Burghardt bekräftigte die Bedeutung der „spirituellen Ökumene“ und betonte, dass „Liturgie und Gebet uns umkehren, neu formen und uns auf andere Art aufeinander und die leidende Welt ausrichten können“. Das Gebet und die theologische Reflexion müssten jedoch eng mit der Diakonie und dem öffentlichen Zeugnis verbunden bleiben, sagte sie. Sie fragte: „Ist jetzt die Zeit gekommen, in der unsere Solidarität mit dem leidenden Nächsten und der bedrängten Schöpfung einen neuen hermeneutischen Rahmen für unsere doktrinale und theologische Reflexion eröffnen kann?“
Burghardt sprach über die Vereinbarungen zur vollen Kommunion zwischen Menschen lutherischen und anglikanischen Glaubens in verschiedenen Teilen der Welt. Sie wies darauf hin, dass „sichtbare Einheit nicht unbedingt institutionelle Einheit bedeutet“, sondern vielmehr „koinonia zwischen unseren Kirchen“, wie es im ÖRK-Dokument „Die Kirche auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision“ heißt. Sie erwähnte die Porvoo-Vereinbarung zwischen einigen Lutherischen und Anglikanischen Kirchen in Europa (einschließlich ihrer eigenen Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche) sowie die Waterloo-Erklärung zwischen Anglikanern und Lutheranern in Kanada und die Vereinbarung „Called to Common Mission“ zwischen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika und der Episkopalkirche in den USA als Beispiele für diese gemeinsame Gemeinschaft.
Wir evangelisieren [....] aber wir tun es gemeinsam, nicht um der Kirche willen, sondern damit Gottes unermessliche Güte und Gottes gute Absicht für alle Menschen und die ganze Schöpfung bekannt werden.
– Pfarrerin Anne Burghardt, Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes
Durch diese Vereinbarungen, so Burghardt, „werden lebendige Traditionen zwischen verschiedenen Kirchenfamilien geteilt“, während sie gleichzeitig „ihre besonderen spirituellen und theologischen 'Akzente'“ beibehalten. Der im lutherisch-römisch-katholischen Dialog entwickelte Begriff des „differenzierenden Konsenses“ weise „in die gleiche Richtung“und führte 1999 zur Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die inzwischen von fünf Weltgemeinschaften (lutherisch, katholisch, anglikanisch, methodistisch und reformiert) unterstützt wird.
Diese Konsenserklärung „zielt auf die Umsetzung auf lokaler Ebene ab, indem lokale, benachbarte Gemeinden sich einander zuwenden, um Jesus zu verkünden, Jesus zu teilen, sich in der Welt aus Liebe zu Jesus zu engagieren und dies gemeinsam zu tun anstatt in Isolation zu leben oder nur mit sich selbst beschäftigt zu sein“. In dieser ökumenischen Dynamik, so Burghardt abschließend, „evangelisieren wir, [....] aber wir tun es gemeinsam, nicht um der Kirche willen, sondern damit Gottes unermessliche Güte und Gottes gute Absicht für alle Menschen und die ganze Schöpfung bekannt werden“.
In den verbleibenden Tagen der Versammlung werden die Verantwortlichen der Anglikanischen Kirchen zusammen mit den ökumenischen Teilnehmenden weiter untersuchen, was sichtbare Einheit bedeutet und wie sie bereits in Gastfreundschaft, großzügiger Nachfolge und gemeinsamem Zeugnis für das Evangelium in der Welt gelebt wird.