Ein Zeichen gegen Hass und Gewalt

3. Sep. 2018
Teilnehmende der Kundgebung gegen Hass und Gewalt in Chemnitz, Deutschland. Foto: EVLKS/W.A. Müller-Wähner

Teilnehmende der Kundgebung gegen Hass und Gewalt in Chemnitz, Deutschland. Foto: EVLKS/W.A. Müller-Wähner

Sächsische Kirche führt Kundgebung gegen Rechtspopulismus durch

Chemnitz, Deutschland/Genf (LWI) – „Es erfordert Mut den Botschaften des Hasses und der Unbarmherzigkeit immer wieder die Botschaft der Versöhnung entgegen zu halten“, sagte Dr. Carsten Rentzing, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Sachsens, am vergangenen Wochenende bei einer Kundgebung gegen Hass und Gewalt in Chemnitz. Die Mitgliedskirche des Lutherischen Weltbundes (LWB) suchte damit den Schulterschluss mit der Stadt Chemnitz, anderen Konfessionen und Religionen sowie Vertretern von Einrichtungen, Vereinen und Verbänden aus Gesellschaft und Kultur.

Anlass für die Kundgebung waren die Ausschreitungen in Chemnitz vor rund einer Woche. Sie folgten auf den gewaltsamen Tod eines 35-jährigen Deutschen am Rande des Stadtfestes zum 875. Stadtjubiläum. Er war erstochen worden, mutmaßlich von zwei Asylsuchenden. Zwei Tatverdächtige, ein 22-jähriger Iraker und ein 23-jähriger Syrer, sitzen in Untersuchungshaft. Der Vorfall löste zum Teil gewaltsame Demonstrationen aus dem rechten Spektrum aus.

Dem Aufruf der Evangelisch-Lutherischen Kirche Sachsens unter dem Motto "Wir in Chemnitz – aufeinander hören, miteinander handeln" folgten rund 1.000 Bürgerinnen und Bürger, die ein Zeichen setzen wollten für Gewaltlosigkeit, Respekt, Problembewusstsein, für Dialog, Demokratie, Recht und für Barmherzigkeit.

Der evangelisch-lutherische Kirchenbezirk der Stadt hatte im Vorfeld die gewalttätige Instrumentalisierung der tödlichen Attacke durch radikale Demonstranten auf das Schärfste verurteilt. "Als Kirche sind wir besorgt darüber, dass radikale, gewaltbereite Minderheiten in unserer Gesellschaft das Gewaltmonopol des Staates infrage stellen", hieß es. Es bleibe Aufgabe der staatlichen Behörden, die Vorfälle aufzuarbeiten und Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen.

Am Wochenende des Stadtfestes fand am 26. August auch ein ökumenischer Gottesdienst zum 875. Stadtjubiläum von Chemnitz in der St. Petrikirche statt. Zusammen mit dem katholischen Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, unterstrich Bischof Rentzing dabei die Bedeutung des Bibelverses „Suchet der Stadt Bestes und betet für sie“ (Jeremia 29,7). Beide würdigten das andauernde und fruchtbare Wirken der Christinnen und Christen dieser Stadt, die hier eine Minderheit in der Stadtgesellschaft darstellen.

Rentzing sagte, es erfordere Mut, die notwendige Zuversicht zu behalten, auch wenn das nach den Ereignissen in der Woche schwerfallen möge. Zudem erfordere es Mut, Anstand und Würde zu bewahren, auch wenn Zorn über sinnlose Gewalt das Herz erfülle.

Hintergrund:

Die Bundesrepublik Deutschland erlebt in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme rechtspopulistischer Strömungen.

Seit 2014 veranstaltet die islam- und fremdenfeindliche Organisation Pegida, kurz für Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes, wöchentlich so genannte "Abendspaziergänge" in Dresden.

Die als Flüchtlingskrise bezeichneten Probleme und Herausforderungen für Staat und Gesellschaft im Zusammenhang mit der Einreise von über einer Million Flüchtlingen, Migranten und anderen Schutzsuchenden nach Deutschland in den Jahren 2015 und 2016 löste in Deutschland eine gesellschaftliche Debatte über die Ausrichtung der Asyl- und Flüchtlingspolitik der Europäischen Union und der Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik Deutschlands aus.

Die rechtsgerichtete Partei Alternative für Deutschland (AfD) erreichte bei den Bundestagswahlen 2017 im Bundesdurchschnitt 11,5 Prozent der Wählerstimmen. Im Bundesland Sachsen, in dem Chemnitz liegt, vereinte sie sogar 25,4 Prozent und der Wählerstimmen auf sich.