Afrika: Glaubenshoffnung angesichts großer Herausforderungen

19. Nov. 2020
Vor der COVID-19-Pandemie stattete der LWB-Generalsekretär Simbabwe einen Solidaritätsbesuch ab. Auf diesem Foto verteilt ein Pfarrer während des Gottesdienstes in der Gemeinde Njube Center der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Simbabwe das Abendmahl. Foto: LWB/A. Danielsson

Vor der COVID-19-Pandemie stattete der LWB-Generalsekretär Simbabwe einen Solidaritätsbesuch ab. Auf diesem Foto verteilt ein Pfarrer während des Gottesdienstes in der Gemeinde Njube Center der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Simbabwe das Abendmahl. Foto: LWB/A. Danielsson

Lutherische Kirchenleitende in Afrika tagen online

GENF, Schweiz (LWI) – Vertreter und Vertreterinnen der afrikanischen Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) haben das Angebot einer virtuellen Tagung begrüßt und sich vor dem Hintergrund der weltweiten Corona-Pandemie miteinander solidarisch erklärt.

„Kirche sein angesichts großer Herausforderungen“ lautete das Motto der Konsultation lutherischer Kirchenleitender in Afrika, die am 11. und 12. November online veranstaltet wurde. Unter den 60 Teilnehmenden waren Kirchenoberhäupter, Mitglieder und Beratende des LWB-Rats, Koordinierende der regionalen Frauen-, Jugend-, Kommunikations-, Theologie- und Diakonie-Netzwerke sowie Mitarbeitende des Büros der LWB-Kirchengemeinschaft.

Moderiert hat die Tagung von Jaunde (Kamerun) aus die Vizepräsidentin der LWB-Region Afrika, Jeannette Ada Epse Maina (Evangelisch-Lutherische Kirche Kameruns). Sie brachte ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass diese Anstrengung unternommen wurde, damit die afrikanischen LWB-Mitglieder während der Covid-19-Pandemie „in Verbindung bleiben und einander wiedersehen“ konnten. Angesichts der vielfältigen aktuellen Herausforderungen, mit denen die Kirchen konfrontiert seien, ermutigte sie die Teilnehmenden, gerade in der gegenwärtigen Zeit weiterhin bewusst ihre Communio-Beziehungen zu pflegen und „das Evangelium von Frieden, Liebe und Hoffnung zu predigen“.

In einem Grußwort aus Numan (Nigeria) dankte LWB-Präsident Panti Filibus Musa, Erzbischof der Lutherische Kirche Christi in Nigeria, Gott für die Möglichkeit, sich unter den derzeitigen Bedingungen auf virtuellem Weg austauschen zu können, denn die Berufung, „miteinander Kirchen zu sein“, gelte auch jetzt. Das Geschenk der Gemeinschaft könne man nicht für selbstverständlich nehmen, angesichts einer Welt, die sich nach Heilung und Hoffnung sehne. Musa erklärte, er bete dafür, dass die Kirchen auch weiterhin zueinander stünden in „dem einen Leib, einen Geist, einen Glauben und der einen Taufe, zu denen Gott die Kirche in Christus Jesus beruft“.

Verluste bewältigen, neue Wege gehen

Die Corona-Pandemie trifft die 31 LWB-Mitgliedskirchen der Region auf unterschiedliche Weise. In fast allen wurden neue Ansätze für das Kirchesein vor Ort entwickelt. Yonas Yigezu Dibisa, Präsident der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus, berichtete aus Addis Abeba von der Lutherischen Gemeinschaft in Zentral- und Ostafrika (LUCCEA – Lutheran Communion in Central and Eastern Africa). Die Region sei stark von der Pandemie betroffen, auch Kirchenleitende seien dem Virus erlegen, das sich weiter ausbreite, andere seien schwer erkrankt, Kirchenämter geschlossen worden und kirchliche Mitarbeitende befänden sich in Quarantäne.

Dibisa verwies auf die Madagassische Lutherische Kirche, deren Präsident David Rakotonirina und weitere Mitarbeitende verstorben seien. In solchen Zeiten sei Solidarität unerlässlich, betonte er und würdigte die Teilnahme des designierten Präsidenten Denis Rakotozafy und der übrigen Delegierten der madagassischen Kirche an der diesjährigen Kirchenleitungstagung.

Der äthiopische Kirchenpräsident führte aus, Europa und andere Weltregionen erlebten derzeit die sogenannte zweite Welle der Pandemie, während „die erste Welle von Covid-19 in Afrika“ erst anrolle und die Unterstützung der Kirchengemeinschaft weiter dringend gebraucht werde. In seiner Heimat seien die Infektionszahlen im rasanten Anstieg begriffen, im Nachbarland Kenia würden bis zu 700 Neuinfektionen täglich gezählt, Anfang März, zu Beginn der Pandemie, seien es weniger als 100 gewesen.

Hauskirche als Modell

Aus Johannesburg berichtete David Tswaedi, Geschäftsführer der Lutherischen Gemeinschaft im südlichen Afrika (LUCSA – Lutheran Communion in Southern Africa), Covid-19 habe gezeigt, dass die Kirchen auf eine derartige Situation nicht vorbereitet gewesen seien, nun aber werde vielerorts darüber nachgedacht, wie sich „ecclesia ohne physische Versammlungen“ am besten verwirklichen lasse.

Wo staatlicherseits Lockdowns verhängt worden und die regelmäßigen Gottesdienste ausgefallen seien, hätten manche Kirchen kurzfristig Materialien für ihre Mitglieder erstellt, die dann auch sehr schnell online und per Smartphone Verbreitung fanden. Die Unterstützung durch das Büro der LWB-Kirchengemeinschaft, das regelmäßig mit den Kirchen Kontakt halte, werde als sehr hilfreich empfunden, stellte Tswaedi fest.

Allerdings träfen die Kirchen die langfristigen Folgen mancher Corona-Maßnahmen hart. Aufgrund der Schließung von Firmen und Geschäften sowie des Verlusts vieler Existenzen seien die regelmäßigen Einnahmen durch Kollekten und Spenden, von denen die Kirchen abhängig seien, dramatisch zurückgegangen. Kirchliche Mitarbeitende seien zum Teil seit Monaten ohne Lohn. Zudem hätten auch vielfältige gesellschaftliche Probleme, wie etwa geschlechtsspezifische Gewalt, zugenommen.

Erschwerend habe sich ausgewirkt, dass die Kirche als Leib Christi „theologisch keine einheitliche Position eingenommen und die Pandemie als das bezeichnet“ habe, was sie sei, fuhr Tswaedi fort. Viele fragten immer noch: „Ist die Corona-Krise naturgegeben oder eine Strafe Gottes?“ Hierin liege eine der Herausforderungen der Kirchen, die das staatliche Werben für die Eindämmung des Virus durch das Tragen von Masken und Einhalten von Hygiene-Regeln unterstützen.

Lehren aus Ebola

Aus Monrovia berichtete der Bischof der Lutherischen Kirche in Liberia und Präsident der Lutherischen Gemeinschaft in Zentral- und Westafrika (LUCCWA – Lutheran Communion in Central and Western Afrika), Jensen Seyenkulo, die aus der Ebola-Krise 2014 gezogenen Lehren fänden nun bei der Covid-19-Situation Anwendung. „Regelmäßiges Händewaschen, Fibermessen, sobald mehrere Personen zusammenkommen, und das Einhalten des empfohlenen Abstands“ seien inzwischen in der Subregion wieder die Norm.

Wie anderswo auf dem Kontinent auch habe der Ausfall von Gottesdiensten jedoch Rückwirkungen auf die finanzielle Situation. Dass die lutherische Kirche die staatlichen Lockdown-Maßnahmen mittrage, „hat uns mit denen in Konflikt gebracht, die meinten, hier gehe es um einen geistlichen Kampf, der in den Gotteshäusern ausgefochten werden sollte“, berichtete Seyenkulo. „Aber uns gilt es inzwischen als Teil unseres Auftrags, die Gesundheit der Gläubigen im Blick zu haben.“

Die drei Vertreter der Subregionen und weitere Delegierte brachten ihren Dank an das Büro der LWB-Kirchengemeinschaft zum Ausdruck, das mithilfe des COVID-19-Soforthilfe-Fonds Unterstützung leiste.

Gottes Mission bleibt

LWB-Generalsekretär Martin Junge dankte aus Genf der lutherischen Kirchengemeinschaft in Afrika für ihre Entschlossenheit, „Wege zur Verwirklichung Ihrer Berufung zu finden“ und einander bei der Umsetzung der Mission Gottes inmitten vielfältiger Herausforderungen zu ermutigen.

„Diese Mission bleibt, sie ging und geht weiter in Zeiten von Krieg, Konflikten, Krankheit, Unterdrückung und kommt nie zum Erliegen. Eine solche Mission hält auch COVID-19 nicht auf“, schloss Junge.

Bei der Regionaltagung stellte das Büro der LWB-Kirchengemeinschaft eine Initiative zu Theologie, Leitungsverantwortung und Gendergerechtigkeit in Afrika vor. Außerdem würdigte die LWB-Afrikareferentin Elieshi Mungure besonders die Informationen über die Wirkung des regionalen Programms „Bekämpfung von Armut und wirtschaftlicher Ungerechtigkeit in Afrika“. Es fördere „Emanzipation und Resilienz an der Basis“ und vermittle „hunderten benachteiligten Frauen und Jugendlichen Bildung und Kompetenzen“, die ihnen alternative Möglichkeiten eröffnen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.