den Menschen hier zu helfen.“

Mushivi betont, dass die Bewusstseinsarbeit bei der Bevölkerung langfristig fortgesetzt werden muss und „ein wesentlicher Schwerpunkt auf die Wiederherstellung und Sicherung nachhaltiger Existenzgrundlagen“ gelegt werden muss.

Der LWB ist von allen internationalen Nichtregierungsorganisationen am längsten in Angola präsent. Die AWD nahm ihre humanitären Aktivitäten in Zusammenarbeit mit der IELA 1986 auf. Zu den langfristigen Prioritäten der Arbeit gehören Bildung, Alphabetisierung, Advocacy für Grundrechte sowie Kapazitätsaufbau zur Verbesserung der Ernährungssicherheit auf der Ebene der Haushalte und zur breiteren Fächerung der Einkommensgrundlagen.

(Mit Beiträgen von Abrao Mushivi, dem amtierenden Leiter des LWB-Programms in Angola.)