Minimale Fortschritte beim Klimagipfel in Doha erfordern mehr Einsatz seitens der Kirchen

18. Dez. 2012
Junge LutheranerInnen nehmen am 1. Dezember mit hunderten weiteren DemonstrantInnen an einem Klima-Marsch in Katar teil, um umfassendere Massnahmen auf dem COP 18-Gipfel zu fordern. © LWB/Sidney Traynham

Junge LutheranerInnen nehmen am 1. Dezember mit hunderten weiteren DemonstrantInnen an einem Klima-Marsch in Katar teil, um umfassendere Massnahmen auf dem COP 18-Gipfel zu fordern. © LWB/Sidney Traynham

LWB-Delegation: Entschlossen, für „unsere Zukunft“ zu kämpfen

Die zweiwöchigen Verhandlungen während des jüngsten Klimagipfels in Doha (Katar) führten zu keinen wirksamen Ergebnissen für die armen und schwachen Gemeinschaften der Welt, die von den Auswirkungen des Klimawandels am stärksten betroffen sind. Das berichten Delegierte des Lutherischen Weltbundes (LWB).

Trotz des Ausbleibens von Fortschritten haben die Mitglieder der LWB-Delegation, die als BeobachterInnen an der 18. Konferenz der Vertragsparteien (COP 18) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) teilgenommen haben, die Hoffnung nicht aufgegeben. Die neun jungen Männer und Frauen arbeiteten während der vom 26. November bis zum 7. Dezember stattfindenden Konferenz an der Förderung des interreligiösen Dialogs und engagierten sich in gemeinsamer Advocacy-Arbeit mit dem ACT-Bündnis und dem Ökumenischen Rat der Kirchen.

„Wenn die Regierungen der reichen Nationen nicht bereit sind, die notwendigen Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, dann müssen wir das tun“, sagt Warime Guti aus Papua-Neuguinea. „Es ist unsere Zukunft, und wir müssen für sie kämpfen.“ Die Gruppe ist davon überzeugt, dass ein Handeln seitens der BürgerInnen und Kirchen notwendiger sei denn je, und jedes Mitglied der Delegation hat sich dazu verpflichtet, in seinem/ihrem Heimatland eine Initiative zum Thema Klimawandel umzusetzen, die vom LWB begleitet werden wird.

Die Mitglieder der Delegation stammen aus LWB-Mitgliedskirchen in Argentinien, Brasilien, Deutschland, Indien, Kanada, Madagaskar, Norwegen, Papua-Neuguinea und Polen.

Die Kirche muss sich äussern

Zum Ende der Sitzungen in Doha erörterte die Gruppe Möglichkeiten, wie der LWB und seine Mitgliedskirchen sich aktiver mit dem Thema Klimawandel auseinandersetzen können. „Die Kirche hat immer noch eine wichtige Stimme und spielt als globales Gewissen für unsere Gemeinschaften und Länder weiterhin eine bedeutende Rolle“, erklären sie. „Es ist an uns als Kirche, uns zu äussern, uns einzusetzen, Lobbyarbeit zu betreiben und den öffentlichen Dialog in unseren jeweiligen Kontexten zu beeinflussen, so dass die Menschen auf dieses Thema aufmerksam werden und unsere Regierungen zum Handeln zwingen.“

Auch wenn die Regierungen auf dem Doha-Gipfel keine nennenswerten neuen Kohlenstoffemissionsreduktionen beschlossen haben, gab es doch einige kleine Zugeständnisse, die den Übergang in die nächste Gesprächsrunde erleichtern können. Die Länder vereinbarten die künftige Schaffung eines Finanzierungsmechanismus‘ zur Entschädigung von Verlust und Beschädigungen, die sich aus durch den Klimawandel resultierenden Katastrophen in Entwicklungsländern ergeben. Viele BeobachterInnen vermuten jedoch, dass sich der Ehrgeiz, ein solches System zu etablieren, als eher gering erweisen wird.

Darüber hinaus kündigten mehrere Länder ein umfassenderes Engagement für grüne Klima-Initiativen bzw. deren Finanzierung sowie entsprechende Hilfsprogramme an. Doch das finanzielle Engagement bleibt insgesamt gering und ob das zuvor beschlossene globale Ziel, bis 2020 100 Milliarden USD pro Jahr für die Entwicklungsländer aufzubringen, erreicht wird, ist unklar.

Mit einer Stimme sprechen

Der LWB-VertreterInnen erklärten, ihre Teilnahme an den Sitzungen in Doha habe ihnen deutlich gemacht, wie wichtig die Weiterentwicklung und Aktualisierung ganzheitlicher Strategien zum Klimawandel, das gemeinsame Engagement mit der Zivilgesellschaft für eine gemeinsame Interessenvertretung sowie die theologische Reflexion seien.

Eine der wichtigsten Initiativen, die sie leiteten, war ein internationales, interreligiöses Treffen von jungen Menschen mit verschiedenen religiösen Hintergründen, um mit dem Networking und der Planung für den COP 19-Klimagipfel in Polen zu beginnen.

„Auch mit kleinen Dingen kann Grosses bewegt werden. Davon bin ich überzeugt“, sagt Iwona Baraniec aus Polen, die auch Mitglied des LWB-Rates ist. „Ich habe gesehen, dass sogar kleine Gemeinschaften Einfluss auf die Verhandlungen haben können.“ Sie möchte sich weiterhin in der interreligiösen Koordination engagieren und ihre Kirche bei den Vorbereitungen unterstützen, denn der Gipfel findet 2013 in ihrem Land statt.

„Ich möchte sehen, dass alle Kirchen und Gemeinschaften am Thema Klimawandel arbeiten“, so Baraniec. „Viele Unterschiede trennen uns, wir sind römisch-katholisch, evangelisch, jüdisch oder muslimisch, aber wir können mit einer gemeinsamen Stimme sprechen.“

Leif Christian Andersen sieht das Thema Klimawandel als Chance und plant, nach seiner Rückkehr nach Norwegen einen interreligiösen Ansatz zu verfolgen. „Es ist frustrierend, dass die Verhandlungen so zäh vorankommen, doch das bedeutet, dass wir zu Hause noch härter arbeiten müssen.“

Er ist insbesondere um Norwegens Jugend besorgt, die seiner Ansicht nach das Interesse am Thema Klimawandel verloren hat. „Es ist kein so dringendes Thema mehr. Die Leute sagen, ‚Ach, vielleicht wird er ja gar nicht von den Menschen verursacht‘“, erklärt Andersen, ein Krankenpfleger und Lokalpolitiker. In seinem Bereich sei das besonders schwierig, fügt er hinzu, denn Norwegen hänge finanziell von der Öl- und Gasindustrie ab.

„In den Medien wird meist nur über Konflikte zwischen den Religionen berichtet“, bemerkt Andersen. „Ich hoffe, dass ich es durch neue Gespräche schaffen kann, die Medien auch auf die gute Arbeit aufmerksam zu machen, die gläubige Menschen gemeinsam vollbringen können.“

Bereit, etwas zu tun

Guti, ein Mitglied des LWB-Rates, glaubt, dass die LutheranerInnen, die fast 20 Prozent der Bevölkerung in Papua-Neuguinea ausmachen, mehr tun können, wenn sie sich organisieren und das Thema Klimawandel ansprechen, „damit die Regierung das Volk besser vertreten kann“.

„Wenn die Kirche schweigt, hat sie keine Macht“, sagt Guti, IT-Koordinator bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Papua-Neuguinea. „Dabei sollten wir doch die Stimme derjenigen sein, die keine Stimme haben.“

Sein zweiteiliger Plan umfasst die Organisation eines Forums, um den Klimawandel vor dem Hintergrund der Arbeit der Kirche in Bereichen wie Ernährungssicherheit, sozialer Gerechtigkeit, Gesundheit und Bildung als bereichsübergreifendes Problem gemeinsam zu erörtern. Die Beteiligung der Gemeinden ist entscheidend und er meint, dies könne bei konkreten Massnahmen wie dem Sammeln von Plastikabfällen und gemeinschaftlichen Initiativen zur Verringerung der Umweltverschmutzung beginnen.

Nahún Stürtz aus Argentinien berichtet, die Konferenz sei für ihn trotz des Mangels an Massnahmen seitens der Regierungen sehr bedeutungsvoll gewesen.

„Wir können nicht darüber diskutieren, ob etwas getan werden soll oder nicht“, sagt er. „Der Klimawandel ist Realität. Wir müssen handeln. Und ich möchte mit der Arbeit beginnen.“

LWB-Generalsekretär Pfr. Martin Junge lobte die Delegation für ihre aktive Teilnahme an den COP 18-Veranstaltungen in Doha. „Ihr Engagement, ihr Einsatz und ihre Erfahrungen auf dem Gipfel stellen einen bedeutenden Beitrag zum Engagement des LWB bei der Bekämpfung des Klimawandels dar“, erklärte er.

„Wir werden ihre Überlegungen und Empfehlungen an den LWB-Rat weiterleiten und über das weitere Handeln entscheiden“, fügt er hinzu. (1.003 Wörter)

(Von Sidney Traynham, LWB-Kommunikationskoordinator auf dem Doha-Gipfel)

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