Kirchen im Kampf gegen Ausgrenzung und Diskriminierung

12. Mär. 2020
LWB-Generalsekretär Martin Junge wird nach einem Treffen mit Regierungsvertreterinnen und -vertretern in Harare von Journalistinnen und Journalisten interviewt. Foto: LWB/A. Danielsson

LWB-Generalsekretär Martin Junge wird nach einem Treffen mit Regierungsvertreterinnen und -vertretern in Harare von Journalistinnen und Journalisten interviewt. Foto: LWB/A. Danielsson

LWB-Generalsekretär zur „Rolle der Kirche im öffentlichen Raum“ in Simbabwe

HARARE, Simbabwe/GENF (LWI) – Die Kirchen in aller Welt seien heute aufgerufen, gegen „auf Ausgrenzung und Diskriminierung abzielende Rhetorik und Politik“ zu kämpfen und stattdessen Vorbilder für Inklusion zu sein, „wie Jesus es uns gelehrt hat“. Das war die zentrale Botschaft vom Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge, in einem Vortrag, den dieser am 3. März in der anglikanischen Kathedrale in Harare für den Kirchenrat von Simbabwe gehalten hatte.

Der Vortrag über „die Rolle der Kirche im öffentlichen Raum“ sollte an Pfr. Herbert Chikomo erinnern, den ersten Generalsekretär des Kirchenrates von Simbabwe. Chikomo war eine zentrale Figur der ökumenischen Bewegung in Afrika gewesen und hatte dem Kirchenrat vorgestanden als Simbabwe Unabhängigkeit erlangte und sich um Staats- und Nationsbildung bemühte.

Der Generalsekretär des simbabwischen Kirchenrates, Pfr. Dr. Kenneth Mtata, stellte Junge in der Kathedrale vor und sagte, dass es ein wunderbarer „Ausdruck der oikoumene“, das heißt der weltweiten Gemeinschaft von Kirchen sei, „dass ein Lateinamerikaner an einen afrikanischen Theologen erinnere“.

Den Vortrag hielt Junge am vorletzten Tag seines Besuchs in dem südafrikanischen Land, bei dem die Evangelisch-Lutherische Kirche in Simbabwe (ELKS) Gastgeberin war. Junge dankte der Kirche für die vielen Gaben und Beiträge, die die weltweite lutherische Familie von ihr empfangen habe und empfinge, und erklärte, Grund für die Teilhabe und das Engagement der Kirche im öffentlichen Raum sei nicht „der Wunsch nach politischer Anpassung“, sondern vielmehr fest verwurzelte theologische Überzeugungen.

Verkündigung, Dienst, Advocacy

Wie Gott seinen Sohn in die Welt gesandt hatte, um Leben und volle Genüge zu bringen, so Junge, so „ist auch die Kirche Teil von Gottes unermüdlichem Wirken in der Welt“. Die Kirchen in Afrika hätten uns gelehrt, sagte er weiter, dass wir aufgerufen sind, an Gottes ganzheitlicher Mission mitzuwirken und daran teilzuhaben, und zu dieser Mission gehörten „die Verkündigung des Evangeliums, der Dienst an unseren Nächsten in Not und das Engagement, die Advocacyarbeit für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung“.

Vor diesem Hintergrund, erklärte Junge, müssten wir den Bestrebungen widerstehen, Religion allein auf den privaten Raum zu begrenzen, wir müssten vielmehr bekräftigen, dass Glauben zwar eine zutiefst persönliche Angelegenheit sei, uns aber auch zum Engagement im öffentlichen Raum verpflichte. Er erinnerte an die zentrale Rolle, die Kirchen im Kampf gegen die Geißel der Apartheid gespielt haben, und warnte, dass die Machthabenden oftmals Angst davor hätten oder versuchten, Glaubensgemeinschaften zu manipulieren, weil diese die Macht und den Einfluss hätten, auf zivilgesellschaftlicher Ebene Wandel und Veränderungen herbeiführen.

Zugänglich, sicher, partizipativ

Der Generalsekretär der weltweiten lutherischen Gemeinschaft definierte den öffentlichen Raum als einen Raum, zu dem alle Mitglieder der Gesellschaft gleichen Zugang hätten und der sicher und partizipativ sei. Die „Aufforderung der Stunde an die Kirchen weltweit“ sei, die weltweit sehr präsente auf Ausgrenzung und Diskriminierung abzielende Rhetorik zu bekämpfen. „Es kann in Kirche und Gesellschaft kein Gefühl von Gemeinschaft geben, wenn Menschen ausgegrenzt werden“, betonte er und sagte weiter: „Es kann keine Entwicklung geben, wenn Gemeinschaften gespalten sind“ und wenn einige Menschen zurückgelassen würden oder ihnen gesagt würde, „dass sie nicht dazugehören“.

Die Kirchen selbst müssten den Aufruf, inklusiv zu sein, erhören, annehmen und Vorbild bei der Umsetzung sein, unterstrich Junge. „Sie sollten niemals mit dem Finger auf andere zeigen und ihnen sagen, was sie tun sollten, ohne vorher die eigenen Konzepte und Haltungen geprüft und überdacht zu haben.“ Der öffentliche Raum, sagte er weiter, vertrage keine Haltung der „moralischen Überlegenheit“, es müsse sich vielmehr um „Dialog, gemeinschaftliche Urteilsbildung und Verhandlung“ bemüht werden. Die Zusammenarbeit mit ökumenischen, interreligiösen und anderen säkularen Partnern sei in diesem Zusammenhang sehr wichtig, erklärte er.

Junge rief seine Zuhörerinnen und Zuhörer auf, auch „Frauen und junge Menschen als klar von andere Bevölkerungsgruppe zu unterscheidende und wichtige Stimmen im öffentlichen Raum“ zuzulassen, weil es für ganze Land und den Kontinent insgesamt ohne deren volle Teilhabe und Mitwirkung schwer werden würde, voranzukommen.