Russischer lutherischer Erzbischof Brauer betont: Leitung soll Einheit fördern

25. Feb. 2015
Erzbischof Dietrich Brauer. Foto: ELKRAS

Erzbischof Dietrich Brauer. Foto: ELKRAS

Solidarisch für Versöhnung und Frieden in der Ukraine

(LWI) – Erzbischof Dietrich Brauer, der jüngst in sein Amt als Oberhaupt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland (ELKR) eingeführt wurde, betont, die Funktion des Erzbischofs sei entscheidend als Klammer zwischen den beiden Teilen einer flächenmässig riesigen Kirche mit unterschiedlichen Traditionen, unterschiedlicher Geschichte und Spiritualität.

Im Gespräch mit der Lutherischen Welt-Information (LWI) bekräftigte Brauer im Anschluss an seine Amtseinführung am 8. Februar in Moskau, er wolle auch weiterhin die Einheit innerhalb der ELKR fördern, die aus zwei Diözesen besteht, der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELK ER) sowie der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten (ELKUSFO).

„Es gibt Unterschiede, aber uns eint unsere gemeinsame Geschichte und die Kirchenstruktur“, so Brauer. „In dieser Hinsicht ist der Erzbischof eine wichtige Person, die beide Teile verbindet und einen wichtigen Beitrag zur Einheit der Kirche leistet“, führte Brauer aus.

Die Generalsynode der ELKR hatte Brauer bei ihrer Tagung im vergangenen September zum Erzbischof gewählt, der bereits zuvor das Amt kommissarisch wahrnahm und als Bischof der ELK ER wirkte. Die Gemeinden der ELKR sind über das gesamte Gebiet zwischen Moskau und Wladiwostok verteilt. Brauer tritt die Nachfolge des emeritierten Erzbischofs August Kruse an.

Beziehungen zur Nachbarkirche in der Ukraine

Der neue Erzbischof sprach, angesichts der derzeitigen gewalttätigen politischen Auseinandersetzungen in der Ukraine unter Beteiligung pro-russischer Milizen, auch über die Beziehungen zur benachbarten Schwesterkirche, der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU).

„Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland bemüht sich von jeher, schwesterliche Kontakte mit der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine zu unterhalten“, erläuterte Brauer. Im Rahmen der diesjährigen Weltgebetstagsliturgie am 6. März werde in den lutherischen Kirchen Russlands um Frieden und Versöhnung mit der Ukraine gebetet. Es seien Pläne in Arbeit, am theologischen Seminar der ELKR in St. Petersburg ab 2016 wieder eine theologische Ausbildung im Vollzeitstudium anzubieten, und ukrainische Studierende sollen, so Brauer, zur Teilnahme eingeladen werden.

Nach der Volksabstimmung 2014, bei der die Krim der Russischen Föderation zufiel, erklärte der Bischofsrat des Bundes der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Russland und anderen Staaten (ELKRAS), die sieben lutherischen Gemeinden auf der Krim könnten in der Zuständigkeit der ukrainischen Kirche verbleiben. Unabhängig von den politischen Veränderungen sollten interne Entscheidungen der Zugehörigkeit zu einer der lutherischen Kirchen von den Gemeinden auf der Krim unabhängig und selbstständig getroffen werden, erläuterte der Erzbischof.

Dem Bund der ELKRAS gehören die ELK ER, die ELKUSFO und weitere lutherische Kirchen in Georgien, Kasachstan, Kirgisien, der Ukraine, Usbekistan und Weißrussland an.

Lutherisches Zeugnis in der russischen Gesellschaft

Zum Zeugnis der lutherischen Kirche in der russischen Gesellschaft heute sagte Brauer, die ökumenischen Beziehungen der ELKR mit der Russischen Orthodoxen Kirche einerseits und mit anderen evangelischen Bewegungen andererseits leisteten wichtige Beiträge. Seine Kirche sei zudem eine „Kirche der modernen Theologie“, da sie zunehmend dafür sorge, dass die lutherische Theologie der Bevölkerung in der Ortssprache zugänglich gemacht werde. „Unsere Theologinnen und Theologen hier veröffentlichen Bücher auf Russisch und übersetzen deutschsprachige lutherische theologische Werke“, erläuterte er. Überdies organisiere die Kirche theologische Seminare und produziere eine Radiosendung zur lutherischen Theologie.

Die ELKR ist, so Brauer, im kulturellen Leben des Landes präsent. „Sie ist ein Ort der Entwicklung von Kirchenmusik und Kultur: in allen Städten, wo wir über historische Gebäude und Orgeln verfügen, bieten wir Kirchenmusikkonzerte an. Das ist ein sehr grosser Beitrag zum kulturellen Leben Russlands.“

Weggemeinschaft innerhalb der lutherischen Communio

Bei der Amtseinführung Brauers war der Lutherische Weltbund (LWB) durch seinen Vizepräsidenten für die Region Mittel- und Osteuropa, Bischof Dr. Tamás Fabiny (Ungarn), vertreten, der ein Gratulationsschreiben von LWB-Generalsekretär Pfr. Martin Junge überbrachte.

Der Generalsekretär versicherte Brauer der Weggemeinschaft und Unterstützung durch die lutherische Kirchengemeinschaft am Beginn seiner neuen Aufgabe als Oberhaupt der geografisch grössten LWB-Mitgliedskirche. „Ihre Pflichten als Bischof für das Europäische Russland sind vielfältig und anspruchsvoll“, so Junge in seinem Schreiben an Brauer. „Die Erwartungen an einen Erzbischof und an seine Präsenz sind, angesichts dieser gewaltigen Distanzen, hoch.“

Kirchenleitende aus dem Bund der ELKRAS und aus weiteren Kirchen aus ganz Europa sowie russische Regierungsbeamte nahmen an Brauers Amtseinführung in der Evangelisch-Lutherischen Kathedralkirche St. Petrus und St. Paulus in der russischen Hauptstadt teil.

Die ELKRAS gehört dem LWB seit 1989 an. Ihren Mitgliedskirchen vertreten mehr als 70.000 LutheranerInnen in ca. 450 Gemeinden.