LWB unterstützt Menschen in überfluteten Gemeinden im Südsudan

2. Okt. 2020
Eine Frau an einer Wasserpumpe in Panyagor. Durch die extrem schlechten Sanitärbedingungen birgt das Hochwasser die Gefahr vor Krankheitserregern. Alle Fotos: LWB/B. Germamo

Eine Frau an einer Wasserpumpe in Panyagor. Durch die extrem schlechten Sanitärbedingungen birgt das Hochwasser die Gefahr vor Krankheitserregern. Alle Fotos: LWB/B. Germamo

Forderung nach dauerhafter Lösung für sich regelmäßig wiederholende Katastrophe

PANYAGOR, Südsudan/GENF (LWI) – Der Lutherische Weltbund (LWB) ruft dringend zu Unterstützung für die Menschen im Südsudan auf, die von den schweren Überflutungen betroffen sind. Ungewöhnlich heftige Regenfälle haben den Nil soweit über die Ufer treten lassen, dass entlang der gesamten Länge des Flusses im Bundesstaat Jonglei nun ein Hochwassernotstand herrscht.

Die LWB-Mitarbeiter arbeiten derzeit zusammen mit den Menschen vor Ort daran, die Distriktshauptstadt Panyagor (Mabior) zu schützen, die von den Fluten bedroht ist. Der LWB unterhält in Panyagor einen Komplex mit Büros und Wohnungen für seine Mitarbeitenden. Er koordiniert dort seit mehr als 10 Jahren seine humanitäre Hilfe und seine Entwicklungshilfearbeit zum Wiederaufbau von Existenzgrundlagen, von denen mehr als 150.000 Menschen profitieren.

„Farmen und Ernten sind zerstört, alle Siedlungen im Bezirk Twic East außer Panyagor sind komplett überschwemmt. Straßen, Schulen, Latrinen – alles steht unter Wasser. Viel Vieh ist in den Fluten umgekommen. Durch die schon vorher extrem schlechte Abwasserentsorgung sind die Menschen nun zusätzlich der Gefahr durch Krankheiten ausgesetzt, die durch verunreinigtes Wasser übertragen werden – und das zu einem Zeitpunkt, wo alle schon mit COVID-19 zu kämpfen haben“, erklärt Lokiru Yohana, LWB-Programmkoordinator für Ostafrika.

Der Südsudan mit dem Bundesstaat Jonglei und der Provinzhauptstadt Panyagor. Der Nil, der hier noch Weißer Nil heißt, fließt durch die ganze Region. Foto: LWB/B. Germamo

Der Südsudan mit dem Bundesstaat Jonglei und der Provinzhauptstadt Panyagor. Der Nil, der hier noch Weißer Nil heißt, fließt durch die ganze Region.

Tag und Nacht auf dem Deich

Schon seit zwei Monaten versuchen LWB-Mitarbeitende zusammen mit der Gemeinde, die Wassermassen unter Kontrolle zu halten. „Die Gemeinden, lokalen Behörden und humanitären Hilfsorganisationen haben mit vielen jungen Menschen zusammengearbeitet, um 12 Kilometer Deich zu reparieren“, erzählt Yohana weiter. „Weil das Wasser aber immer weiter steigt, bricht der Deich seit dem 23. September an immer neuen Stellen. Die Menschen arbeiten Tag und Nacht. Aber langsam sind sie einfach erschöpft. Inzwischen kann auch Panyagor jeden Moment überflutet werden.“

Schon seit Beginn der Regenzeit im Juni, als die Pegel des Nils zu steigen begannen, ist Hochwasser ein Thema. Weil es hier regelmäßig Überschwemmungen gibt, umfasste das Engagement des LWB in der Region auch in der Vergangenheit schon den Bau und die Instandhaltung von Deichen. Im August aber sind die Wasserpegel unverhältnismäßig stark gestiegen und haben dazu geführt, dass die Deiche im Bundesstaat Jonglei an verschiedenen Stellen gebrochen sind.

Panyagor, die Hauptstadt des twic East Distrikts, ist von allen Seiten von Wasser umgeben, alle Dörfer in der Umgebung sind bereits komplett überflutet. Auf Videos ist zu sehen, wie LWB-Mitarbeitende bis zur Brust durchs Wasser waten.

Ein Dorf in der Nähe von Panyagor. Die Mitarbeitenden des LWB vor Ort haben Sorge, dass der Hauptdeich nicht mehr lange halten wird. Foto: LWB/B. Germamo

Ein Dorf in der Nähe von Panyagor. Die Mitarbeitenden des LWB vor Ort haben Sorge, dass der Hauptdeich nicht mehr lange halten wird.

Nahrungsmittel, Taschen, Angelausrüstung

Im Bundesstaat Jonglei arbeitet der LWB mit Menschen, die durch Bürgerkrieg, Dürren und Überschwemmungen sowie Konflikte zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen schon wiederholt vertrieben wurden. „Ihre Resilienz wurde immer und immer wieder auf die Probe gestellt. Viele Haushalte und Gemeinden werden einen weiteren Schicksalsschlag kaum überstehen. Überschwemmungen wie diese sind eine Katastrophe. Sie zerstören nicht nur die Häuser der Menschen, sondern auch das Vieh töten, das die wichtigste Lebensgrundlage der Menschen hier ist. Darüber hinaus zerstören sie die Ernte und führen damit auch noch zu Hunger im folgenden Jahr“, sagt Yohana.

Um Leben zu retten ruft der LWB zu Spenden auf. Er will den Menschen, die alles verloren haben, Sandsäcke, Plastikplanen, Decken und andere überlebensnotwendige Dinge zur Verfügung stellen. Darüber hinaus plant der LWB, die jungen Freiwilligen, die unermüdlich auf dem Deich arbeiten, mit Mahlzeiten zu versorgen. Ausserdem sollen Angelausrüstungen an die Menschen zu verteilen, damit sie für sich selbst sorgen können.

Wenn der Regen aufhört will der LWB die lokalen Gemeinschaften im Bereich Hygiene und sanitäre Grundversorgung, mit Wasserpumpen, Deichreparaturen und weiteren Projekten zur Schaffung von Existenzgrundlagen unterstützen.

Kinder, die mit ihren Familien von den Fluten aus ihren Häusern vertrieben wurden, sind vorübergehend in einer Grundschule in Panyagor untergekommen. Foto: LWB/B. Germamo

Kinder, die mit ihren Familien von den Fluten aus ihren Häusern vertrieben wurden, sind vorübergehend in einer Grundschule in Panyagor untergekommen.

Nachhaltige Infrastruktur erforderlich

Vor allem aber drängt der LWB auf eine dauerhafte Lösung des Problems. So dramatisch die Situation aktuell auch erscheint, ist sie ein wiederkehrendes Phänomen - jedes Jahr gibt es in Jonglei Überschwemmungen. Mit Geldern der Europäischen Union und der Arbeit der Menschen vor Ort konnte der LWB vor 10 Jahren einen 34 Kilometer langen Hauptdeich bauen, dessen Instanthaltung Teil der aktuellen Projektarbeit ist.

„All das ist aber nur Flickwerk“, sagt LWB-Regionalkoordinator Yohana. „Was die Menschen wirklich brauchen, sind höhere und stabilere Deiche.“ Daher ruft der LWB die lokalen Behörden auf, mit Unterstützung durch die Vereinten Nationen und die Privatwirtschaft in der Region ein nachhaltiges Hochwasserschutzkonzept auf die Beine zu stellen.

„Hochwasserschutz sollte hier in der Region eine Priorität in der Entwicklungsarbeit sein“, so Yohana. „Bis heute ist unser 10 Jahre alter Deich in Twic East und Duk immer noch unser größter Schutzmechanismus gegen das alljährliche Hochwasser des Nils.“