Miteinander für den Frieden

26. Okt. 2016
Das Kruzifix in der Kirche von Bojayá (Kolumbien), das bei der Bombenexplosion, die 119 Menschenleben forderte, schwer beschädigt wurde, ist zum Symbol für die Gewalt geworden. Foto: LWF/Kaisamari Hintikka

Das Kruzifix in der Kirche von Bojayá (Kolumbien), das bei der Bombenexplosion, die 119 Menschenleben forderte, schwer beschädigt wurde, ist zum Symbol für die Gewalt geworden. Foto: LWF/Kaisamari Hintikka

Kolumbien: Nach Ende des Bürgerkriegs engagieren sich LWB und Caritas weiter für gemeinsame Ziele

CHOCÓ, Kolumbien/GENF (LWI) – „Vertrieben zu werden ist eine schreckliche Erfahrung“, erklärt Juana Francisca Mosquera, die aufgrund von Todesdrohungen aus ihrem Heimatort Bojayá (Kolumbien) fliehen musste und in Quibdó Zuflucht suchte.

„Es ist sehr schlimm, wenn du dein Zuhause plötzlich verlassen musst, allein, ohne irgendetwas, ohne Arbeit, und an einen Ort kommst, den du nicht kennst, wo du nichts hast. Besonders schlimm ist das für Frauen, die allein für kleine Kinder sorgen müssen. Aber ich danke Gott, der Caritas und dem Lutherischen Weltbund, denn sie haben die Überlebenden des Massakers immer begleitet und uns in vielfältiger Weise unterstützt.“

Das Departamento Chocó an der kolumbianischen Pazifikküste ist die vielleicht verlassenste, leidgeprüfteste Region des Landes. Bis zum Waffenstillstand kämpften hier verschiedene bewaffnete Gruppen um eine beliebte Route für den Drogen- und Waffenschmuggel. Die Bevölkerung, insbesondere Indigene und Menschen afrikanischer Herkunft, leiden seit langem unter Landraub und Menschenrechtsverletzungen.

Gewalt und Armut

Nach offiziellen Angaben leben vier von fünf Menschen in der Region unter der Armutsgrenze. Der Mehrheit der Bevölkerung fehlt es an sauberem Trinkwasser, Sanitäranlagen, angemessenem Wohnraum, Nahrungsmitteln, warmer Kleidung und Bildungschancen.

Im Jahr 2002 wurde in der Stadt Bojayá, Departamento Chocó, von FARC-EP-Guerillas, die gegen Regierungstruppen kämpften, ein Massaker verübt. In der Kirche von Bojayá detonierte eine Bombe, 119 Menschen, darunter viele Kinder, wurden getötet, 89 weitere Personen verletzt.

Im vergangenen Jahr begleiteten das Kolumbienprogramm des Lutherischen Weltbundes (LWB) und Caritas Kolumbien (genauer: die Caritas der Diözese Quibdó, die vor Ort eine der wichtigsten Partnerinnen des LWB ist) die Opfer des Massakers von Bojayá während des Gerichtsverfahrens.

Strategische Partnerschaft

LWB und Caritas arbeiten seit 2009 zusammen, haben Dialoge zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen angestoßen und fördern Friedensinitiativen vor Ort. Mit Maßnahmen, die lokale Informationen für die internationale Ebene aufbereiten, etwa im Rahmen der allgemeine regelmässige Überprüfung der Menschenrechtslage durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, sollen die Probleme der Menschen auf Weltebene sichtbar gemacht werden. Der Menschenrechtsrat bietet eine Möglichkeit, die Behörden vor Ort und auf nationaler Ebene zur Unterstützung der Betroffenen zu bewegen.

„Die Caritas ist eine strategische Verbündete des LWB im Land“, berichtet Saara Vuorensola-Barnes, LWB-Ländervertreterin im Kolumbienprogramm. „Wir haben es den Marginalisiertesten und Schwächsten möglich gemacht, sich sowohl in Kolumbien als auch weltweit Gehör zu verschaffen. Uns eint der Wunsch, uns weiter gemeinsam für eine Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Menschen zu engagieren und wir wissen, dass wir noch viel mehr erreichen können.“

„Unsere gemeinsame Arbeit hat uns die Erkenntnis gebracht, dass die Werte des Evangeliums weit über jede Religionszugehörigkeit hinausreichen und dass die ökumenische Zusammenarbeit zum Wohl der Menschen sehr wichtig ist“, ergänzt der katholische Priester Sterling Londoño Palacios. Er ist Generalvikar der Diözese Quibdó und für die afrokolumbianische Bevölkerung zuständig.

Als über zehn Jahre nach dem Massaker von Bojayá die Verantwortlichen endlich gerichtlich zur Rechenschaft gezogen wurden, unterstützten LWB und Caritas die Menschen aus Bojayá dabei, ein Positionspapier im Namen der Opfer zu erarbeiten und zu klären, welche Entschädigung sie verlangen wollten. Das Dokument fordert zudem Garantien dafür, dass gegen die Opfer und ihre Familien keine weitere Gewalt ausgeübt wird. Im Dezember 2015 wurde es bei der Gerichtsverhandlung vorgelegt, in deren Rahmen die FARC-EP die Überlebenden schließlich um Vergebung bat.

Am 31. Oktober 2016 werden LWB-Weltdienst und Caritas Internationalis in der Malmö Arena eine Absichtserklärung über die zukünftige Kooperation in den Bereichen humanitäre Hilfe und Entwicklungsarbeit unterzeichnen. Die Unterzeichnung ist Teil des Gemeinsamen katholisch-lutherischen Reformationsgedenkens in Lund (Schweden).

Bei der Veranstaltung in der Malmö Arena soll die Verpflichtung beider Traditionen auf das gemeinsame Zeugnis und den gemeinsamen Dienst in einer von Konflikten verwundeten und gebrochenen Welt im Mittelpunkt stehen. In diesem Rahmen werden Höhepunkte der gemeinsamen Arbeit von LWB-Weltdienst und Caritas Internationalis vorgestellt, etwa in den Bereichen Flüchtlingshilfe, Friedensarbeit sowie Eintreten für Klimagerechtigkeit.

(Ein Beitrag von Nubia Rojas, LWB-Kolumbien, redaktionell bearbeitet und übersetzt durch das LWB-Kommunikationsbüro.)