„Ich bin, weil du bist“: Kapazitätsaufbau gemeinsam betreiben

6. Apr. 2017
Teilnehmende der Konferenz aus neun LWB-Mitgliedskirchen aus der Region Lateinamerika und Karibik. Foto: LWB/Peru

Teilnehmende der Konferenz aus neun LWB-Mitgliedskirchen aus der Region Lateinamerika und Karibik. Foto: LWB/Peru

Erfahrungsaustausch im Bereich Diakonie

LIMA, Peru/GENF (LWI) – Delegierte aus neun Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Lateinamerika und der Karibik haben im Rahmen einer Tagung ein vom LWB entwickeltes Konzept für den kirchlichen Kapazitätsaufbau ausgewertet.

Das Dokument „Human and Institutional Capacity Development: An Approach in Perspective of Sustainability“ will Kirchen aus der Perspektive der personellen und institutionellen Kapazitätsentwicklung beim Erfahrungsaustausch darüber unterstützen, wie sie mit ihrer diakonischen Arbeit den Herausforderungen in ihrem jeweiligen Umfeld begegnen.

Die Evaluierung des Konzepts nahm drei Komponenten der Kapazitätsentwicklung in den Blick: Leitungskompetenz, Diakonie und theologische Ausbildung. Die Teilnehmenden wurden bereichert durch theologische Reflexion und Spiritualität als Tagungselemente, die dafür sorgten, dass ein klarer Bezug hergestellt wurde zwischen analytischer Arbeit und lutherischer Identität.

„Die spirituelle Dimension hat, in Verbindung mit der theologischen Reflexion, heilende Wirkung auf die Gemeinwesen vor Ort, insbesondere in dem Sinne, dass sie zeichenhaft auf das uns bereits offenbarte Reich Gottes verweist“, führte hierzu Bischöfin Victoria Cortez von der Nicaraguanischen Lutherischen Kirche Glaube und Hoffnung aus.

Das Konzept war 2012 bei einer Regionaltagung entwickelt worden, die sich mit dem Thema der Nachhaltigkeit in Kirchen befasste. In der Folge setzten die Kirchen es um und passten es an ihre jeweilige Situation vor Ort an. Den von den Kirchen angemeldeten Bedürfnissen entsprechend wurden von 2013 bis 2016 auf der lokalen Ebene Workshops durchgeführt, an denen die neun jetzt auch bei der Auswertung anwesenden Kirchen beteiligt waren.

Konzept im Test

Mittlerweile hat sich der Nutzen des Konzepts erwiesen. So hatte beispielsweise die Christlich-Lutherische Kirche Honduras' 2013 um Unterstützung bei der Bewältigung der soziopolitisch problematischen Situation gebeten. Zielsetzung war die Verbesserung der kirchlichen Verwaltung, der Rechenschaft allgemein und der Berichterstattung über Programme und Projekte sowie die Koordination der verschiedenen in der Kirche laufenden Prozesse zur Kapazitätsentwicklung.

Zur Stärkung der theologischen Grundlegung ihrer diakonischen Arbeit und ihrer Nachhaltigkeit setzte die Bolivianische Evangelisch-Lutherische Kirche im Rahmen eines Workshops 2014 strategische Prioritäten im Blick auf die personelle und institutionelle Kapazitätsentwicklung.

In der Folge einer Krise, die eine Spaltung der Lutherischen Kirche Perus verursacht hatte, wurden im Jahr 2015 Workshops auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene durchgeführt. Im Rahmen dieser Workshops arbeiteten Kirchenleitende der verschiedenen Ebenen an der Vertiefung ihrer Berufung und setzten sich mit konkreten Aspekten der Gemeinwesendiakonie sowie mit dem in ihrem Kontext gegebenen spezifischen Bedarf auseinander.

Ebenfalls 2015 kamen Leitungsverantwortliche der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Guyana sowie der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Suriname zu einem Workshop in Guyana zusammen, bei dem es darum ging, sich gegenseitig im Blick auf die jeweilige diakonische Arbeit zu bereichern und sich über erprobte Arbeitsansätze für das Personalwesen auszutauschen. Die Teilnehmenden bestätigten, dass der Workshop ihr Verständnis für Nachhaltigkeit in der Kirche vertieft habe, und verpflichteten sich, gemeinsam das 2012 erstellte Konzept anzuwenden.

Im vergangenen Jahr tauschten sich im Rahmen eines weiteren Workshops vier Kirchen aus Nicaragua, Costa Rica, Honduras und Guatemala, die jeweils unterschiedliche Stufen der Kapazitätsentwicklung erreicht hatten, ebenfalls über erprobte, empfehlenswerte Arbeitsansätze – insbesondere im diakonischen Bereich – aus. Die Analyse der diakonischen Arbeitsfelder auf den verschiedenen Ebenen der Kirchen ermöglichte es den Kirchenleitenden, Ressourcen zu erkennen und Ansätze zu entwickeln, mit denen weitere Ressourcen für neue Bereiche erschlossen werden können.

Partizipation ist wesentlicher Faktor

Die an der Auswertung beteiligten Kirchenleitenden stellten generell ihre Berufung zur Mission in den Mittelpunkt und bestätigten, dass Diakonie im Sinne der Heilung und des Eintretens für Gerechtigkeit ein wichtiger Aspekt der Verkündigung ist.

Die Teilnehmenden tauschten sich über positive Erfahrungen und unterschiedliche Lernkurven aus, dabei ging es um Nachhaltigkeit als grundlegenden Ansatz, Prozesse der personellen und institutionellen Kapazitätsentwicklung, Aspekte von Heilung und Kirchenleitung sowie die Weggemeinschaft von Schwesterkirchen und Partnern. Programmelemente, bei denen der Erfahrungsaustausch im Vordergrund stand, zeigten auf, dass Bevollmächtigung und die Weggemeinschaft miteinander entscheidend sind.
Aus ihrer Zusammenarbeit mit anderen Kirchen führte Danielle Dokman von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Suriname die Erfahrung an, dass die theologische Ausbildung nicht nur die intellektuelle, sondern auch die Beziehungsebene ansprechen müsse. „Ich bin, weil du bist“, mit dieser Weisheit untermauerte sie die Verbindungen zwischen Kirchen und ihr Aufeinander-verwiesen-Sein im Bereich Kapazitätsentwicklung.

Die Auswertung ergab einen Konsens hinsichtlich der Erfordernis, die Jugendpartizipation zu stärken, ergänzt durch die Schaffung von „mehr Möglichkeiten der Beteiligung auch auf der Ebene der Entscheidungsfindung“, wie Christopher Wordsworth von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Guyana feststellte.

Wesentliche Aktiva der kirchlichen Arbeit heute seien, so die Auswertung, Gaben und Ressourcen sowie eine partizipatorische Gestaltung von Planungsprozessen und kirchlichem Leben.

María Elena Parras von der argentinischen Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche betonte: „Mir ist deutlich geworden, wie sehr die verschiedenen Aspekte des Nachhaltigkeitsprozesses integriert sind in die Aktivitäten der personellen und institutionellen Kapazitätsentwicklung der hier vertretenen Kirchen. Das ist deutlich für mich, weil ich die Möglichkeit hatte, an der Anfangsphase des Nachhaltigkeitsprogramms in der Region mitzuwirken.“

Ein mit drei Personen besetztes Team wurde beauftragt, die wesentlichen Ergebnisse der Evaluierung zusammenzuführen. Sobald die entsprechende Entscheidungsfindung abgeschlossen ist, sollen sie allen Mitgliedskirchen in der Region Lateinamerika und die Karibik zugänglich gemacht werden.