Mennonitin, Protestant und Katholik erhalten ökumenische Auszeichnung

9. Jun. 2020
Das Institut für Ökumenische Forschung hat seinen Sitz in Straßburg (Frankreich). Foto: Denis Leypold

Das Institut für Ökumenische Forschung hat seinen Sitz in Straßburg (Frankreich). Foto: Denis Leypold

Harding-Meyer-Ökumenepreis erstmals verliehen

STRASSBURG, Frankreich/GENF (LWI) - Eine französische Mennonitin, ein deutscher Protestant und ein amerikanischer Katholik sind mit dem ersten Harding-Meyer-Ökumenepreis ausgezeichnet worden. Der vom Institut für Ökumenische Forschung in Straßburg ausgelobte Preis ist nach dem führenden Ökumeniker und der prägenden Persönlichkeit vieler internationaler Dialoge benannt. Harding Meyer verstarb im Dezember 2018.

Die mennonitische Theologin Anne Cathy Graber wurde für ihre Arbeit „Marie. Une lecture comparée de Redemptoris Mater (Johannes Paul II) et du Commentaire du Magnificat (Luther) à la lumière des dialogues œcuméniques“ ausgezeichnet. Sie vergleicht Luthers Auslegung des Magnificat mit der Enzyklika von Johannes Paul II. (Redemptoris Mater) und legt sie dar, dass in vielen traditionell umstrittenen Fragen der Mariologie ein differenzierender Konsens vorliegt, auch wenn noch manche Bereiche einer weiteren Klärung bedürfen.

Die Arbeit des deutschen evangelischen Theologen Jan Gross „Pluralität als Herausforderung. Die Leuenberger Konkordie als Vermittlungsmodell reformatorischer Kirchen in Europa“ ist dem lutherisch-reformierten Gespräch in Europa gewidmet. Gross zeigt, wie Harding Meyers Ansätze nicht nur die Entstehung der Leuenberger Konkordie kennzeichnen. Sie prägten darüber hinaus die Verwirklichung der Kirchengemeinschaft in der Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen in Europa (GEKE).

Die Arbeit des römisch-katholischen Theologen Jakob Karl Rinderknecht (USA) „Mapping the Differentiated Consensus of the Joint Declaration“ bietet eine differenzierende Analyse der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre und der Kontroverse, die sie auslöste. Harding Meyer war der Verfasser des ersten Entwurfes der Gemeinsamen Erklärung. In dieser Arbeit wird die Methode des differenzierenden Konsenses erläutert und sprachtheoretisch weiterentwickelt.

 

Mit dem Harding-Meyer-Ökumenepreis 2020 wurden ausgezeichnet: (v.l.) Anne Cathy Graber, Jan Gross und Jakob Karl Rinderknecht. Fotos: David Chang Fotografie und Privat.

Der Ökumenepreis, der alle zwei Jahre verliehen werden soll, will das Erbe von Meyers innovativer Arbeit fortsetzen, insbesondere im Hinblick auf die beiden ökumenischen Schlüsselprinzipien der versöhnten Verschiedenheit und des differenzierenden Konsenses. Diese Prinzipien, so Meyer, ermöglichen es den verschiedenen christlichen Traditionen, in ihrem Streben nach Versöhnung und kirchlicher Einheit voranzukommen, ohne ihre eigenen, unverwechselbaren Identitäten aufzugeben.

Der Assistierende Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB) für Ökumenische Beziehungen, Pfr. Dr. Dirk Lange, sagte: "Die weitreichenden Erkenntnisse von Harding Meyer, die die Disziplin der ökumenischen Theologie in vielerlei Hinsicht eröffnet haben, werden in der Arbeit von Graber, Gross und Rinderknecht weitergeführt. Ihre Arbeiten tragen wesentlich dazu bei, die Bedeutung der Einheit zu sichtbar zu machen und unterstützen unseren Weg dahin."

Der mit 3.000 Euro dotierte Preis sollte den ausgezeichneten Personen während eines Sommerseminars überreicht werden, das jährlich vom Institut für Ökumenische Forschung veranstaltet wird. Aufgrund der derzeitigen Coronavirus-Beschränkungen wird das Seminar jedoch nicht stattfinden, und die Preise werden daher 2021 übergeben.