Klimaabkommen: Solide Grundlage, aber Arme bleiben außen vor

19. Dez. 2018
LWB-Delegierter Khulekani Magwazah von der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika bei einer der Veranstaltungen während der Klimakonferenz in Kattowitz (Polen). Foto: LWB/Sean Hawkey

LWB-Delegierter Khulekani Magwazah von der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika bei einer der Veranstaltungen während der Klimakonferenz in Kattowitz (Polen). Foto: LWB/Sean Hawkey

COP24-Ergebnisse: wenig Engagement für die Marginalisierten

Kattowitz, Polen/Genf (LWI) – Die Verhandlungen auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen (UN) in Kattowitz (Polen) hätten zur Verabschiedung von Richtlinien geführt, die „eine solide Grundlage für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens bieten; aber die Ärmsten und Schutzbedürftigsten sind in diesen in jüngsten Bemühungen auf der Strecke geblieben“, sagt Pranita Biswasi, Jugendreferentin des Lutherischen Weltbundes (LWB).

Biswasi leitete eine LWB-Delegation aus sieben jungen Vertreterinnen und Vertretern der LWB-Mitgliedskirchen bei der 24. Sitzung der Konferenz der Parteien (COP24) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC).

Die in Kattowitz verabschiedeten Richtlinien zum Pariser Klimaabkommen verpflichten Staaten, eine Reihe festgelegter Standards bei der Messung ihrer klimaschädlichen CO2-Emissionen einzuhalten und sich im Vorfeld der nächsten für 2020 geplanten Klimaverhandlungen stärker zu engagieren. Auf dieser nächsten Tagung sollen die Staaten sich dann auf überarbeitete nationale Klimabeiträge („Nationally Determinded Contributions“ – NDCs) verpflichten. Die Industrieländer sind aufgefordert, sich eindeutig zu ihrer Unterstützung für weniger entwickelte Länder zu bekennen, damit diese umweltfreundlichere Energiesysteme entwickeln oder resilienter gegen klimabedingte Katastrophen werden können, denen diese Länder bereits heute ausgesetzt sind.

Während der gesamten Verhandlungen sei sehr deutlich geworden, so Biswasi, dass es an substanziellen Zusagen der Unterzeichnerstaaten des Pariser Klimaabkommens von 2015 für Klimaschutzmaßnahmen fehle, insbesondere wenn es um Themen im Zusammenhang mit Verlust und Schäden ging. Dies sei aber wichtig, erklärte sie weiter, um Schutz und Entschädigung für die Schutzbedürftigsten und Verwundbarsten unter uns, die am wenigsten zu den Ursachen für den Klimawandel beitragen und gleichzeitig oftmals am stärksten und direktesten von den Folgen betroffen sind, sicherzustellen.

Der Abschnitt in den Richtlinien über die Finanzierung des Klimaschutzes erwähne die Themen Verlust und Schäden gar nicht erst, so Biswasi. „Und an den Stellen, an denen diese Themen explizit erwähnt werden, beschränken sie sich auf allgemeine Unterstützung und gezielte Maßnahmen hin zu geregelten Marktmechanismen, die wiederum Millionen von schutzbedürftigen Menschen ausschließen, die sich ihren Lebensunterhalt mit landwirtschaftlicher Selbstversorgung, Fischerei und anderen Formen der grundlegenden Existenzsicherung mühsam sichern.“

Talanoa-Aufruf für mehr Klimaschutz

Aber nicht alles sei bei der COP24 verloren gegangen, zitiert Biswasi den Talanoa-Aufruf für mehr Klimaschutz. Dieser Aufruf ist das Ergebnis von Gesprächen unter Regierungsvertreterinnen und ‑vertretern und anderen Akteuren, die keine Vertragsparteien sind. Er will einen Weg nach vorne für globale Klimaschutzmaßnahmen aufzeigen will. „Auch wenn die Ergebnisse des Talanoa-Dialogs für keinen der Beteiligten verpflichtend sind, ist es doch irgendwie ermutigend und überraschend zu sehen, welch große Bedeutung der Rolle von religiösen Führungspersonen beigemessen wird und dass ein Schwerpunkt gelegt wird auf die Unveräußerlichkeit der Schöpfung und die Generationengerechtigkeit“, erläutert sie.

Die Beteiligten an dem Dialog haben „spirituelle Führungspersonen [aufgerufen], spirituelle Wege für den Umgang mit dem Klimawandel aufzuzeigen [und] ihren Anhängerinnen und Anhängern zu helfen, sich der Wunder der Natur und der Schöpfung wieder bewusster zu werden, die Liebe für unseren Planeten wiederzuentdecken und Mitgefühl und Versöhnung zu fördern“.

Mit Blick auf die Gewährleistung einer sicheren Zukunft für die jungen Menschen rief die Talanoa-Gruppe alle Menschen auf, „sich mit den Problemen zu beschäftigen, die der Klimawandel für die jungen Generationen bedeutet, und entschlossen zu handeln, um [heute und in Zukunft] bessere Chancen, größere Sicherheit und mehr Wohlbefinden“ für die jungen Menschen sicherzustellen.

Menschenrechte marginalisiert

Die Ziele des Regelwerks zu dem Klimaabkommen passten nicht mit der Bedrohung zusammen, die die Erderwärmung für das Fortbestehen menschlichen Lebens auf unserem Planeten darstelle, hebt die LWB-Jugendreferentin hervor. Kurz vor COP24 war der viel beachtete Bericht der Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe über Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) veröffentlicht worden, der dazu drängt, die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen.

„Die Ergebnisse des IPCC-Berichts wurden von vielen Parteien der COP24 einfach ignoriert. Das ist den ärmeren Ländern gegenüber ungerecht. Vorwiegend die am wenigsten entwickelten Länder haben die Erkenntnisse des IPCC-Berichts gewürdigt“, berichtet Biswasi über die Rezeption des Berichts, den der LWB begrüßt hatte, insbesondere weil er einen Schwerpunkt legt auf den Schutz der ärmsten und schutzbedürftigsten Menschen und der künftigen Generationen.

Fabian Wilches, LWB-Referent für Advocacy-Arbeit, hat die Delegation der lutherischen Kirchengemeinschaft nach Kattowitz begleitet und weist darauf hin, dass weder in den Verhandlungen auf der COP24 noch im dort verabschiedeten Abschlussdokument eine auf die Menschenrechte verweisende Sprache zu finden gewesen sei. „Wir hoffen, dass die Regierungen ihre NDCs zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens so formulieren, dass ein auf die Menschenrechte ausgerichteter Ansatz als Teil ihrer internationalen Pflichten und Verantwortlichkeiten erkennbar wird“, fügt er hinzu.

Biswasi sagt abschließend: „Unser Glaube und unsere Hoffnung stärken uns für unser weiteres Engagement zur Schaffung einer gerechten, friedlichen und versöhnten Welt für alle.“

Der LWB-Delegation zur COP24 gehörten an: Romario Dohman (Argentinien), Helena Merle Funk (Deutschland), Sindri Geir Oskarsson (Island), Gloria Marthalena Samosir (Indonesien), Beata Anna Kolarczyk (Polen), Khulekani Magwazah (Südafrika) und Wylie Cook (USA).

Eine Delegation junger Menschen aus den Mitgliedskirchen hat den LWB seit der COP17 in Durban (Südafrika) bei den jährlichen UNFCCC-Konferenzen vertreten.