Ein wunderbares Gewebe der Vielfalt

20. Okt. 2016
LWB-Vizepräsidentin Eun-hae Kwon freut sich auf ein "Zeugnis der Einheit in Christus", Foto: LWB

LWB-Vizepräsidentin Eun-hae Kwon freut sich auf ein "Zeugnis der Einheit in Christus", Foto: LWB

LWB-Vizepräsidentin Kwon über ihre Hoffnung auf Einheit

SEOUL, Südkorea/GENF (LWI) – Eun-hae Kwon von der Lutherischen Kirche in Korea ist seit 2010 die Vizepräsidentin des Lutherischen Weltbundes (LWB) für die Region Asien. Zusammen mit weiteren internationalen Gästen nimmt sie an den katholisch-lutherischen Gedenkfeierlichkeiten aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums teil, die am 31. Oktober in den schwedischen Städten Lund und Malmö stattfinden.

Im folgenden Interview berichtet sie von Projekten, die aus Anlass des Reformationsjubiläums in Asien angestoßen wurden. Kwon spricht weiterhin von ihrer Hoffnung, dass die bei den Gedenkfeierlichkeiten gezeigte Einheit das „tief verwurzelte theologische Verständnis“ bekräftigen wird, „dass wir eins sind als Geschöpfe Gottes – einem wunderbaren Gewebe der Vielfalt – und gemeinsam teilhaben am Evangelium Jesu Christi.“

Lutherische Welt-Information: Welche Bedeutung hat das Gemeinsame katholisch-lutherische Reformationsgedenken in Lund und Malmö aus Ihrer Sicht?

Eun-hae Kwon: Lutherische und römisch-katholische Christinnen und Christen aus vielen Teilen unserer von Spaltungen gezeichneten Welt werden in Lund und Malmö zusammenkommen, um ihre Ganzheit in Christus neu zu entdecken. Durch die Gnade Gottes sind wir berufen, eine Botschaft der Versöhnung in die Welt zu tragen. Das Gemeinsame Gedenken ist ein weiterer Meilenstein in unserer Geschichte. Es wird durch eine kraftvolle Botschaft des Trostes, der Hoffnung und der Verwandlung für die gebrochene Welt unsere Entschlossenheit zur Einheit und zur gemeinsamen Mission stärken.

Wie arbeiten Angehörige der lutherischen und der katholischen Konfession in Ihrer Region zusammen? Können Sie Beispiele für gute Zusammenarbeit nennen?

In Asien gibt es mehrere inspirierende Beispiele dafür, dass lutherische und katholische Christen und Christinnen im Geist der Versöhnung zusammenarbeiten. Ein besonderer Höhepunkt war im April dieses Jahres die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre von Lutheranern, Katholiken und Methodisten auf nationaler Ebene in Malaysia. In einem Land, in dem Christinnen und Christen eine Minderheit bilden, hat diese Unterzeichnung eine neue Ära des gemeinsamen Zeugnisses in Einheit und Zusammenarbeit eröffnet. Im Anschluss starteten die drei Konfessionen mehrere Projekte. Es wurden beispielsweise Studienausschüsse eingerichtet, die sich mit dem Bericht Vom Konflikt zur Gemeinschaft auseinandersetzen. Ziel ist es, auf engere Beziehungen hinzuarbeiten und Möglichkeiten für das gemeinsame Zeugnis auszuloten. Weiterhin diskutieren sie Ideen für das Reformationsgedenken 2017 im breiteren ökumenischen Kontext Malaysias.

Wie können wir uns, in Hoffnung verbunden, gemeinsam für Flüchtlinge und Vertriebene in Ihrer Region einsetzen?

Laut einem Bericht des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) gab es im Jahr 2015 in den Regionen Kleinasien, Asien und Pazifik 3,8 Millionen Flüchtlinge, 2,9 Millionen Binnenvertriebene und geschätzte 1,5 Millionen Staatenlose. Von den 4,6 Millionen Syrerinnen und Syrern, die vor dem Krieg in ihrer Heimat fliehen mussten und Schutz in anderen Ländern gesucht haben, leben über 650.000 in Jordanien. Dort leistet der LWB Unterstützung im Lager Za’atari und in Gemeinwesen, die Flüchtlinge beherbergen. Im Nordirak hat der LWB etwa 50.000 Binnenflüchtlinge mit Hilfsgütern und Unterkünften versorgt. In Asien können lutherische und katholische Gläubige zusammenarbeiten und solche weltweiten Anstrengungen unterstützen.

Immer mehr Menschen sind auf der Flucht, aber nur wenige asiatische Länder nehmen sie gastfreundlich auf. Vor diesem Hintergrund müssen die Kirchen in der Region ihre Stimme erheben und sagen: „Seid willkommen, Fremde.“ In Zusammenarbeit mit Leitungsverantwortlichen anderer Religionen sowie mit im religiösen Bereich beheimateten Hilfsorganisationen sollten die Kirchen ihre jeweiligen Staaten aufrufen, als Mitglieder der Völkergemeinschaft Mitverantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen zu übernehmen.

Wie wird in Ihrer Region das 500. Reformationsjubiläum begangen?

Unsere Mitgliedskirchen gedenken des 500. Reformationsjubiläums auf unterschiedliche Weise. Manche haben die Veröffentlichung des LWB zum Reformationsgedenken in ihre jeweiligen Sprachen übersetzt, um eine eingehendere Beschäftigung mit der Reformation zu ermöglichen. Es werden auch Pilgerreisen zu Orten der Reformation in Europa organisiert und in einigen Mitgliedskirchen werden Sonderausgaben von Lutherwerken aufgelegt. In verschiedenen Kirchen gibt es auf nationaler Ebene einen lutherisch-katholischen Dialog zur gemeinsamen Vorbereitung des Reformationsgedenkens. Lutherische Seminare und Hochschulen in der Region Asien veranstalten Konferenzen und Symposien zur Theologie Luthers. Weiterhin laufen in den LWB-Mitgliedskirchen auch verschiedene, von Mitgliedern des Globalen Netzwerks junger Reformatorinnen und Reformatoren (Global Young Reformers Network) initiierte Projekte unter dem Motto „Lebendige Reformation“.

Sie vertreten den LWB und ihre Region in Lund und Malmö. Worauf freuen Sie sich persönlich bei diesem Ereignis?

Ich freue mich darauf, unsere Einheit in Christus im gemeinsamen Singen und Beten in Lund zu bezeugen. Ich glaube, dass viele unserer Gemeinden die Übertragung der gemeinsamen Gedenkfeierlichkeiten verfolgen und an ihnen teilnehmen werden – hoffentlich gemeinsam mit ihren katholischen Nachbargemeinden. Ich wünsche mir, dass die fünf Imperative aus der Vom Konflikt zur Gemeinschat – die in den Ortsgemeinden weltweit und bei der internationalen Feier in Schweden bekräftigt werden sollen – das gegenseitige Verständnis und die Achtung voreinander bei lutherischen wie katholischen Gläubigen stärken werden. Ich hoffe, dass dies die Kirchen und die weltweite ökumenische Bewegung motivieren wird, enger mit den Schwachen und Ausgegrenzten in unserer Gesellschaft zusammenzuarbeiten.

Ich hoffe, dass die Einheit, die wir in Lund zeigen, die grundsätzliche Bedeutung des gemeinsamen Betens und Arbeitens sichtbar machen wird. Wenn wir Anstrengungen unternehmen, unsere Unterschiede zu respektieren und unsere Konflikte zu lösen, dann schöpfen wir aus dem tief verwurzelten theologischen Verständnis, dass wir eins sind als Geschöpfe Gottes – einem wunderbaren Gewebe der Vielfalt – und gemeinsam teilhaben am Evangelium Jesu Christi.