Barauszahlungen ermöglichen namibischen Haushalten, selbst Prioritäten zu setzen

16. Okt. 2013
DürrehelferInnen und EinwohnerInnen Onangholos im nordwestlichen Namibia. Foto: LWB/UCC/Hartmut Diehl

DürrehelferInnen und EinwohnerInnen Onangholos im nordwestlichen Namibia. Foto: LWB/UCC/Hartmut Diehl

Nahrungsmittel, Wasser und Schuluniformen für die von der Dürre betroffenen Menschen in Amperbo

(LWI) – Sophia Fredrick (40) sagt, dass sie mit einem Teil der 800 Namibia-Dollar (80 US-Dollar), die sie vor kurzem erhalten hat, zunächst ihren Anteil an der Dieselpumpe begleichen wird, die ihr Dorf mit frischem Wasser versorgt. Danach wird sie Nahrung für ihre Familie besorgen und sollte etwas übrig bleiben, wird sie dringend benötigte Schuluniformen kaufen, damit ihre Kinder, wie alle anderen, wieder zur Schule gehen können.

Seit dem 24. September ist die Mutter von sechs Söhnen im Alter zwischen 3 und 22 Jahren eine der DorfbewohnerInnen Amperbos in Südnamibia, die eine monatliche Barauszahlung von 100 Namibia-Dollar (10 US-Dollar) pro Kopf erhalten, um den Familien, die von der Dürre betroffen sind, dabei zu helfen, den Bedarf an Grundnahrungsmitteln und anderen Alltagsgütern zu decken.

Der Lutherische Weltbund (LWB) trägt dieses Nothilfeprogramm, das von den drei LWB‑Mitgliedskirchen in Namibia koordiniert wird. Ziel ist, das Leiden durch sofortige Hilfsmassnahmen zu lindern und die Widerstandsfähigkeit der Menschen zu stärken, um mit der Katastrophe auf Haushalts- und Gemeindeebene fertig zu werden.

Geschätzte 800.000 NamibierInnen sind bei einer Gesamtbevölkerung von 2,1 Millionen schwer von der schlimmsten Dürre seit 30 Jahren betroffen. Der Grossteil leidet nicht nur unter der Lebensmittelknappheit, sondern sieht sich auch mit dem Verschwinden der Weideflächen für das Vieh und reduzierter Verfügbarkeit von Wasser für den eigenen häuslichen Gebrauch konfrontiert. Die erste Phase der finanziellen Soforthilfe erreicht fast 5.000 Menschen, einschliesslich der BewohnerInnen Amperbos, das etwa 300 Kilometer von der Hauptstadt Windhuk entfernt liegt.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in der Republik Namibia (ELKRN), die Evangelisch-Lutherische Kirche in Namibia (ELKIN) und die deutschsprachige Evangelisch-Lutherische Kirche in Namibia (ELKIN-DELK) koordinieren gemeinsam das Projekt zur Dürrehilfe, das auf den Spendenaufruf des ACT-Bündnisses erfolgte.

Die Barauszahlung an die betroffenen Familien wird von der Namibischen Post unterstützt. In den letzten Jahren konnten durch das von der ELKRN finanzierte Projekt für ein allgemeines Grundeinkommen (Basic Income Grant, BIG), ein Projekt zur Armutsbekämpfung in abgelegenen ländlichen Gemeinden wertvolle Erfahrung darin gesammelt werden, Grundbedürfnisse durch direkte Bargeldauszahlungen an Haushalte zu decken.

Das Geld, das ausgezahlt wird, wird auf einer Chipkarte, die für ein bestimmtes Familienmitglied ausgegeben wird, gespeichert und kann auf der nächstliegenden Bank oder Post abgehoben werden. In einigen Fällen stellt die Post in abgelegenen Dörfern einen mobilen Geldautomaten zur Verfügung.

Arbeitslosigkeit

Fredrick und ihr Ehemann haben im Moment keine Erwerbstätigkeit. Als es noch regelmässig regnete, baute er Zäune für Ziegenherden, hütete Schafe oder nahm die eine oder andere Arbeit an. Vor dem Engagement der Kirchen mussten die Kinder oft hungrig ins Bett gehen, weil sie nicht einmal die notwendigsten Dinge hatten und die Preise für Grundnahrungsmittel stark angestiegen sind.

Fredrick kann sich noch daran erinnern, als es im Juni 2012 zum letzten Mal regnete. Und, fügt sie hinzu, es regnete sehr wenig an jenem Tag vor 15 Monaten. Heute sieht das Gebiet in und um Amperbo mehr wie eine Wüste als wie eine blühende Gemeinde aus.

Die Geldmittel sollen die bäuerlichen Familien auch davon abhalten, ihr eigenes Saatgut zu essen, denn wenn sie es essen, werden sie nicht mehr genug haben, um es auf ihren Feldern anzubauen, wenn der Regen zurückkommt. Besonders den Kindern muss eine ausgewogene Ernährung ermöglicht werden, da viele von ihnen an Unterernährung leiden.

Frühe und angemessene Reaktion

Als LWB‑Generalsekretär Pfr. Martin Junge vor kurzem zusammen mit einer Delegation führender Mitglieder des LWB Amperbo besuchte, betonte er die Notwendigkeit einer frühen und angemessenen Reaktion. „Wir haben aus den Erfahrungen in Dadaab in Kenia gelernt“, sagte er und bezog sich dabei auf die vielen Menschen, die vor zwei Jahren ihr Leben verloren haben, weil die Hilfe gegen die Not aufgrund der anhaltendend Dürre in Ostafrika und am Horn von Afrika zu spät erfolgte.

„Als Kirchengemeinschaft sind wir durch unsere Schwestern und Brüder im ganzen Land gut informiert und wissen was die betroffene Bevölkerung am dringendsten braucht. Deswegen helfen wir jetzt“, sagte er während seinen Besuchs der von der Dürre betroffenen Regionen in Namibia und des angrenzenden Angola im September.

Junge brachte seine Wertschätzung für das umfassende und anhaltende Engagement der weltweiten lutherischen Kirchengemeinschaft zum Ausdruck, durch das es möglich ist, fast die gesamte erste Phase der Nothilfe für Namibia zu finanzieren. Und er verlieh auch seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Projekt durch weitere Spenden auch nach Angola ausgeweitet werden könnte, das ebenfalls schwer von der Katastrophe getroffen sei.

Die aktuelle Dürrehilfe des LWB und der namibischen Kirchen läuft bis März 2014. Sie schliesst auch psychosoziale Betreuung der Haushalte sowie Advocacy für die Grundrechte der Menschen und die Aufklärung der Menschen über ihre Grundrechte ein.

Die Implementierungspartner vor Ort betonen, dass bedingungslose Bargeldzahlungen der betroffenen Bevölkerung im Gegensatz zu Sachleistungen erlauben, selbst Entscheidungen zu treffen und ihre Ausgaben selbst zu priorisieren, da nicht alle Haushalte dieselben Bedürfnisse haben, auch wenn sie alle von derselben Dürre betroffen sind. Auf das gegenwärtige Projekt erfolgt eine Wirkungsanalyse, um für die Zukunft zu lernen.

(Von Klaus Rieth, Evangelische Landeskirche in Württemberg, Deutschland, mit zusätzlicher Information der LWI.)

Lesen Sie mehr über die Hilfsmassnahmen des LWB angesichts der Dürre in Angola und Namibia