COVID-19: Situation im Auguste-Viktoria-Krankenhaus, Jerusalem

27. Mär. 2020
Das Krankenhaus hat eine spezielle Isolierstation eingerichtet und testet Patienten und Patientinnen und auch das Personal sorgfältig, bevor sie das Krankenhaus betreten dürfen. Foto: LWB/S. Weinbrenner

Das Krankenhaus hat eine spezielle Isolierstation eingerichtet und testet Patienten und Patientinnen und auch das Personal sorgfältig, bevor sie das Krankenhaus betreten dürfen. Foto: LWB/S. Weinbrenner

Schutz von Hochrisikopatienten höchste Priorität

OSTJERUSALEM, Palästina/GENF (LWI) – Wie viele Krankenhäuser überall auf der Welt bereitet sich auch das vom Lutherischen Weltbund (LWB) betriebene Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Ostjerusalem auf die Opfer der Coronavirus-Erkrankung (COVID-19) vor. „Unsere Hauptsorge gilt den Patientengruppen und unserem Personal“, sagt Sieglinde Weinbrenner, LWB-Länderrepräsentantin in Jerusalem. Das Krankenhaus ist spezialisiert auf die Behandlung von Krebserkrankungen und auf die Dialyse. 

„Das Auguste-Viktoria-Krankenhaus hat keine Notaufnahme oder Ambulanz. Unsere Patientinnen und Patienten gehören der höchsten Risikogruppe an. Wir müssen deshalb alle denkbaren Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um sie und das Personal zu schützen, das Kontakt mit ihnen hat“, sagte Weinbrenner. Die benachbarten Krankenhäuser werden deshalb die akuten COVID-19-Fälle behandeln, während das Auguste-Viktoria-Krankenhaus nur in Notfällen einspringt.  

Das Krankenhaus stellt trotzdem gerade die Kapazitäten her, um gegebenenfalls COVID-19-Erkrankte aufnehmen zu können. Im Moment gilt die besondere Sorge neuen Krebspatienten und -patientinnen, die zur Behandlung in das Krankenhaus überwiesen werden. Operationen werden soweit es möglich ist verschoben. Die mobile Behandlungseinrichtung für Diabetes wurde geschlossen, die Patienten und Patientinnen an örtliche Netzwerke überwiesen.  

Im Rahmen eines Notfallplans wurden alle Voraussetzungen erfasst, die zur Aufnahme von Corona-Patienten und -Patientinnen erfüllt werden müssen, die direkt im Auguste-Viktoria-Krankenhaus erkranken oder eingeliefert werden, sollte die Situation im Land dies erfordern. „Wir brauchen dringend Schutzkleidung, Schutzmasken und Handschuhe“, sagte Weinbrenner. „Zurzeit sind diese Artikel überall Mangelware. Es ist nicht leicht, Nachschub zu finden.“ 

Operationen werden zurückgestellt, Isolierstationen eingerichtet 

Viele der Patienten und Patientinnen im Auguste-Viktoria-Krankenhaus und auch das Personal stammen aus dem Distrikt Bethlehem, in dem zurzeit eine weitgehende Ausgangssperre aufgrund nachgewiesener Corona-Infektionen im Westjordanland verhängt wurde. Das Auguste-Viktoria-Krankenhaus hat strikte Protokolle eingeführt, um den Gesundheitszustand von Personal und Patienten und Patientinnen überprüfen zu können, bevor sie das Krankenhaus betreten dürfen.

Vor dem Krankenhaus sind Zelte für die Triage aufgebaut worden. Dort findet auch ein erster Gesundheitscheck jeder Person statt, die das Krankenhaus betritt. Die Patienten-Triage erfolgt vor der Aufnahme telefonisch und vor Einstieg in die Busse. Die Stationen wurden so separiert, dass sie problemlos zu Quarantänezwecken eingesetzt werden können.

„Wir erwarten in Kürze Corona-Test-Kits, um Abstriche machen zu können, und wir verfügen auch über die Laborkapazitäten, um diese Tests durchzuführen“, sagte Weinbrenner. „Zurzeit sind das alles Vorsichtsmaßnahmen, damit wir mögliche Fälle isolieren können.“  

Notfall: Unterbringung von Personal und Patienten aus dem Westjordanland 

Am Dienstag, 24. März, gab es noch keine bestätigten Fälle in Ostjerusalem. 58 Fälle wurden aus dem Westjordanland gemeldet, 2 aus dem Gazastreifen. Da es in Israel mehr als 2030 Fälle gibt, könnte die Zahl der gemeldeten Infektionen auch deshalb so niedrig sein, weil in den Palästinensergebieten bisher nur wenig getestet wurde. Für Gaza gilt eine komplette Ausgangssperre, und das Auguste-Viktoria-Krankenhaus ist nicht in der Lage, wie in früheren Fällen ein medizinisches Team zu entsenden. „Ich kann mir nur vorstellen, welche Zustände dort herrschen“, sagte Weinbrenner.   

Inzwischen ist eine unvorhergesehene Notlage durch die Bewegungsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen in den Palästinensergebieten entstanden. Nach Beendigung ihrer Behandlung müssen Patienten und Patientinnen nach ihrer Rückkehr in den Gazastreifen für 14 Tage in Quarantäne. Viele von ihnen beschließen deshalb, zu bleiben bis zur nächsten Behandlung. Für Patienten und Patientinnen, die im Normalfall aus dem Westjordanland nur einen Tag zur Dialyse kommen, versucht das Krankenhaus eine Lösung zu finden, damit diese Fahrten möglichst unterbleiben und auf die anschließende Quarantäne verzichtet werden kann.

180 Patienten und Patientinnen und ihre Begleitpersonen und auch Personal des Krankenhauses werden zurzeit auf dem Gelände des Auguste-Viktoria-Krankenhauses auf dem Ölberg und in nahen gelegenen Hotels untergebracht. Zu Beginn der Corona-Ausbruchs hat das Auguste-Viktoria-Krankenhaus in effizienter Weise für die Unterbringung der in der pädiatrischen Dialyse behandelten Kinder und ihrer Mütter aus dem Distrikt Bethlehem gesorgt und ein Hotel gebucht. Dieses Modell wurde später für Dialysepatienten und -patientinnen aus anderen Distrikten und für Radiologiepatienten und -patientinnen aus ganz Palästina übernommen. 

Berufliche Fortbildung jetzt erfolgreich online 

Das Fortbildungsprogramm des LWB mit seinen Zentren in Beit Hanina und Ramallah ist seit einigen Wochen ausgesetzt und wird dies entsprechend den Anweisungen der Behörden auch bleiben. Das LWB-Personal hat WhatsApp-Gruppen für die Studierenden eingerichtet und bietet jetzt Klassen und Kurse für interaktives Online-Lernen an. Die Berufsbildungszentren nutzen ebenfalls Tools wie Zoom und andere Programme. „Das kommt sowohl bei den Studierenden als auch ihren Eltern sehr gut an“, sagte die LWB-Länderrepräsentantin.  

Spendenaufruf 

Der LWB ruft zu Spenden auf, damit er besonders gefährdete Gemeinschaften weiter unterstützen kann. Das Auguste-Viktoria-Krankenhaus braucht in erster Linie Beatmungsgeräte, Autoklaven, Schutzkleidung und Verbrauchsmaterial.  LWB und das Auguste-Viktoria-Krankenhaus brauchen ebenfalls Gelder, um sich um Patienten und Patientinnen nach der Behandlung zu kümmern, die nicht zurück in den Gazastreifen können, und sie müssen auch für ihr eigenes Personal sorgen.