Appell an G20: Repariert defektes globales Steuersystem

13. Jul. 2021
Christliche Kirchen fordern die G20 zu einer Reform des internationalen Steuersystems auf, damit finanzielle Mittel für „globale Gemeinschaftsgüter und den Schutz von Ökosystemen“ zur Verfügung stehen. Das Foto zeigt einen Flüchtlingsmitarbeiter aus Nigeria, der die Wasser- und Sanitärversorgung in einem Flüchtlingslager in Nordkamerun kontrolliert. Foto: LWB/C. Kästner

Christliche Kirchen fordern die G20 zu einer Reform des internationalen Steuersystems auf, damit finanzielle Mittel für „globale Gemeinschaftsgüter und den Schutz von Ökosystemen“ zur Verfügung stehen. Das Foto zeigt einen Flüchtlingsmitarbeiter aus Nigeria, der die Wasser- und Sanitärversorgung in einem Flüchtlingslager in Nordkamerun kontrolliert. Foto: LWB/C. Kästner

Vorschläge von Kirchen und ökumenischen Gruppen, damit sich arme Länder von Pandemie erholen können

Genf, Schweiz (LWI) –Gemeinsam mit verschiedenen christlichen Kirchen und ökumenischen Organisationen hat der Lutherische Weltbund (LWB) die G20-Gruppe wohlhabender Nationen nachdrücklich zu einer radikalen Reform des internationalen Steuersystems aufgefordert. In einem Schreiben an die G20-Finanzministerinnen und -minister, die sich am 9. Juli in Venedig treffen, haben Mitglieder der ökumenischen Zachäus-Steuerkampagne fünf Vorschläge formuliert, die ihrer Ansicht nach „einen Weg aus Defiziten und Schulden hin zu einer gerechteren und nachhaltigen Zukunft weisen“.

Das Schreiben wurde vom LWB, dem Ökumenischen Rat der Kirchen, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, dem Weltrat Methodistischer Kirchen und dem Rat für Weltmission unterzeichnet, die alle Mitglieder der Initiative für eine neue internationale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur (NIFEA) sind. Gemeinsam vertreten diese Organisationen mehr als eine halbe Milliarde Menschen christlichen Glaubens weltweit und sind der Meinung, dass „es nie dringender war, unser defektes globales Finanzsystem zu reparieren“.

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, so das Schreiben, hätten die reichen Länder der Welt mehr als 35 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die Bewältigung der Gesundheitskrise und die Rettung von Arbeitsplätzen und Unternehmen aufgewendet. Im Gegensatz dazu, so das Schreiben weiter, hätten Länder mit geringem Einkommen lediglich, „kärgliche sechs Prozent ihres BIP zur Bekämpfung der Pandemie“ und „den Schutz ihre Bürgerinnen und Bürger“ ausgeben können. Weiterhin wird in dem Schreiben unterstrichen, dass die Mittel für die Aufnahme und Beschleunigung lebensrettender Impfprogramme „schmerzlich fehlen.“

Finanzmittel für globale Gemeinschaftsgüter

Das Schreiben erkennt die jüngsten Initiativen der internationalen Gemeinschaft für eine Steuerreform an, nicht zuletzt der Vorschlag der G7 über eine globale Mindeststeuer für Unternehmen in Höhe von 15 Prozent. Obwohl diese Mindeststeuer als eine „Entwicklung von historischer Bedeutung“ bezeichnet wurde, so das Schreiben, sei der Vorschlag „enttäuschend“, denn er bleibe deutlich unter den 25 Prozent, die die Unabhängige Kommission für die Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) gefordert hatte, und sei unfair für ärmere Länder, in denen es keine Firmensitze multinationaler Unternehmen gibt.

Der Brief enthält eine Reihe von Vorschlägen wie die Einführung einer progressiven Vermögenssteuer auf globaler und einzelstaatlicher Ebene, Maßnahmen zur Beendigung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung multinationaler Unternehmen und vermögender Privatpersonen, progressive Steuern auf CO2 und Umweltverschmutzung zur Reduzierung klimaschädlicher Emissionen und zur Finanzierung von Investitionen in erneuerbare Energien und die Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer auf den Handel mit Devisen, Anleihen und Aktien einschließlich der dazugehörigen Derivate als Maßnahme gegen spekulative Transaktionen. Einnahmen aus dieser Steuer, so heißt es in dem Brief, „würden für globale Gemeinschaftsgüter und den Schutz unserer Ökosysteme, aber auch für Reparationen für die Sklaverei und anderes historisches Unrecht verwendet“.

Das Schreiben schließt mit der Forderung nach einer COVID-19-Steuer auf Zufallsgewinne und einer Steuer auf übermäßige Gewinne von Superreichen, Private Equity- und Hedge-Fonds, multinationalen Unternehmen, E-Commerce-Unternehmen und Digitalkonzernen, die während der Pandemie ihre sowieso schon hohen Gewinne noch deutlich steigern konnten. „Diejenigen, die von der Krise profitieren“, fordern die ökumenischen Organisationen, „sollen den größten Teil der finanziellen Last zur Finanzierung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus tragen.“

LWB/P. Hitchen