Das Wirken des Heiligen Geistes in der Gemeinschaft lutherischer Kirchen

29. Okt. 2019
Prof. Veli-Matti KaÌrkaÌinnen antwortet im Rahmen der Podiumsdiskussion auf eine Reaktion auf seinen Vortrag. Lutherische Gläubige aus aller Welt sind vom 23. bis 27. Oktober in Addis Abeba zu einer Konsultation zum Thema „We Believe in the Holy Spirit: Global Perspectives on Lutheran Identities“ (Wir glauben an den Heiligen Geist: Lutherische Identitäten aus weltweiter Perspektive) zusammengekommen. Foto: LWB/Albin Hillert

Prof. Veli-Matti KaÌrkaÌinnen antwortet im Rahmen der Podiumsdiskussion auf eine Reaktion auf seinen Vortrag. Lutherische Gläubige aus aller Welt sind vom 23. bis 27. Oktober in Addis Abeba zu einer Konsultation zum Thema „We Believe in the Holy Spirit: Global Perspectives on Lutheran Identities“ (Wir glauben an den Heiligen Geist: Lutherische Identitäten aus weltweiter Perspektive) zusammengekommen. Foto: LWB/Albin Hillert

Jeweiliger Kontext für religiöse Identitäten von zentraler Bedeutung

ADDIS ABEBA, Äthiopien/GENF (LWI) – Was sagt der lutherische Glaube über das Wirken des Heiligen Geistes? Was hat Martin Luther über das Wirken des Heiligen Geistes geschrieben, der uns beruft, sammelt und erleuchtet? Welche lutherischen Texte gibt es, die uns helfen können, das Wirken des Heiligen Geistes im öffentlichen Raum zu verstehen? Das sind einige der Fragen, die die Hauptrednerinnen und Hauptredner im Rahmen der globalen Konsultation über lutherische Identitäten in Addis Abeba (Äthiopien) im Laufe der letzten Woche aufgeworfen haben.

Organisiert hatte die fünftägige Konferenz der Lutherische Weltbund (LWB). Unter den rund 70 Teilnehmenden waren auch Jugendvertreterinnen und -vertreter aus den sieben Regionen der Weltgemeinschaft sowie Vertreterinnen und Vertreter anderer christlicher Konfessionen.

Im persönlichen Erleben verankert

Pfr. Dr. Kenneth Mtata, Generalsekretär des Kirchenrates von Simbabwe, illustrierte das Wirken des Heiligen Geistes anhand des Lebens und der Schriften des südafrikanischen Bischofs Manas Buthelezi. Während Buthelezi als engagierter Anti-Apartheid-Aktivist bekannt gewesen sei, so Mtata, wurde ihm dann der Heilige Geist und dessen Wirken in seinem Leben und seiner Theologie wichtig. Die Verbindung von Rechtfertigung und Heiligung war in seinem persönlichen Erleben verankert.

Eine lutherische Theologie über das Wirken des Heiligen Geistes, die in unsere heutige Zeit passt, müsse notwendigerweise „eine Wiederbelebung der Dienste der Kirche hervorrufen“. Und das nicht um der Kirche, sondern um der Welt willen, so Mtata.

Die Wahrheit des Evangeliums aus dem Verborgenen holen

Pfarrerin Dr. Jennifer Wasmuth, Direktorin des Instituts für Ökumenische Forschung in Straßburg (Frankreich), sprach in ihrem Vortrag über die starke Präsenz des Heiligen Geistes in Luthers Theologie. „Weil es in den umfangreichen Schriften Martin Luthers keine einzige Abhandlung gibt, die sich ausdrücklich mit dem Heiligen Geist beschäftigt, könnte man meinen, der Heilige Geist habe für Luther nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Aber das Gegenteil war der Fall“, so Wasmuth.

Ein gutes Beispiel dafür seien die Erläuterungen Luthers zum Apostolischen Glaubensbekenntnis in seinem Kleinen Katechismus, wo er im dritten Artikel des Zweiten Hauptstücks das Wirken des Heiligen Geistes im Leben der Gläubigen und der Kirche erklärt. Für Luther sei das wichtigste Werk des Heiligen Geistes gewesen, „die Wahrheit des Evangeliums aus dem Verborgenen zu holen“.

Den Heiligen Geist im öffentlichen Raum erkennen

„Welche öffentliche Rolle spielt der Heilige Geist in Gesellschaft, Kultur, Wissenschaft und in Ideologien?“ Diese Frage stellte Prof. Veli-Matti Kärkkäinen vom Fuller Theological Seminary und der Universität Helsinki in seinem Vortrag über die verschiedenen Wirkungskreise des Geistes Gottes. Er berichtete, es gäbe verschiedene lutherische theologische Texte, die uns helfen könnten, den Heiligen Geist im öffentlichen Raum zu erkennen. Es sei jedoch wichtig, so sagte er weiter, „das Wirken des Heiligen Geistes nicht auf die – spirituelle oder kirchliche – Erlösung zu begrenzen“.

Eine zentrale Frage ist laut Kärkkäinen, wie man spirituelle Gaben definieren würde. „Jeder Mensch hat solche Gaben – bei einigen sind sie außergewöhnlich, bei anderen eher gewöhnlich. Aber sie sind in allen Aspekten und Dimensionen des Lebens aller Christinnen und Christen durch das Priestertum aller Gläubigen gegenwärtig.“

Verwurzelt in Gottesdienst, Bibelarbeit und dem Erzählen von Geschichten

„Wir haben hier unser Verständnis dessen erneuert und geordnet, was es in der heutigen Welt heißt, lutherisch zu sein“, erklärte Pfr. Dr. Chad Rimmer, LWB-Studienreferent für Lutherische Theologie und Praxis, zum Ende der Konsultation. Ein wichtiger Aspekt der Konsultation sei es gewesen, Fragen zu formulieren, die uns dabei helfen können, uns darüber klar zu werden.

Die Themen aller Hauptreferate wurden jeweils durch eine Podiumsdiskussion und Beiträge aus dem Plenum vertieft. Und auch in kleineren Gesprächsgruppen, deren Beteiligte aus jeweils einer Region des LWB stammten, haben sich die Teilnehmenden über die konkreten Kontexte ihrer Mitgliedskirchen ausgetauscht.

„Gemeinsam formulieren wir die Fragen, die im Zentrum dieses Versuchs stehen werden, die lutherische Identität besser zu verstehen“, erklärte Rimmer. „Unsere theologischen Reflexionen bauten auf und waren verankert in Gottesdienst, dem Studium biblischer Texte und dem Erzählen von Geschichten.  Und das hat uns geholfen, genau das praktisch zu leben, worum es bei uns geht – eine Gemeinschaft zu sein und als solche zu lernen.“ 

Die Konsultation unter dem Motto „We Believe in the Holy Spirit: Global Perspectives on Lutheran Identities“ (Wir glauben an den Heiligen Geist: Lutherische Identitäten aus weltweiter Perspektive) fand vom 23. bis 27. Oktober in Addis Abeba statt. Gastgeberin der Tagung ist die Äthiopische Evangelische Kirche Mekane Yesus. Studienprozesse des LWB bieten für die Mitgliedskirchen die Gelegenheit, gemeinsame theologische Ansätze zu entwickeln, um Herausforderungen der Gegenwart zu identifizieren und anzugehen.