Erste Palästinenserin steht vor der Ordination zur Pfarrerin im Heiligen Land

18. Jan. 2023

Sally Azar, LWB-Ratsmitglied und Absolventin des Studiengangs interkulturelle Theologie der Universität Göttingen, spricht über ihre anstehende Ordination. Sie hofft, dass dadurch die Gendergerechtigkeit in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land vorangetrieben wird.

 

Sally Azar

Sally Azar, LWB-Ratsmitglied für die Region Asien, wird in ihrer Heimat- und LWB-Mitgliedskirche, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land, ordiniert werden. Foto: LWB/A. Hillert

LWB-Ratsmitglied Sally Azar will zu Fortschritten bei Gendergerechtigkeit ermutigen

(LWI) – Sally Azar, ein Ratsmitglied des Lutherischen Weltbunds (LWB), soll am Sonntag, 22. Januar, als erste palästinensische Frau im Heiligen Land zur Pastorin geweiht werden. In der von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELKJHL) verschickten Einladung zu diesem historischen Ereignis heißt es: „Sallys geistliches Amt sendet eine eindringliche Botschaft der Akzeptanz und des Fortschritts auf dem Weg der Kirche in Sachen Gendergerechtigkeit.“

2018 schlossen Azar und eine weitere Theologin aus Syrien ihr Studium im Libanon an der Schule für Theologie im Nahen Osten (Near East School of Theology) ab. In seiner Rede vor den Universitätsabsolvierenden ermutigte der emeritierte ELKJHL-Bischof Munib Younan die jungen Frauen: „Möge Gott Sie beide und diese Hochschule segnen, auf dass Sie auch weiterhin der Mission unseres Dreieinigen Gottes dienen, nämlich das Reich Gottes in unserer Welt voranzubringen.“ 

Von dort setzte Azar ihr Diplomstudium in Göttingen, Deutschland, fort. Zudem wurde sie zum Ratsmitglied des LWB für die Region Asien gewählt. Im Vorfeld ihrer Ordination sprach sie über ihre Leidenschaft für die Kirche. Sie hofft, in ihrer neuen Rolle die Frauen und jungen Erwachsenen in der ELKJHL zu unterstützen. 

Wie fühlen Sie sich, nun da die Ordination bevorsteht?

Ordiniert zu werden ist eine Ehre. Die Chance zu erhalten, als Frau in meiner Kirche ordiniert zu werden, ist eine zusätzliche Ehre. Anfangs, als ich zur Uni ging, dachte ich nicht, dass ich einmal als erste Frau ordiniert werde. Es bestand die Möglichkeit, dass eine andere Frau den Studiengang absolvieren würde, während ich noch in der Schule war. Ich freue mich, dass ich Teil der Geschichte und der Gleichstellung von Frauen in meiner Kirche bin. Es ist aufregend, aber ich fühle mich auch etwas unsicher. Ich erwarte nicht, dass es ein einfacher Weg wird, deshalb habe ich eine Menge Unterstützung, solange ich für die ELKJHL tätig bin. Ich denke, wenn jemand in der Kirchengemeinde ist, dann kommen verschiedene Dinge zur Sprache, die wir nicht vorhersehen können. Wir können nicht zu 100 Prozent auf alles vorbereitet sein.

Wer hilft Ihnen als Mentor oder Mentorin durch Unvorhergesehenes hindurch?

Da gibt es nicht nur eine Person. Es sind die vielen Frauen, die mich während meiner gesamten Studienzeit unterstützt haben, wie zum Beispiel meine Lehrerinnen und auch meine Mentorin in Deutschland. In der Region bekomme ich Unterstützung von meiner Freundin Mathild Sabbagh aus Syrien, die als erste Frau in Syrien ordiniert wurde. Sie versteht mich, diese Kultur und die Traditionen.

Was wird Ihr erster Einsatz nach der Ordination sein?

Ich werde der englischsprachigen ELKJHL-Gemeinde in Jerusalem zugeteilt. Außerdem werde ich als Bindeglied zwischen der arabischsprechenden Gemeinde und der englischsprechenden Gemeinde fungieren sowie für die Jugendarbeit zuständig sein, die mir sehr wichtig ist. 

Die ELKJHL hat das Grundsatzpapier zur Gendergerechtigkeit des LWB vor einigen Jahren ins Arabische übersetzt. Was sind Ihrer Meinung nach die nächsten Schritte für die praktische Umsetzung in Ihrer Kirche?

Das ist der Augenblick, den wir alle gewollt haben. Die ELKJHL übernahm das Grundsatzpapier zur Gendergerechtigkeit, doch noch immer sahen sich Frauen nicht in dem Grundsatzpapier oder sie sahen nicht, wie sie eine theologische Ausbildung bekommen könnten – es ist nicht klar, warum nicht mehr diesem Ruf folgten. Vielleicht dachten sich auch einige: „Welche realistischen Zukunftsaussichten habe ich, wenn ich Theologie studiere?“ 

Mit meiner Ordination hoffe ich, dass nicht nur junge Frauen angeregt werden, sich der Theologie zu widmen, sondern Frauen aller Altersstufen, die Theologie studieren wollten, aber dachten, es sei nicht möglich. Ich hoffe, sie werden dadurch dazu ermutigt.  

Was denken Sie, wie wird Ihre Tätigkeit als LWB-Ratsmitglied Ihre Arbeit als Pfarrerin ergänzen? 

In den vergangenen beiden Jahren meiner Amtszeit im Rat war ich in Deutschland und nicht daheim in Jerusalem. Weil ich mich im Ausland befand, konnte ich deshalb nicht so viel von der LWB-Gemeinschaft an die ELKJHL weitergeben. Eine Sache, auf die ich mich schon sehr freue, ist, die jungen Erwachsenen aus der Region Asien zusammenzubringen. Als Pfarrerin in der Region hoffe ich, bei der Umsetzung vieler der LWB-Jugendprogramme in Jerusalem mitzuhelfen.

LWB/A. Gray. Deutsche Übersetzung: Tonello-Netzwerk, Redaktion: LWB/A. Weyermüller