Asiatische Kirchenleitungen rufen zu mehr interreligiöser Zusammenarbeit auf

10. Okt. 2019
Indonesische Kirchenleitende treffen den Sondergesandten des indonesischen Präsidenten für Dialog und interreligiöse Beziehungen, Prof. Dr. Syafiq Mughni (Mitte). Foto: LWB/Isaac Henry

Indonesische Kirchenleitende treffen den Sondergesandten des indonesischen Präsidenten für Dialog und interreligiöse Beziehungen, Prof. Dr. Syafiq Mughni (Mitte). Foto: LWB/Isaac Henry

Leitungskonferenz in Indonesien wirbt für mehr Dialog auf Leitungs- und Gemeindeebene

PEMATANG SIANTAR, Indonesien/GENF (LWI) – Die Kirchenleitungskonferenz für die Region Asien (ACLC) hat zum Abschluss ihrer Tagung in Indonesien einen Aufruf verabschiedet, in dem sie die Kirchen auffordert, enger mit anderen Glaubensgemeinschaften zusammenzuarbeiten, um drängende Fragen und Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Umweltschutz und die Sorge für die Armen und Bedürftigen voranzubringen.

Pfarrerinnen und Pfarrer sowie nicht-ordinierte Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen aus ganz Asien waren mit lutherischen Kirchenleitenden aus der indonesischen Provinz Nordsumatra in Pematang Siantar zusammengekommen, um das Thema „Frieden schaffen durch interreligiöse Beziehungen in Asien“ zu erörtern. Im Vorfeld der Kirchenleitungskonferenz waren zudem weibliche Führungskräfte aus der Region Asien zusammengekommen und das Globale Netzwerk junger Reformatorinnen und Reformatoren hatte getagt und sich mit der Frage beschäftigt, wie eine bessere Teilhabe von jungen Menschen im Leben der Kirchen sichergestellt werden könne.

Die fünftägige Kirchenleitungskonferenz in Pematang Siantar wurde ausgerichtet von drei Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Indonesien: der Protestantisch-Christlichen Simalungun-Kirche (GKPS), der Christlich-Protestantischen Kirche in Indonesien (GKPI) und der Indonesischen Christlich-Lutherischen Kirche (HKI).

Frieden niemals für selbstverständlich halten

Am letzten Tag der Konferenz haben die Delegierten eine Grundsatzrede von Prof. Dr. Syafiq Mughni, dem Sondergesandten des indonesischen Präsidenten für Dialog und interreligiöse Beziehungen, gehört, in der dieser darüber berichtete, wie das Land versucht, eine friedliche Zusammenarbeit zwischen den Anhängerinnen und Anhängern der sechs offiziell anerkannten Glaubensgemeinschaften zu fördern. Lokale Führungspersonen dieser sechs Glaubensgemeinschaften haben ebenfalls an der Sitzung teilgenommen, in der es schwerpunktmäßig um fünf Grundsätze – die so genannten Pancasila – ging, die das Fundament für die Staatsgründung nach der Unabhängigkeit des Landes 1945 gebildet haben und bilden.

Mughni betonte mit Hinweis auf die vielen verschiedenen Volksgruppen, Sprachen und Religionen im Land, dass man „Frieden niemals für selbstverständlich halten“ dürfe. Seit er das Amt des Sondergesandten im vergangenen Jahr übernommen hat, habe er verschiedene Konferenzen organisiert, um gute Beziehungen zwischen den verschiedenen Glaubensgemeinschaften und in Schulen und Universitäten „eine Kultur des Friedens“ zu fördern. In seiner Funktion als muslimische Führungsperson habe er sich zudem mit verschiedenen islamischen Führungskräften aus aller Welt zusammengesetzt, um sich für den so genannten „Wasatiyya“ einzusetzen. „Wasatiyya“ bedeutet so viel „Mittelweg“ oder gemäßigter Islam. Der Islam Mehrheitsreligion in Indonesien.

Kooperation von LWB und Islamic Relief Worldwide

Das Engagement für interreligiösen Dialog und interreligiöse Zusammenarbeit wurde in der LWB-Strategie als Schlüsselelement für die Arbeit der kommenden Jahre festgelegt und ist insbesondere im asiatischen Kontext von Bedeutung, da Christinnen und Christen hier in den meisten Ländern nur eine kleine Minderheit darstellen. Von Indien, wo der wachsende hinduistische Nationalismus zu Angriffen auf christliche und muslimische Gemeinschaften geführt hat, über Myanmar, wo ein kompromissloser Buddhismus zur Verfolgung der muslimischen Minderheit der Rohingya beigetragen hat, bis nach Malaysia, wo der anhaltende Streit über die Bezeichnung „Allah“ für christliche Medien nach wie vor zu Schwierigkeiten führt, sind Nachrichten über religiöse Spannungen immer wieder in den Topthemen zu finden.

Der LWB-Gebietsreferent für Asien, Pfr. Dr. Philip Lok, betonte, welche große Bedeutung interreligiöse Zusammenarbeit für ein besseres gegenseitiges Verständnis der verschiedenen Glaubensgemeinschaften habe, und wies darauf hin, dass der LWB mit Islamic Relief Worldwide zusammenarbeite und beide zusammen erst im letzten Jahr ein Handbuch für mehr Sensibilität im Hinblick auf Religion in der humanitären Hilfe bei Naturkatastrophen und Flüchtlingskrisen veröffentlicht hätten. Die Richtlinien in diesem Handbuch, die in Pilotprojekten in Afrika, Asien und dem Nahen Osten erprobt worden seien, deckten medizinische, psychologische und soziale Themen sowie ganz praktische Aspekte wie Nahrungsmittel, Unterkünfte und Orte der Begegnung und Versammlung ab. Pfr. Dr. Lok erklärte, der LWB hoffe, „dass diese Art der Zusammenarbeit mit anderen Glaubensgemeinschaften zu mehr Frieden in der Welt beitragen kann".

Mehr Dialog auf Leitungs- und Gemeindeebene

Zu der LWB-Region Asien gehören 55 Mitgliedskirchen und assoziierte Mitgliedskirchen in 17 Ländern – von der Lutherischen Kirche Australiens im Südpazifik bis hin zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land. Die Delegierten der Konferenz wurden informiert über die Bemühungen der Kirchen in vielen dieser Länder, den Dialog trotz der vielen Schwierigkeiten und Herausforderungen aufgrund der Politisierung von Religion und trotz der kolonialen Vergangenheit und der anhaltenden Konvertierungsversuche verschiedener charismatischer Gruppierungen sowohl auf Leitungsebene wie auch an der Basis zu fördern.

Am Tag der Eröffnung der Konferenz hatte LWB-Generalsekretär Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge das Engagement der Kirchen in Asien für die Schaffung von Frieden gelobt, obwohl sie dabei vor viele Herausforderungen gestellt würden. Die Aufgabe Frieden zu schaffen, sagte er, „beginnt immer in uns selbst, in unseren eigenen Kirchen, mit unserem Streben, in Frieden miteinander leben zu wollen“.

Weiterhin wurden die Teilnehmenden über die aktuellen politischen Unruhen in Hongkong und die Bemühungen der Kirchen informiert, Orte für Verschnaufpausen und Ruhe, für Seelsorge und für Versöhnung in der tief gespaltenen Gesellschaft zu sein. Die Delegierten aus Hongkong berichteten, dass protestantische und katholische Kirchen einander in diesen Bemühungen sehr unterstützten, und baten die Menschen in aller Welt, weiterhin für Frieden in ihrem Land zu beten.